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Argumente 1/2010 - Jusos

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verschiedenen kulturellen Bezügen, wobei<br />

aber Deutschland eindeutig als Heimat betrachtet<br />

wird. Viele derjenigen, die in Berlin,<br />

in Bayern oder dem Rheinland groß<br />

geworden sind, sehen sich ganz selbstverständlich<br />

als Berliner, Bayern und Rheinländer.<br />

Ihre Reduzierung durch die Mehrheitsbevölkerung<br />

auf eine bestimmte Migrantengruppe<br />

empfinden sie als schmerzhafte<br />

Zurückweisung, die meist als solche<br />

gar nicht intendiert war.5 Deshalb ist ein<br />

Engagement in der Migrantenjugendorganisation<br />

für sie auch als ein gesellschaftlich-politisches<br />

Engagement zu verstehen,<br />

durch das die Jugendlichen versuchen zu<br />

verdeutlichen, dass auch sie bereits Teil der<br />

Mehrheitsgesellschaft sind, auch wenn diese<br />

es nicht wahrnimmt oder nicht wahrnehmen<br />

will.<br />

Die Anforderungen an die ehrenamtlichen<br />

Aktiven in Migrantenjugendorganisationen<br />

sind in vieler Hinsicht besondere.<br />

Zunächst einmal haben die Jugendlichen<br />

neben ihren ehrenamtlichen Tätigkeiten auch<br />

ein Privatleben zu meistern. Das deutsche<br />

Bildungssystem ist strukturell diskriminierend.<br />

6 Wie auch jüngste Studien belegen,<br />

ist es für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />

wesentlich schwieriger,<br />

gute Noten zu erhalten und auf höhere<br />

Schulen versetzt zu werden als für einheimische<br />

Kinder und Jugendliche. 7 Das bedeutet,<br />

dass für eine erfolgreiche Schulausbildung<br />

von ihnen höheres Engagement<br />

und bessere Leistungen gefordert werden<br />

als von anderen. Außerdem erfordert die finanzielle<br />

Situation der Mehrzahl der Migrantenfamilien<br />

8 , dass bei einer universitären<br />

Ausbildung der Kinder das Studium<br />

von diesen selbst finanziert werden muss.<br />

Dies schließt ein ehrenamtliches Engagement<br />

entweder ganz aus oder setzt diesem<br />

enge Grenzen.<br />

Viele Jugendliche, deren Eltern über<br />

geringe Deutschkenntnisse verfügen, haben<br />

die Aufgabe, ihre Eltern, Geschwister und<br />

andere Verwandte bei Arztbesuchen und<br />

Behördengängen zu begleiten, um diese zu<br />

beraten und zu vermitteln. Hierbei kommt<br />

der umfangreiche Schriftverkehr mit Institutionen<br />

und staatlichen Stellen noch hinzu.<br />

Neben dem erheblichen Zeitaufwand<br />

übernehmen die Jugendlichen dabei sehr<br />

viel Verantwortung und stehen unter erheblichem<br />

Erfolgsdruck. Meist sind es diese<br />

Jugendlichen, die dann in den Migrantenjugendorganisationen<br />

die Beratung von<br />

Neuzuwanderern übernehmen, weil sie<br />

über die entsprechenden Erfahrungen verfügen.<br />

Dabei kennen sie sich in Jugendfragen<br />

nicht selten besser aus, als professionelle<br />

Migrationsberater.<br />

Ein häufiges Problem ist die starke Abhängigkeit<br />

der VJM von den Erwachsenenverbänden.<br />

Selbst dort wo von den Kindern<br />

und Jugendlichen es nicht problematisiert<br />

wird, führt eine starke Abhängigkeit zu<br />

einer großen Einflussnahme durch die Erwachsenen.<br />

Aufgrund des Fehlens eigener<br />

Ressourcen, teilen sich die Jugendorganisationen<br />

die gleichen Räumlichkeiten mit der<br />

jeweiligen Erwachsenenorganisation, was<br />

eine Einschränkung für das selbstbestimmte<br />

Agieren der Jugendorganisation zur Folge<br />

haben kann. Die Einflussnahme kann<br />

5 vgl. Goel: 2009, S. 206.<br />

6 vgl. Gomolla/Radtke: 2002.<br />

7 vgl. Schulze: 2009;Bildungsbericht der Kultusministerkonferenz<br />

(KMK): 2008; Schulerfolg von<br />

Jugendlichen mit Migrationshintergrund im internationalen<br />

Vergleich: 2006; Kristen: 2002; Gomolla/Radtke:<br />

2000.<br />

8 Die armutsgefährdete Bevölkerung setzt sich hier<br />

fast zur Hälfte (48 %) aus Personen mit Migrationshintergrund<br />

zusammen. Vgl. hierzu: 7. Bericht<br />

zur Lage der Ausländerinnen und Ausländer in<br />

Deutschland, 2007.<br />

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