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Kantonspolizei Zürich - Staatsarchiv - Kanton Zürich

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inat und das Zeugen von unehelichen Kindern. Der<br />

Heimatlosigkeit Vorschub leistete vor allem auch die<br />

mangelnde Polizei in den katholischen Gegenden.<br />

In den <strong>Kanton</strong> <strong>Zürich</strong> gelockt wurden die Heimatlosen<br />

durch das Verhalten von Teilen der Bevölkerung<br />

selbst: «Die Leute, die sie beherbergen, glauben<br />

bald einen Gotteslohn zu verdienen, bald thun sie<br />

es aus Furcht, zuweilen jedoch auch aus unlauteren<br />

Absichten.» Getadelt wurden in diesem Zusammenhang<br />

die Vereine zur Unterstützung der Heimatlosen.<br />

Der <strong>Kanton</strong> <strong>Zürich</strong> aber trage keine Schuld am Entstehen<br />

der Heimatlosigkeit. Nur einige wenige Kinder<br />

seien hier getauft worden und könnten zur allfälligen<br />

Einbürgerung Zürcher Gemeinden zugewiesen<br />

werden.<br />

Strenge polizeiliche Massnahmen in der Überzeugung,<br />

es sei «Pflicht der Behörden die Einwohner vor<br />

solchen Übeln zu schützen und wo möglich einmal<br />

einen Schandfleck eines freyen wohleingerichteten<br />

Landes der Heimatlosigkeit abzuhelfen», schien wenigstens<br />

im <strong>Kanton</strong> <strong>Zürich</strong> Früchte zu tragen. Unter<br />

den 230 Polizeiverhafteten des Jahres 1838 waren noch<br />

6 Personen, die sich als heimatlos bezeichneten. Freilich<br />

hielt sich noch eine Vielzahl von ihnen in den angrenzenden<br />

<strong>Kanton</strong>en auf, heimlich oder auch geduldet.<br />

Erst der Bundesstaat von 1848 vermochte das<br />

Problem nach seiner rechtlichen Seite hin zu lösen,<br />

indem er die <strong>Kanton</strong>e zur Einbürgerung zwang. 86<br />

Züriputsch 1839 und Kommunistengefahr<br />

Das Krisenjahr 1839<br />

Die 1830er Jahre endeten, wie sie begonnen hatten.<br />

Das Volk stürzte die Regierung. Im Unterschied allerdings<br />

zur Bewegung von 1830 verlief der Züriputsch<br />

vom 6. September 1839 blutig.<br />

Die unmittelbare Vorgeschichte zum Züriputsch<br />

bildete im Februar 1839 die Berufung des kritischen<br />

Theologen David Strauss aus Ludwigsburg an die<br />

Zürcher Universität. Sofort regte sich erbitterter Widerstand<br />

im Volk, angeführt von sogenannten Glaubenskomitees.<br />

Religion und Kirche schienen in Gefahr.<br />

Der Polizeirat ermahnte die Statthalter, über alle verdächtigen<br />

Bewegungen zu berichten, dabei keine<br />

gesetzlichen Unternehmungen zu behindern, wohl<br />

aber aufzuklären und falschen Gerüchten entgegenzutreten.<br />

87<br />

Am 28. Februar 1839 verbreitete sich die Sage, von<br />

den oberen Seegegenden her rücke bewaffnetes Volk<br />

heran und wolle das Lehrerseminar in Küsnacht als<br />

eine Pflanzstätte des Unglaubens in Brand stecken.<br />

Eilends rückte eine Abteilung der Polizeiwache in<br />

einem Postwagen aus, konnte aber bald wieder nach<br />

<strong>Zürich</strong> zurückkehren, weil keine Gefahr drohte. In<br />

Zeitungen und Flugblättern allerdings tobte ein gewaltiger<br />

Kampf. Petitionen aus 156 Gemeinden vereinigten<br />

39000 Stimmen gegen die Berufung des Dr.<br />

Strauss. Die ausserordentliche Sitzung des Grossen<br />

Rats am 18. März 1839 war von einem grossen Volksauflauf<br />

begleitet, nur das Einschreiten der verstärkten<br />

Polizeiwache hinderte die Menge am ungeordneten<br />

Eindringen ins Rathaus. Am folgenden Tag bestätigte<br />

der Regierungsrat den Beschluss des Erziehungsrats,<br />

Dr. Strauss noch vor dessen Amtsantritt unter Anweisung<br />

eines jährlichen Gehalts von 1000 Franken in<br />

den Ruhestand zu versetzen. 88<br />

Trotz diesem Erfolg gab die Bewegungspartei<br />

keine Ruhe. Die Glaubenskomitees wurden nun zu<br />

einer eigentlichen Nebenregierung, zu einem Staat im<br />

Staat. Dem Ruf zu einer grossen Kundgebung auf den<br />

2. September 1839 nach Kloten gehorchte, des strömenden<br />

Regens ungeachtet, eine vieltausendköpfige<br />

Menge. Die Forderung an die Regierung lautete:<br />

Die Religion nach der Bibel, als dem geoffenbarten<br />

Worte Gottes, wie sie die heiligen Bücher derselben<br />

geben, ganz, vollständig, ohne Mehrung noch Minderung<br />

durch Menschensatzung aufrechtzuerhalten<br />

und durchzusetzen. 89<br />

Die Regierung antwortete mit einem Truppenaufgebot,<br />

musste die Mannschaften aber am 3. September<br />

1839 wieder entlassen, da sie unbotmässig und<br />

keine Stütze der Regierung waren. Auch Polizeihauptmann<br />

Fehr schien nicht besonders tätig, wenigstens<br />

hatte der Präsident des Kriegsrats, Regierungsrat<br />

Heinrich Weiss, diesen Eindruck: «Mir schien er<br />

nicht viel wissen zu wollen und was ich hörte, machte<br />

auf mich den Eindruck, als ob Herr Fehr nichts sagen<br />

wollte, als was man bereits wusste.» Als am 5. September<br />

1839 die Sturmglocken im Oberland das Volk<br />

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