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Kantonspolizei Zürich - Staatsarchiv - Kanton Zürich

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Telegramm des Regierungsrates<br />

an den Bundesrat, 11. März 1871:<br />

«Heute wächst die Bewegung,<br />

es steht eine Revolution bevor<br />

von unklarem aber drohendem<br />

Charakter. Wir bitten um eidgenössisches<br />

Aufsehen. Regierung<br />

und Stadtbehörden stehen<br />

zusammen.»<br />

ziere. Die herbeigeeilte, fünfzig Mann starke Reserve<br />

der Stadt- und <strong><strong>Kanton</strong>spolizei</strong> suchte die Menge zurückzudrängen.<br />

Über die folgenden Szenen schrieb<br />

der Regierungsrat in seinem amtlichen Bericht: «Leider<br />

muss konstatiert werden, dass ein sehr grosser<br />

Theil des Publikums, das aus allen Gesellschaftsschichten<br />

bestand, sehr bald aus der Rolle des blossen<br />

Zuschauens heraustrat und auf verschiedene Weise<br />

das Treiben der Tumultuanten unterstützte. Jeder<br />

Steinwurf, der eine Fensterscheibe zertrümmerte,<br />

wurde mit lautem Bravorufen der Menge begleitet.<br />

Die Polizei fand in ihren Bemühungen, die Ordnung<br />

wieder herzustellen, von Seite des Publikums nicht<br />

nur keine Unterstützung, sondern sie wurde, wenn<br />

sie einen der Steine werfenden Ruhestörer verhaften<br />

wollte, von der Menge, die sich alsbald des letztern<br />

annahm, zurückgestossen, geschlagen, entwaffnet,<br />

verwundet. Jedes erfolgreiche Vordrängen gegenüber<br />

dem Kordon der Polizei wurde von der dahinterstehenden<br />

Menge mit Bravo belohnt, – eine Erscheinung,<br />

die sich bis gegen den Schluss des ganzen<br />

Tumultes beharrlich gleich blieb.» Das Militär war<br />

wohl mit 150 Mann zugegen, blieb jedoch wegen unklarer<br />

Befehlsgewalt untätig. Erst als zwei beherzte<br />

Offiziere die Initiative ergriffen, rückte die Truppe<br />

vor und drängte die Menge schliesslich ab, so dass<br />

die Festteilnehmer die Tonhalle allmählich verlassen<br />

konnten.<br />

Auch für den folgenden Freitag verhiessen wilde<br />

Gerüchte wenig Gutes. Es war die Rede von einem<br />

bevorstehenden Angriff auf die Strafanstalt, wo die<br />

Verhafteten des Vorabends einsassen. Der Regierungsrat<br />

liess das Gebäude militärisch besetzen. Die<br />

Mannschaft der <strong><strong>Kanton</strong>spolizei</strong> wurde wiederum auf<br />

der Hauptwache konzentriert. Ihr Auftrag lautete, die<br />

Tonhalle zu bewachen und regelmässig gegen die<br />

Strafanstalt hin zu patrouillieren. Ausserdem waren<br />

deutsche Staatsbürger zu beschützen, denen Anschläge<br />

drohten. Trotzdem begann um halb zehn Uhr<br />

abends der Sturm einer drei- bis vierhundertköpfigen<br />

Menge auf die Strafanstalt. Das Militär wehrte den<br />

Angriff ab und zersprengte die steinewerfende Menge.<br />

Dabei fielen auch Schüsse, die einen unbeteiligten<br />

Zuschauer tödlich verletzten.<br />

Schlimme Meldungen gingen auch am folgenden<br />

Vormittag ein, es war mittlerweile Samstag. Man<br />

befürchtete, dass sich der Zorn jetzt direkt gegen die<br />

Regierung richten werde, weil diese die deutsche Siegesfeier<br />

bewilligt habe. Gerüchte sprachen von Arbeiterscharen<br />

in Winterthur, Uster und Horgen, die sich<br />

für einen Staatsstreich rüsteten.<br />

Die <strong>Kanton</strong>sregierung mahnte den Bundesrat um<br />

Aufsehen. Militär stand bei den Zeughäusern, der<br />

Strafanstalt und dem Rathaus. Stadt- und <strong><strong>Kanton</strong>spolizei</strong><br />

patrouillierten und leisteten Personenschutz.<br />

Bei Einbruch der Dunkelheit standen sich Kavallerie<br />

und eine tausendköpfige Menge gegenüber. Erneut<br />

fielen Schüsse, als Angriffe auf die Strafanstalt abgewehrt<br />

werden mussten. Vor dem Rathaus wurde der<br />

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