16.03.2014 Aufrufe

Argumente 1/2010 - Jusos

Argumente 1/2010 - Jusos

Argumente 1/2010 - Jusos

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

gen. So sprach beispielsweise Martin Walsers<br />

in seiner Rede anlässlich der Frankfurter<br />

Buchmesse 1998 von der „Moralkeule<br />

Auschwitz“. 2005 standen die Feierlichkeiten<br />

zum 60. Jahrestag der Befreiung vom<br />

„Hitlerfaschismus“ und des Kriegsendes im<br />

öffentlichen Rampenlicht. Gleichzeitig wurde<br />

von sechzig Jahren Deutschland geredet,<br />

als ob es vor 1945 kein Deutschland<br />

gegeben hätte. Die Betrachtung der Erinnerungskultur<br />

in den beiden deutschen<br />

Staaten und im wiedervereinigten Deutschland<br />

verdeutlicht, dass die Auseinandersetzung<br />

mit der deutschen Geschichte und<br />

den deutschen Verbrechen immer im Zusammenhang<br />

mit der aktuellen Entwicklung<br />

des politischen Systems gesehen werden<br />

muss. Die Auseinandersetzung mit der<br />

deutschen Geschichte ist somit immer von<br />

aktuellen Gedenkdiskursen in politischen<br />

Auseinandersetzungen und unterschiedlichen<br />

Geschichtsinterpretationen abhängig.<br />

Es gibt also nicht die Erinnerungskultur.<br />

Vielmehr muss Erinnerungskultur diskursiv,<br />

d.h. als beständig im Wandel betrachtet<br />

werden. Über Erinnerungskultur zu streiten,<br />

ist somit elementarer Bestandteil eben<br />

dieser! Dass an den Nationalsozialismus,<br />

den 2. Weltkrieg und die Shoah erinnert<br />

werden muss, darüber sind sich spektrenübergreifend<br />

fast alle einig. Es kommt jedoch<br />

auf den Kontext und das „wie“ an.<br />

Erinnerungskultur – die Vermittlung<br />

von Geschichte<br />

Vermittlung von Geschichte in der Schule<br />

Die Erinnerungskultur geht ein her mit der<br />

Vermittlung von Geschichtswissen durch<br />

die Älteren an die Jüngeren. In der, in unserer<br />

Gesellschaft größten Bildungsinstitution,<br />

Schule, wird jeder Jahrgang von Schülerinnen<br />

und Schülern entsprechend der<br />

politischen Gesamtsituation (Geschichts-)<br />

Wissen vermittelt. Auf diese Weise wird<br />

auch die Erinnerungskultur weitergegeben.<br />

Die Schule ist der Ort, in dem der größte<br />

Anteile an formaler Bildung, also Bildung<br />

auf Grundlage vorgegebener Rahmenpläne<br />

und fester Regeln, vermittelt wird. Schule<br />

bietet jedoch nur bedingt Raum für nachhaltige<br />

Wissensvermittlung. Bis zur 10. bzw.<br />

12. Klasse kann nicht die gesamte Entstehungsgeschichte<br />

der Menschheit vermittelt<br />

werden. In Deutschland wird der Lernstoff<br />

in der Sekundarstufe I dennoch chronologisch<br />

behandelt, in der Sekundarstufe II<br />

wird sich teilweise nach Sachthemen gerichtet.<br />

Die chronologische Herangehensweise<br />

birgt die Gefahr, dass nie alles behandelt<br />

werden kann und deshalb einzelne<br />

Themen favorisiert werden. Die Abhandlung<br />

nach Sachthemen bietet zwar die<br />

Möglichkeit einige Themen vertiefend zu<br />

betrachten, doch birgt es auch die Gefahr,<br />

Zusammenhänge nicht deutlich genug<br />

heraus zu kristallisieren. Eine perfekte Lösung<br />

scheint es also nicht zu geben. Dabei<br />

weisen bereits Kinder relativ konstante individuelle<br />

Zugänge, Rezeptionsweisen und<br />

Verarbeitungen von Geschichte auf. Nach<br />

Klose deutet vieles darauf hin, „dass eine<br />

sehr enge Beziehung zwischen dem Lebenssinn<br />

des Individuums und seinem Erkenntnisinteresse<br />

an der Vergangenheit besteht<br />

und damit auch seinem Verständnis<br />

von Geschichte“ (Klose, 1995, S. 5). Es<br />

kann also nicht den einen richtigen Weg<br />

zur Vermittlung von Geschichtswissen geben.<br />

Es erfordert viel mehr einen individuellen<br />

Geschichtsunterricht, der auf die Lebenswelt<br />

von Jugendlichen zugeschnitten<br />

ist. In einer so großen Institution wie der<br />

Schule kann das jedoch kaum geleistet<br />

werden. Dennoch sind immer häufiger Bil-<br />

45

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!