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Kantonspolizei Zürich - Staatsarchiv - Kanton Zürich

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Begehrlichkeit und Ungenügsamkeit zur Schau in<br />

ellenlangen und zentnerschweren Forderungen». Der<br />

Krieg von 1799 zwischen Franzosen, Österreichern<br />

und Russen auf Schweizer Boden, wiederholte Staatsstreiche,<br />

Rebellion und das gehässige Denunziantentum<br />

liessen die helvetische Republik nicht zur Ruhe<br />

kommen. Anarchie und Hunger mit den unausbleiblichen<br />

Folgen für die öffentliche und private Sicherheit<br />

prägten die Erinnerung der Zeitgenossen an den<br />

helvetischen Staat. Klagen waren allgegenwärtig über<br />

die «Erschlaffung der Policey». Sorgen bereiteten die<br />

zunehmende Ungebundenheit und Zügellosigkeit,<br />

die überhandnehmende Verwilderung, die traurigen<br />

Auswirkungen auf «öffentliche Ordnung, auf Achtung<br />

der Gesetze, auf Policey, auf Sicherheit des öffentlichen<br />

und privaten Eigenthums, auf Benehmen<br />

und Sitten». 30<br />

Typisch waren die Sorgen des Winterthurer Stadtrates:<br />

«Sichtbar ist es jedem Auge und fühlbar jedem<br />

Herzen, dass die Gesetze ihre Kraft, deren Vollzieher<br />

ihr Ansehen, die Tugend ihren Werth, die Religion<br />

ihren Einfluss beinahe verloren haben; dass alle Bande<br />

der guten Ordnung locker geworden, die Sicherheit<br />

der Personen und des Eigenthums gekränkt, dem<br />

wahren Verdienst die Wege zu nützen versperrt, Selbstsucht<br />

und Eigennutz da und dort zu Gewalt und<br />

Würden befördert und dadurch die einzigen Stützen<br />

des so heilig versprochenen Volks-Glücks untergraben<br />

sind.» Es war die Klage einer städtischen Behörde,<br />

die als kommunale Polizeiverantwortliche weniger<br />

mit den Errungenschaften, dafür umso mehr mit den<br />

Leidenschaften der Revolutionszeit täglich konfrontiert<br />

war. 31<br />

Unter diesen Verhältnissen kannte der helvetische<br />

Einheitsstaat nichts weniger als die Einheit seiner<br />

Bürger. Selbst nach dem vorübergehenden Rückzug<br />

der französischen Besatzer im Herbst 1802 war keine<br />

Verständigung unter den Parteien möglich. Vielmehr<br />

folgte den abziehenden Franzosen ein Bürgerkrieg,<br />

in dessen Verlauf die Stadt <strong>Zürich</strong> von Artillerie der<br />

helvetischen Regierung beschossen wurde. Die Stadtzürcher<br />

bestraften danach ihre renitente Landschaft<br />

gleichfalls militärisch und behandelten, wie es hiess,<br />

einige Gemeinden sehr terroristisch und hausten in<br />

ihnen übel. 32<br />

Napoleon setzte schliesslich dem Treiben ein Ende.<br />

Auf Ende 1802 beschied er Abgeordnete der ehemaligen<br />

<strong>Kanton</strong>e nach Paris und eröffnete ihnen, die Zeit<br />

des helvetischen Einheitsstaates sei vorbei. Am 19. Februar<br />

1803 übergab der französische Herrscher den<br />

Delegierten die Verfassungen der damals 19 <strong>Kanton</strong>e<br />

sowie die Bundesakte, die das Band um die nun wieder<br />

weitgehend souveränen Stände schloss.<br />

Rückkehr zu den alten Zuständen 1803<br />

Die 1803 in Paris erlassenen Verfassungen des Bundes<br />

und der <strong>Kanton</strong>e folgten dem Plan Napoleons, der<br />

Eidgenossenschaft ihren angestammten Föderalismus<br />

zurückzugeben, gleichzeitig aber an den wichtigsten<br />

Errungenschaften der Revolution festzuhalten. Damit<br />

wurde <strong>Zürich</strong> wieder zu einem Staat mit eigener<br />

Regierung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit. Die Souveränität<br />

lag nun jedoch nicht mehr (wie vor 1798) bei<br />

der Stadt, sondern beim <strong>Kanton</strong>. Erstmals gab es eine<br />

<strong>Kanton</strong>sregierung, einen <strong>Kanton</strong>srat und eine kantonale<br />

Verwaltung, die nicht identisch waren mit den<br />

Behörden der Stadtgemeinde <strong>Zürich</strong>. Aber auch Sonderrechte,<br />

wie sie etwa Winterthur besessen hatte,<br />

blieben abgeschafft.<br />

In wenigen Monaten entstand 1803 auf Grundlage<br />

der in französischer Sprache gehaltenen Verfassung<br />

die politische und administrative Organisation des<br />

neuen <strong>Kanton</strong>s <strong>Zürich</strong>. Es war eine schwierige Aufgabe,<br />

nach fünf Jahren fremder Besatzung, Krieg, Not<br />

und Parteienhader Stabilität und Sicherheit zu erneuern<br />

– und dies bei leeren Staatskassen. Man suchte<br />

den ersehnten Zustand herbeizuführen durch die<br />

Rückkehr zu alten Formen und die Berücksichtigung<br />

neuer Ideen, wo dies angezeigt schien.<br />

An die Zeit vor 1798 erinnerte die beherrschende<br />

Stellung des Kleinen Rates, der <strong>Kanton</strong>sregierung.<br />

Die politischen und administrativen Geschäfte wurden<br />

erneut in Ausschüssen oder Kommissionen des<br />

Rates vorbereitet, der in allen wichtigeren Angelegenheiten<br />

als Kollegialbehörde entschied. Helvetischfranzösischen<br />

Geist atmete hingegen die Verwaltung<br />

der Landschaft. Wohlweislich kehrte man nicht zu<br />

den Vogteien, den Vögten und Weibeln der aristokratischen<br />

Zeit zurück. Verwaltungssprengel blieben die<br />

Distrikte, nun unter der Bezeichnung Bezirke. Dor-<br />

11

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