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SFB 600 - Fremdheit und Armut - Universität Trier

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Möglichkeit zur rationalen, mit dem Autonomieprinzip zu vereinbarenden Legitimation<br />

politischer Entscheidungen durch Diskurse. Die Vorstellung einer rein<br />

kommunikativen, durch rationale Zustimmung erzeugten Macht erweist sich als<br />

illusionär <strong>und</strong> für deliberative Demokratiekonzeptionen taucht die Frage nach der<br />

Macht hinter den Argumenten erneut auf.<br />

8. Die Verfehlung des Politischen im Autonomieprinzip<br />

Der Leser, der sich durch Habermas’ Unterscheidung der verschiedenen Diskursarten<br />

<strong>und</strong> ihres komplexen Rückbezugs auf das Prinzip der rationalen Entscheidbarkeit<br />

von Geltungsansprüchen durcharbeitet, fragt sich früher oder später, warum<br />

er, bzw. auch der Autor, sich das antut. Es liegt auf der Hand, dass die e-<br />

normen Begründungsprobleme, mit denen Habermas sich in einer mittlerweile<br />

kaum mehr überschaubaren Literaturfülle herumschlägt, aus dem diskurstheoretischen<br />

Vernunftanspruch seiner Demokratiekonzeption entstehen. Warum folgt er<br />

dann aber nicht dem Beispiel eines anderen Protagonisten der deliberativen Demokratietheorie,<br />

Bernard Manin, der in Abgrenzung zur Konsensorientierung<br />

von Habermas feststellt, das bessere Argument sei einfach dasjenige, das mehr<br />

Unterstützung generiere, nicht dasjenige, das fähig sei, alle Teilnehmer zu überzeugen?<br />

61 Auch nach Manin soll der deliberative Prozess ein höheres Rationalitätsniveau<br />

sichern als es durch bloße Dezision oder durch die Aggregation von<br />

Präferenzen möglich wäre. Dennoch hält er explizit an einer irreduziblen Differenz<br />

zwischen politischer Deliberation <strong>und</strong> wissenschaftlicher Argumentation<br />

fest. In der politischen Sphäre erlaube es auch ein ideal gedachter Deliberationsprozess<br />

nicht, zu universell akzeptierten Wahrheiten oder zu einer unbestreitbaren<br />

Zurückweisung von Normen <strong>und</strong> Werten zu gelangen. Politische Rechtfertigungen<br />

blieben trotz der prozeduralen Regeln der Deliberation relativ <strong>und</strong> kontextbezogen.<br />

62<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Reduktion des Allgemeinheitsanspruches bezieht das Ergebnis<br />

einer deliberativen Meinungs- <strong>und</strong> Willensbildung bei Manin den Status rationaler<br />

Akzeptabilität letztlich aus der größeren Zahl derjenigen, die in ihm die vergleichsweise<br />

bessere Alternative sehen. Damit bleibt am Ende der Beratungen<br />

der Abstimmungsprozess, <strong>und</strong> das heißt das Entscheidungshandeln der beteiligten<br />

Individuen, der Bezugspunkt demokratischer Legitimation. Für Habermas ist<br />

61<br />

62<br />

„Given the appropriate procedural rules for deliberation, the better argument is simply the<br />

one that generates more support and not the one that is able to convince all participants”<br />

(Manin 1987: 367).<br />

Vgl. Manin 1987: 354f.

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