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SFB 600 - Fremdheit und Armut - Universität Trier

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21<br />

dort, wo es nicht um verallgemeinerungsfähige moralische Fragen geht, an das<br />

Diskursprinzip zurückgeb<strong>und</strong>en werden kann. Im Ergebnis wird das Diskursprinzip<br />

dabei so ausgeweitet, dass es nicht mehr als Legitimitätstests für gesellschaftliche<br />

Normen im Rahmen einer negativ bleibenden Kritischen Theorie fungiert,<br />

sondern stattdessen zum Baustoff einer affirmativen Rekonstruktion des demokratischen<br />

Rechtsstaates wird.<br />

5. Die verschiedenen Gestalten des Diskursprinzips in der politischen<br />

Willensbildung<br />

In seiner allgemeinen Formulierung bezieht Habermas das Diskursprinzip auf<br />

Handlungsnormen überhaupt. Es lautet dann:<br />

„D: Gültig sind genau die Handlungsnormen, denen alle möglicherweise<br />

Betroffenen als Teilnehmer an rationalen Diskursen zustimmen könnten“<br />

(Habermas 1992: 138).<br />

Ein solches, von Habermas „sparsam“ genanntes Diskursprinzip soll der Verzweigung<br />

von Handlungsnormen in moralische <strong>und</strong> juridische Regeln vorausgehen<br />

<strong>und</strong> lediglich den Sinn postkonventioneller Begründungsformen ausdrücken<br />

(vgl. ebd.). Wichtig ist dabei zunächst, dass der Formulierung eines allgemeinen<br />

Diskursprinzips, das sowohl auf moralische als auch auf die im demokratischen<br />

Prozess beschlossenen rechtsförmigen Handlungsnormen anwendbar ist, die bereits<br />

oben thematisierte Annahme entspricht, Moral <strong>und</strong> Recht, private <strong>und</strong> öffentliche<br />

Autonomie seien gleichursprünglich. Das in demokratischen Verfahren<br />

beschlossenen positive Recht soll also nicht wie in der Kantischen Rechtslehre<br />

der Moral untergeordnet werden. 42 In beiden Sorten von Handlungsnormen, den<br />

moralischen <strong>und</strong> den rechtlichen, soll der Autonomiebegriff eine jeweils spezifische<br />

Gestalt annehmen: als Moralprinzip <strong>und</strong> als Demokratieprinzip. Nach Habermas<br />

kann zwar eine Rechtsordnung nur legitim sein, wenn sie moralischen<br />

Gr<strong>und</strong>sätzen nicht widerspricht. Dennoch wäre es falsch, die Moral dem Recht<br />

hierarchisch überzuordnen. Rechtsnormen liegen nicht auf derselben Abstraktionsebene<br />

wie Moralnormen, lassen sich aber auch nicht aus diesen ableiten. Autonome<br />

Moral <strong>und</strong> das auf Begründung angewiesene positive Recht stehen vielmehr<br />

in einem Ergänzungsverhältnis. Ins Recht finden „Ziele <strong>und</strong> Wertorientierungen,<br />

Bedürfnisse <strong>und</strong> Präferenzen Eingang, gegen die sich die Moral sperrt“<br />

42<br />

Vgl. Habermas 1992: 111f.

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