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SFB 600 - Fremdheit und Armut - Universität Trier

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10<br />

Die private Autonomie der Bürger braucht dann auch nicht mehr als Naturrecht<br />

oder Moral ihrer politischen Autonomie übergeordnet zu werden, vielmehr<br />

sollen sich private <strong>und</strong> öffentliche Autonomie als „gleich ursprünglich“ erweisen<br />

(ebd.: 135). Habermas fasst diese „Gleichursprünglichkeit“ wie folgt zusammen:<br />

„Der gesuchte interne Zusammenhang zwischen ‚Menschenrechten’ <strong>und</strong><br />

Volkssouveränität besteht mithin darin, dass das Erfordernis der rechtlichen<br />

Institutionalisierung der Selbstgesetzgebung nur mit Hilfe eines Kodes erfüllt<br />

werden kann, der zugleich die Gewährleistung einklagbarer subjektiver<br />

Handlungsfreiheiten impliziert. Umgekehrt kann wiederum die Gleichverteilung<br />

dieser subjektiven Rechte (<strong>und</strong> ihres ‚fairen Werts’) nur durch ein<br />

demokratisches Verfahren befriedigt werden, das die Vermutung auf vernünftige<br />

Ergebnisse der politischen Meinungs- <strong>und</strong> Willenbildung begründet.<br />

Auf diese Weise setzen sich private <strong>und</strong> öffentliche Autonomie gegenseitig<br />

voraus, ohne dass die eine vor der anderen ein Primat beanspruchen<br />

dürfte“ (Habermas 1994: 671). 16<br />

Demzufolge setzen einerseits vernünftige Ergebnisse in der Wahrnehmung öffentlicher<br />

Autonomie die Gewährleistung subjektiver Rechte voraus, andererseits<br />

können diese Ergebnisse, da ihre Vernünftigkeit als Verallgemeinerungsfähigkeit<br />

bestimmt ist, private Autonomie gar nicht verletzen. Der Vernunftstatus von Entscheidungen<br />

hat damit Vorrang vor dem Prinzip der Volkssouveränität, oder, wie<br />

Rainer Schmalz-Bruns formuliert, das Prinzip der Volkssouveränität ist unter<br />

Vorbehalt gestellt <strong>und</strong> kann sich in Gestalt realer Beteiligung nur dort zur Geltung<br />

bringen, wo diese „als eigenständige Quelle der Rationalisierung von Entscheidungen<br />

fungieren kann“ (Schmalz-Bruns 1995: 111).<br />

3. Inklusion <strong>und</strong> Repräsentation in der diskurstheoretisch begründeten<br />

Demokratie<br />

Ein solches, diskurstheoretisch begründetes Konzept deliberativer Demokratie<br />

unterscheidet sich nicht zuletzt durch seine weitergehenden Inklusionsansprüche<br />

von einem pluralistischen, durch politischen Wettbewerb <strong>und</strong> Mehrheitsentscheidungen<br />

charakterisierten Demokratieverständnis. Dies gilt insbesondere für die<br />

16<br />

Zu der komplexen Begründung der “Gleichursprünglichkeit” von privater <strong>und</strong> öffentlicher<br />

Autonomie, von Moral <strong>und</strong> Recht vgl. ausführlicher Habermas 1992, insbes. Kap. III. Kritisch<br />

dazu etwa Blanke 1994, der hinsichtlich der verschlungen Argumentation von Habermas<br />

das Fazit zieht: „Selbst der gutwillige <strong>und</strong> hartnäckige Leser wird hier vor eine Aufgabe<br />

gestellt, von der er nicht sicher ist, wer sie nicht meistert, er oder der Autor“ (Blanke<br />

1994: 456).

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