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SFB 600 - Fremdheit und Armut - Universität Trier

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40<br />

zess konzeptualisiert, landet er schließlich dabei, ihn seinerseits als einen Vorgang<br />

zu beschreiben, der sich von einem selbstregulierten systemischen Prozess<br />

kaum mehr unterscheidet. Dies drückt sich nicht nur in sprachlichen Metaphern<br />

aus, etwa wenn Habermas von der „Rückkoppelung“ der administrativen Macht<br />

an die demokratische Meinungs- <strong>und</strong> Willensbildung spricht (Habermas 1992:<br />

364). Ausdrücklich bestimmt er „deliberative Politik als problemlösendes Verfahren<br />

..., das Wissen benötigt <strong>und</strong> verarbeitet, um die Regelung von Konflikten<br />

<strong>und</strong> die Verfolgung kollektiver Ziele zu programmieren“ (Habermas 1992:386).<br />

In einem solchen rationalisierenden „Programmieren“ soll sich dann die Rolle<br />

der demokratischen Meinungs- <strong>und</strong> Willensbildung erschöpfen. „Handeln“ – <strong>und</strong><br />

auch das nur in Anführungszeichen – kann lediglich das auf bindende Entscheidungen<br />

spezialisierte politische System (ebd.: 364). Von daher überrascht es<br />

auch nicht mehr, wenn Habermas schließlich meint, „im diskursiven Vergesellschaftungsmodus<br />

der Rechtsgemeinschaft <strong>und</strong> der demokratischen Verfahren“<br />

sei „nur die reflexive Aufstufung <strong>und</strong> spezialisierte Anwendung einer allgemeinen<br />

Operationsweise gesellschaftlicher Systeme zu erkennen“ (ebd.: 388).<br />

10. Von der erkenntnistheoretischen Bestimmung der Demokratie zur<br />

demokratischen Qualität der Erkenntnis<br />

Die epistemische Bestimmung der Deliberation verdrängt damit die Momente<br />

des Urteilens <strong>und</strong> Entscheidens aus der demokratischen Meinungs- <strong>und</strong> Willensbildung.<br />

Was man als wahr oder unwahr, richtig oder falsch wissen kann, muss<br />

nicht mehr beurteilt <strong>und</strong> entschieden werden. Eine solche Orientierung des demokratischen<br />

Prozesses am Ideal rationaler Erkenntnis legt es im Umkehrschluss<br />

nahe, rationalen Erkenntnisprozessen selbst schon demokratische Qualität zuzusprechen.<br />

80 Eine derartige, letztlich technokratische Konsequenz der deliberativen<br />

Neubestimmung von Demokratie mag angesichts der von Jürgen Habermas<br />

über Jahrzehnte hinweg immer wieder formulierten Technokratiekritik absurd<br />

80<br />

In diesem Zusammenhang kritisieren Buchstein/Jörke eine Rationalisierung der neueren<br />

Demokratietheorie, die politische Beteiligung nicht mehr als Ziel, sondern als Mittel der Rationalitätssteigerung<br />

kollektiv verbindlicher Entscheidungen betrachte (Vgl. Buchstein/Jörke<br />

2003).

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