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Kantonspolizei Zürich - Staatsarchiv - Kanton Zürich

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sche Druck ging einher mit innenpolitischen Zerwürfnissen<br />

über der Frage, wie darauf zu reagieren war. Die<br />

Zürcher Behörden waren im Gegensatz zum radikaleren<br />

Bern gewillt, den Forderungen der Grossmächte<br />

nach strenger polizeilicher Aufsicht nachzukommen.<br />

Denn manche der Flüchtlinge suchten von hier aus,<br />

liberales und nationalstaatliches Gedankengut in ihre<br />

Heimatländer zu tragen. Eifrig warben sie unter ihren<br />

Landsleuten in der Schweiz um Verbündete im<br />

Kampf gegen die Fürsten. Von 1833 bis 1836 kam es in<br />

der Schweiz zum heimlichen und bisweilen offenen<br />

Kampf zwischen ausländischen Spionen und den<br />

nicht selten zu allem entschlossenen Flüchtlingen.<br />

Im <strong>Kanton</strong> <strong>Zürich</strong> waren die Statthalter und die<br />

<strong><strong>Kanton</strong>spolizei</strong> mit der Überwachung der politischen<br />

Flüchtlinge beauftragt. Im Februar 1834 beispielsweise<br />

musste der Polizeihauptmann deutsche Emigranten<br />

ausforschen, denen Pläne für einen Einfall ins<br />

Grossherzogtum Baden nachgesagt wurden. Tatsächlich<br />

unternommen hatten 1834 einen solchen Feldzug,<br />

der allerdings kläglich scheiterte, Flüchtlinge um<br />

den späteren italienischen Nationalhelden Giuseppe<br />

Mazzini nach Savoyen. Polizeihauptmann Fehr erhielt<br />

den Befehl, gegen beteiligte Studenten der 1833<br />

gegründeten Zürcher Universität zu ermitteln und<br />

nach Mazzini zu fahnden, der sich noch im Oktober<br />

1834 in der Schweiz aufgehalten haben soll. 77<br />

Nach dem Savoyerzug verstärkten die Grossmächte<br />

ihren Druck auf die Eidgenossenschaft. Scharfe diplomatische<br />

Noten, Wanderverbote für Handwerksgesellen<br />

in die Schweiz, Schikanen gegen Schweizer<br />

im Ausland und schliesslich eine drohende Grenzsperre<br />

bildeten den Höhepunkt dieser Machtdemonstration.<br />

Gegen den Willen einer Minderheit, die den<br />

Kampf wagen wollte, gab die Tagsatzung unter Führung<br />

<strong>Zürich</strong>s nach und beschloss, alle Flüchtlinge<br />

auszuweisen, welche die Ruhe im Gastland und den<br />

Herkunftsstaaten gefährdeten. 78<br />

Die aussen- und innenpolitisch brisante Flüchtlingsfrage<br />

beschäftigte die Zürcher Polizeibehörden<br />

auch in den folgenden Jahren. Im Februar 1835 gab es<br />

Hinweise aus dem Grossherzogtum Baden, denen<br />

zufolge Flüchtlinge Waffendepots im <strong>Kanton</strong> <strong>Zürich</strong><br />

anlegten und einen Freischarenzug planten. Die Erfahrung,<br />

dass die Emigranten «zu tollkühnen Unternehmungen<br />

geneigt seyen», mahnte die Regierung<br />

erneut zur gebotenen Vorsorge. Abermals erging der<br />

besondere Auftrag an den Polizeihauptmann, politischen<br />

Versammlungen von Flüchtlingen nachzuspüren,<br />

bereits des Landes verwiesene Personen ohne<br />

weiteres über die Grenze zu stellen und deutsche<br />

Handwerksgesellen zu beobachten, die durch ihre<br />

Landsleute aufgewiegelt zu werden drohten. 79<br />

Der Mordfall Lessing 1835. Asylgesetz 1836<br />

Mit welchen Mitteln der geheime Kampf zwischen<br />

Flüchtlingen und ausländischen Spionen auf Schweizer<br />

Boden geführt wurde, zeigte sich 1835.<br />

Im Herbst jenes Jahres wurde ein Mann namens<br />

Santarini mit dem Decknamen Plinio, der sich das<br />

Vertrauen Mazzinis erschlichen und am Savoyerzug<br />

als Lockspitzel teilgenommen hatte, ermordet aufgefunden.<br />

Am 4. November 1835 dann entdeckte man<br />

im Spitalhölzchen ausserhalb der Stadt <strong>Zürich</strong> die<br />

Leiche des 23jährigen Studenten Ludwig Lessing aus<br />

Preussen. Lessing war durch einen Schlag niedergestreckt<br />

und erstochen worden. 49 Wunden bedeckten<br />

seinen Leib. Das zuständige Verhöramt des Kriminalgerichts<br />

leitete die ausgedehnten Ermittlungen, und<br />

auch Polizeihauptmann Fehr erhielt vom Polizeirat<br />

den Auftrag, «seine Thätigkeit in bezug auf den vorliegenden<br />

Gegenstand zu verdoppeln und alle diejenigen<br />

Massregeln zu ergreifen, welche auf die Spur<br />

der Urheberschaft des an dem Studenten Lessing verübten<br />

Mordes leiten können». 80<br />

Im Laufe der Untersuchungen fielen den Behörden<br />

zahlreiche Dokumente in die Hände, die Auskunft<br />

gaben über die geheimen Verbindungen deutscher<br />

Revolutionäre in der Schweiz. Zur Gewissheit<br />

wurde, dass der Ermordete als Lockspitzel in preussischen<br />

Diensten gestanden hatte und mit grosser<br />

Wahrscheinlichkeit aus diesem Grund ermordet worden<br />

war. Wie man wusste, forderten die Statuten der<br />

Geheimverbindung «Junges Deutschland» den Tod<br />

von Verrätern. Anklage erhoben wurde schliesslich<br />

gegen den angeblichen Flüchtling und Baron von<br />

Eyb, der aber mangels Beweisen freigesprochen werden<br />

musste. Von Eyb hiess eigentlich Zacharias Aldinger<br />

und war (wie sich später herausstellte) selbst ein<br />

preussischer Lockspitzel. 81<br />

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