Kantonspolizei Zürich - Staatsarchiv - Kanton Zürich
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Johann Kaspar Nötzli<br />
(1813–1877), Chef der <strong><strong>Kanton</strong>spolizei</strong><br />
von 1848 bis 1877.<br />
ruhigen Zeit. Die damalige Kartoffelkrankheit führte<br />
zu einer Hungersnot, das Zürcher Oberland und das<br />
Tösstal waren Notstandsgebiete. Junge liberale Freischärler<br />
zogen zweimal unter offenem Landfriedensbruch<br />
gegen die konservative Innerschweiz. Es folgten<br />
der Sonderbundskrieg und 1848 die Gründung<br />
des Bundesstaates. Auch im übrigen Europa herrschte<br />
Revolution. Im benachbarten Grossherzogtum Baden<br />
und anderswo wurden Volksaufstände niedergeschlagen,<br />
und erneut nahmen zahlreiche politische Flüchtlinge<br />
Zuflucht im <strong>Kanton</strong> <strong>Zürich</strong>.<br />
Und gleichzeitig bedurfte das zürcherische Landjägerkorps<br />
nach dem Tod von Jakob Fehr dringend<br />
einer tiefgreifenden Erneuerung.<br />
Schlechter Ruf des Landjägerkorps um 1850<br />
Das vorgerückte Alter des ehemaligen Hauptmanns,<br />
die Politik der liberalen Partei nach 1831 und die Sparsamkeit<br />
der konservativen Septemberregierung von<br />
1839 hatten das Landjägerkorps vernachlässigen lassen.<br />
Der Ruf und die Disziplin waren schlecht. Den<br />
Bestimmungen des Reglementes, das einen regelmässigen<br />
Stationswechsel, die Rekrutenausbildung und<br />
die Beeidigung verlangte, wurde nicht mehr nachgelebt.<br />
Regierungsrat Bollier beschönigte die Verhältnisse<br />
1846 vor dem Grossen Rat nicht, sondern sprach<br />
offen: «Es wäre in der That viel besser, gar kein Polizeikorps<br />
aufzustellen, als ein solches, wie das jetzige<br />
ist, denn es ist den Bedürfnissen der Zeit nicht entfernt<br />
angepasst.» Das zürcherische Landjägerkorps sei<br />
nichts anderes als ein Versuch mit untauglichen Mitteln.<br />
Auch der Polizeirat gestand, dass das Landjägerkorps<br />
schon seit langem im ganzen <strong>Kanton</strong> in Misskredit<br />
stehe. Es werde, gelinde ausgedrückt, im Volke<br />
nicht als eine besondere Ehre betrachtet, wenn einer<br />
ins Korps eintrete. Die Bezeichnung Landjäger wecke<br />
wenig Vertrauen, weil diese immer noch an die verhasste<br />
Landjägersteuer von einst erinnere, meinte<br />
Polizeihauptmann Ott 1846. 4<br />
Die Krise wurzelte tief. Die Landjäger hatten nach<br />
wie vor den Ruf, blosse Wächter und Häscher zu<br />
sein. Sie gehörten damit einem Stand an, der wenig<br />
Ansehen genoss. Noch in den 1860er Jahren klagte der<br />
Regierungsrat: «Obgleich der Beruf eines Polizeisoldaten<br />
an Ehrenhaftigkeit keinem andern nachsteht,<br />
so hält doch zur Stunde noch ein falsches Vorurtheil<br />
manchen tüchtigen jungen Mann von dem<br />
Eintritt in das Polizeikorps ab.» Von den Landjägern<br />
und Rekruten des Jahres 1851 stammte keiner aus den<br />
Städten <strong>Zürich</strong> oder Winterthur. Noch immer, muss<br />
man annehmen, liess sich der Beruf eines Landjägers<br />
nicht mit der Ehre eines städtischen Bürgers vereinbaren.<br />
5<br />
Die Regierung und der Grosse Rat hatten es versäumt,<br />
ihren Teil zur Hebung des Korps beizutragen.<br />
Das Gesetz betreffend die militärische Polizeiwache<br />
der Stadt <strong>Zürich</strong> von 1832 vermehrte den Bestand nur<br />
um 26 Mann, obgleich sich jetzt ständig 51 Mann als<br />
Garnison in der Hauptstadt aufhalten mussten. Über<br />
die Ausrüstung und den Sold der Polizeimannschaft<br />
bestimmte jenes Gesetz, es solle einstweilen bei der<br />
seit 1804 bestehenden Einrichtung verbleiben. Das<br />
Provisorium dauerte, obgleich die freiheitliche Gesellschaft<br />
mit ihrer lebhaften und mobilen Bevölkerung<br />
die Polizeimannschaft für den Wach-, Sicherheits-<br />
und Informationsdienst stärker in Anspruch<br />
nahm, als dies zuvor der Fall gewesen war. Auch das<br />
Besoldungsreglement von 1804 blieb bis 1847 in Kraft,<br />
obgleich «sowohl die bürgerlichen als die gesellschaftlichen<br />
Verhältnisse seit jener Zeit bei uns eine totale<br />
Umgestaltung erlitten» und die Kaufkraft des Geldes<br />
sich bedeutend vermindert hatte. 6<br />
Der Regierungsrat räumte 1842 ein, dass nur wenige<br />
finanzielle Mittel für die <strong><strong>Kanton</strong>spolizei</strong> bereitstan-<br />
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