Argumente 1/2010 - Jusos
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dium betreibt, kann dadurch auch Fertigkeiten<br />
entwickeln, die es ihm später ermöglichen,<br />
den Lebensunterhalt zu verdienen.<br />
Ein weiterer Aspekt ist natürlich auch<br />
Alternativlosigkeit. Viele Menschen, die<br />
ein Studium auf welche Art auch immer<br />
leicht finanzieren können, wählen auch<br />
deshalb ein Studium, weil sie noch keine<br />
andere, bessere Idee haben, wie sie ihr Leben<br />
gestalten wollen. Auch das ist kein<br />
schlechter Grund, denn er gibt die Realität<br />
und das Lebensgefühl mancher junger<br />
Menschen wieder. Es ist somit oft eine<br />
Kombination aus verschiedenen Gründen,<br />
die darüber entscheidet, ob man studiert<br />
und welches Fach ausgewählt wird. Das ist<br />
normal und nicht verwerflich. Politisch interessant<br />
ist es aber insofern, als dass natürlich<br />
der erste Grund, das Interesse am Studienfach,<br />
eine zentrale Rolle spielen sollte,<br />
auch wenn es nur selten alleiniger Entscheidungsgrund<br />
sein wird. Die Vorstellung<br />
aber, persönliches Interesse würde gar keine<br />
Rolle mehr spielen,wäre doch erschreckend.<br />
Die Hochschulen fördern den Leistungsgedanken<br />
Wenn alleine das Streben nach Wohlstand<br />
oder das Streben nach einer beruflichen<br />
„Karriere“ Motivationsgrund für das Studium<br />
wird, dann hat das große Auswirkungen<br />
darauf, welche Fachrichtungen gestärkt<br />
werden und welche „aussterben“. Denn nur<br />
noch ökonomisch verwertbare Studiengänge<br />
würden dann studiert werden, nur noch<br />
sie würden sich durch neue Studierende<br />
und damit neue Ideen weiterentwickeln.<br />
Und auch inhaltlich findet eine Veränderung<br />
statt: Nicht mehr Erkenntnisinteresse,<br />
sondern persönliches berufliches<br />
Vorankommen steht im Mittelpunkt des<br />
Interesses, was sicher auch gefährliche Folgen<br />
für die Arbeitsweise und die Forschungsinhalte<br />
hätte. Viele Zeitungsartikel<br />
verweisen immer wieder auf junge Menschen,<br />
die schon früh anfangen, an einem<br />
perfekten Lebenslauf zu arbeiten. Neben<br />
dem Studium ein Fremdsprachenkurs, der<br />
Besuch professioneller Methodenseminare,Top-Noten,<br />
Praktika usw. Alles, um sich<br />
später potentiell von KommilitionInnen<br />
und damit KonkurrentInnen abgrenzen zu<br />
können. Diese Tendenz gibt es mit Sicherheit,<br />
so dramatisch fortgeschritten ist sie<br />
aber auch nicht. Für viele junge Menschen<br />
bildet die Aussicht auf einen guten Lebenslauf<br />
noch nicht genügend Motivation,<br />
um ein Studium mit Erfolg abzuschließen<br />
– zum Glück, es besteht also kein Grund<br />
zur Panik. Aber warum gibt es dieses Phänomen<br />
überhaupt? Warum gibt es junge<br />
Menschen, die schon früh Angst haben,<br />
keinen Job zu finden? Hier ist der Ansatzpunkt,<br />
um gegensteuern zu können.<br />
„Schuld“ ist nämlich nicht nur die gesamtwirtschaftliche<br />
und -gesellschaftliche Situation.<br />
Auch die Hochschulen tragen ihren<br />
Teil dazu bei, dass Leistung in den Vorderund<br />
Interesse in den Hintergrund tritt.<br />
Der Staat soll nicht zensieren, aber er<br />
muss eine freie Entfaltung von Interesse<br />
ermöglichen<br />
Das ist der Punkt, an dem Politik einsetzen<br />
kann. Der Staat sollte nicht bevormunden<br />
und zensieren, deshalb wäre der Ansatz<br />
falsch, irgendwelche Versuche zu unternehmen,<br />
die individuelle Motivation von Studierenden<br />
zu steuern. Was er aber tun kann<br />
und muss, ist die Voraussetzungen für eine<br />
freie Entfaltung der Interessen der Studierenden<br />
zu schaffen. Aktuell sind viele Bachelor-<br />
und Masterstudiengänge so ausgestaltet,<br />
dass kaum Wahlmöglichkeiten, aber<br />
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