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32. Jahresbericht der Landesbeauftragten für Datenschutz (pdf ...

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Bonitätsinformationen und übermitteln diese gegen Entgelt an anfragende Personen<br />

o<strong>der</strong> Unternehmen. Während Handels- und Wirtschaftsauskunfteien in erster<br />

Linie Informationen über die Wirtschaftstätigkeit und Wirtschaftssituation von Unternehmen<br />

und sonst gewerblich Tätigen bereithalten, sind Verbraucherauskunfteien<br />

auf die Sammlung von Bonitätsinformationen über Verbraucherinnen und<br />

Verbraucher spezialisiert. Nach Schätzungen <strong>der</strong> Verbraucherzentrale Bundesverband<br />

e. V. dürften sich <strong>der</strong>zeit bereits weit über 100 Unternehmen in dem lukrativen<br />

Geschäftsfeld des Beauskunftens von Verbraucherbonitätsdaten bewegen, Tendenz<br />

steigend.<br />

Die Dienste <strong>der</strong> Verbraucherauskunfteien wurden ursprünglich vor allem von Kreditinstituten,<br />

Versandhandels- sowie Telekommunikationsunternehmen in Anspruch<br />

genommen. Auf diesem Wege sollten die Gefahren, die mit einer Vorleistung<br />

verbunden sind, minimiert werden. Mittlerweile gehen jedoch teils auch weitere<br />

Branchen, etwa die Versicherungs- o<strong>der</strong> Wohnungswirtschaft, dazu über, Informationen<br />

über die Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit ihrer potenziellen<br />

Vertragspartnerinnen o<strong>der</strong> Vertragspartner bei Auskunfteien einzuholen.<br />

Neben den Bonitätsinformationen bieten die Auskunfteien häufig auch einen sogenannten<br />

Scorewert an. Hierbei handelt es sich um einen Wahrscheinlichkeitswert,<br />

<strong>der</strong> aus den bei den Auskunfteien vorhandenen Daten in einem mathematischstatistischen<br />

Verfahren errechnet wird und eine Aussage über das künftige Zahlungsverhalten<br />

und damit die Kreditwürdigkeit enthalten soll. Diese Scorewerte sind<br />

<strong>für</strong> die abfragenden Stellen durchaus von Interesse, liefern sie doch eine scheinbar<br />

objektive (Zahlen-)Grundlage <strong>für</strong> Bonitätsbeurteilungen und nehmen den verantwortlichen<br />

Sachbearbeiterinnen o<strong>der</strong> Sachbearbeitern einen Teil <strong>der</strong> eigenen<br />

Entscheidungsverantwortung ab. In <strong>der</strong> Praxis entscheidet <strong>der</strong> Scorewert dann häufig<br />

nicht nur darüber, ob überhaupt Kredit gewährt wird, son<strong>der</strong>n auch, zu welchen<br />

Bedingungen.<br />

Aus vielerlei Gründen bestehen gegen die <strong>der</strong>zeit üblichen Scoringverfahren jedoch<br />

erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken. Nicht zuletzt gibt das verwendete<br />

Datenmaterial sowie die völlige Intransparenz des Einsatzes wie auch <strong>der</strong><br />

Durchführung <strong>der</strong> Berechnungsverfahren Anlass zur Sorge. Die Betroffenen wissen<br />

oftmals bereits nicht, dass überhaupt Scoringverfahren zur Beurteilung ihrer<br />

Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit verwendet wurden, sie wissen des Weiteren<br />

nicht, welche Daten mit welcher Gewichtung in das Berechnungsverfahren<br />

eingeflossen sind. Auch den Auskunfteikundinnen und Auskunfteikunden fehlt dieses<br />

Wissen regelmäßig, sodass auch sie die Werthaltigkeit des an sie übermittelten<br />

Scorewertes nicht im Mindesten beurteilen können. Schließlich bestehen auch an<br />

<strong>der</strong> tatsächlichen wissenschaftlichen Eignung <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit eingesetzten, von Auskunftei<br />

zu Auskunftei unterschiedlichen Berechnungsverfahren zur Vorhersage einer<br />

individuellen Ausfallwahrscheinlichkeit aufgrund <strong>der</strong> bisherigen Erfahrungen<br />

aus Praxistests massive Zweifel.<br />

Eine im Auftrag des Bundesministeriums <strong>für</strong> Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />

in Auftrag gegebene und im vergangenen August vorgelegte Untersuchung<br />

<strong>der</strong> Scoringverfahren kommt dann auch zu dem Ergebnis, dass viele<br />

<strong>der</strong> bei den in die Untersuchung einbezogenen Auskunfteien, wie Arvato Infoscore,<br />

Creditreform, Bürgel, SCHUFA, gespeicherten und in die Scoreberechnung einfließenden<br />

Daten über Verbraucherinnen und Verbraucher fehlerhaft sind (vergleiche<br />

auch Frankfurter Allgemeine Zeitung in <strong>der</strong> Ausgabe vom 20. August 2009,<br />

Seite 11). Letztlich sei das Zustandekommen übermittelter Bonitätswerte nicht nachvollziehbar<br />

und ihre Aussagekraft äußerst zweifelhaft, so das Fazit <strong>der</strong> Untersuchung.<br />

Schon eine im Jahr 2008 vorgelegte, im Auftrag <strong>der</strong> Verbraucherzentrale<br />

Bundesverband e. V. durchgeführte umfangreiche Studie – abrufbar im Internet<br />

unter: http://www.vzbv.de/mediapics/scoring_studie_15_01_2008.<strong>pdf</strong> – bescheinigte<br />

dem Scoring, dass es <strong>für</strong> eine valide Bonitätsbeurteilung <strong>der</strong> Verbraucherinnen und<br />

Verbraucher in <strong>der</strong> Praxis kaum tauglich sei. Es bleibt zu hoffen, dass diese Erkenntnis<br />

allmählich auch ins Bewusstsein <strong>der</strong> Auskunfteikundinnen und Auskunfteikunden<br />

dringt.<br />

Als Reaktion auf die bislang unzulänglichen gesetzlichen Regelungen zur Auskunfteientätigkeit<br />

und insbeson<strong>der</strong>e auch zum Scoring beschloss <strong>der</strong> Bundestag im<br />

vergangenen Jahr nach zähem Ringen unter erheblicher Einflussnahme <strong>der</strong> betroffenen<br />

Wirtschaftskreise eine Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes, die ab<br />

1. April 2010 in Kraft tritt (vergleiche Ziffer 13.1 dieses Berichts). In einigen Punk-<br />

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