Argumente 1/2010 - Jusos
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4. Gesellschaftliche Spaltungsprozesse<br />
verstärken sich selbst!<br />
Nicht alle wollen und können das hohe<br />
Tempo der Postmoderne mitgehen. Nicht<br />
alle jungen Menschen leben in Bedingungen,<br />
die es ihnen möglich machen, die<br />
Chancen der pluralen Prozesse konstruktiv<br />
zu ergreifen und zu inkorporieren. Vor allem<br />
schwächere sozialökonomische Bedingungen<br />
und gesellschaftliche Exklusionstendenzen<br />
verhindern die Teilhabe an den<br />
beschriebenen Freiräumen – hier kommt es<br />
sogar eher zum Rückzug in die Eigenwelt<br />
(Cocooning). Hinsichtlich der Verwertbarkeit<br />
der Freiräume einerseits und der Begrenzungen<br />
andererseits gilt der „Matthäus-Effekt“:<br />
wer hat, dem wird gegeben.<br />
Die Fähigkeit, mit der Vervielfältigung und<br />
der Beschleunigung der Welt konstruktiv<br />
umgehen zu können ist der Prädikator dafür,<br />
diesen Freiraum noch stärker nutzen zu<br />
können („success breeds success“ oder „richer-get-richer“).<br />
5. Unterschiedliche Jugendliche – unterschiedliche<br />
Politik- und Engagementstile!<br />
So unterschiedlich „die Jugendlichen“ heute<br />
sind, so unterschiedlich sind auch ihre<br />
Politik- und Engagementstile. Sie unterscheiden<br />
sich in Zeitbudgets, Zielen, Motivation,<br />
Intensität, dem Grad der Strukturiertheit<br />
etc.<br />
Hier sollen drei der sieben Milieus –<br />
mit verschiedenen Wertorientierungen und<br />
mit unterschiedlicher sozialer Lage – zeigen,<br />
wie unterschiedliche Jugendliche in Bezug<br />
auf Politik und Engagement „ticken“.<br />
Die drei Beispiele zeigen: Es braucht ein<br />
differenziertes Hinsehen. Und es lohnt sich,<br />
die einzelnen in der Sinus-Jugendstudie<br />
beschriebenen Lebenswelten genauer zu<br />
betrachten. Manche Jugendliche sind –<br />
auch in der Selbstbeschreibung – politisch.<br />
Manche sind ganz anders politisch (und)<br />
engagiert, als aus der Ferne vermutet. Und<br />
manche Jugendliche agieren explizit nicht<br />
politisch – und das hat Gründe.<br />
1. Beispiel: „Ja, ich helfe doch gern!“ –<br />
Traditionelle Jugendliche<br />
Jugendliche aus dem traditionellen Milieu<br />
bilden früh einen festen Wertekosmos aus,<br />
den sie weitgehend von Eltern und Großeltern<br />
übernehmen. Sie wirken damit abgeklärt<br />
und früh erwachsen. Dem „Werteverfall“,<br />
den sie bei anderen Jugendlichen oder<br />
in den Medien zu beobachten glauben, treten<br />
sie mit praktischem Engagement entgegen:<br />
vor allem in ihrem eigenen, unmittelbaren<br />
sozialen Umfeld – z.B. in der<br />
Schule (als Pate/Patin der Fünftklässler, als<br />
Streitschlichter/in oder als Klassensprecher/in)<br />
oder in der Kirche (als Ministrant/in).<br />
An Politik im engeren Sinne zeigen<br />
Traditionelle Jugendliche ein mäßiges<br />
Interesse. Es macht ihnen aber Spaß zu<br />
helfen, sich altruistisch für eine gute Sache<br />
einzusetzen, denn sie zeigen sich ihren<br />
Mitmenschen gegenüber gerne nützlich<br />
und angenehm.<br />
2. Beispiel: „Die sind doch alle korrupt!“<br />
– Konsum-materialistische Jugendliche<br />
Dieses „abgehängte“ Milieu der Konsummaterialistischen<br />
Jugendlichen ist gesellschaftlich<br />
wenig akzeptiert – oft sogar<br />
aktiv ausgegrenzt – und fällt (sozial)ökonomisch<br />
„hintenüber“. Im unteren Bereich<br />
der „Schichtachse“ verortet, will niemand<br />
wirklich mit ihnen zu tun haben. Die konkreten<br />
Lebenserfahrungen dieser Jugendlichen<br />
(Ausgrenzung, Chancenlosigkeit, Arbeitslosigkeit<br />
etc.) führen zu Vorbehalten<br />
gegenüber dem Staat. Von „der Politik“<br />
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