Kantonspolizei Zürich - Staatsarchiv - Kanton Zürich
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wiederum die Bereitschaft zu Freveln und Straftaten<br />
förderte. Ein einfaches Untersuchungs- und Gerichtsverfahren,<br />
ausgeübt durch starke und angesehene<br />
Persönlichkeiten, schien eher Gewähr zu bieten für<br />
Frieden, Ruhe und Ordnung als die von den Staatstheoretikern<br />
der Aufklärung geforderte Trennung der<br />
Gewalten. 8<br />
Ihren Einfluss auf den Gang der Strafuntersuchung<br />
verstärkte 1816 auch die Regierung. Die Oberamtmänner<br />
überwiesen künftig die von ihnen eingeleiteten<br />
höheren Strafsachen nicht mehr direkt,<br />
sondern durch Vermittlung der Polizeikommission<br />
ans Obergericht. Damit erhielt jene die Möglichkeit,<br />
von sich aus weitere polizeiliche Massnahmen einzuleiten.<br />
Damit die Rechte des Gerichts nicht geschmälert<br />
wurden, nahm künftig einer der Oberrichter an<br />
den Sitzungen der Polizeikommission teil. 9<br />
Das Zürcher Volk genoss unter der «städtischen<br />
Aristokratie mit demokratischer Beimischung», wie<br />
es hiess, eine «gemässigte Freiheit», die andernorts in<br />
Europa erst erkämpft werden musste. Der Kleine Rat<br />
stand im Ruf, seine Geschäfte treu, redlich und gewissenhaft<br />
zu besorgen. Auch aristokratisch gesinnte Magistraten<br />
wie der Zürcher Bürgermeister David von<br />
Wyss hassten die Despotie, die Unterdrückung freiheitlicher<br />
Regungen, freilich ebenso die Anwendung<br />
ungesetzlicher Mittel, um politische Veränderungen<br />
herbeizuführen. 10<br />
Auf besondere polizeiliche Massnahmen zum<br />
Schutz der bestehenden Ordnung glaubte aber auch<br />
die Zürcher Obrigkeit nicht verzichten zu können.<br />
Nach wie vor standen Druckereien, Buchhandlungen<br />
und Bibliotheken unter der Aufsicht einer Zensurkommission.<br />
Polizeipräsident war von 1803 bis 1832<br />
Salomon Rahn, ein ausgesprochen aristokratisch gesinnter<br />
Magistrat. Dieser sei von Misstrauen durchdrungen<br />
gewesen und habe sich eines Spioniersystems<br />
bedient, um die Gesinnung des Volkes und der Beamten<br />
auszuforschen, schrieb ein damaliger Oberamtmann.<br />
Argwöhnisch horchte die Regierung auf die<br />
Stimmung im Land. Es hätten die Nachforschungen<br />
nach der Richtigkeit ausgestreuter Gerüchte einen<br />
nicht unwesentlichen Teil der polizeilichen Geschäfte<br />
gebildet, hiess es 1822 im Jahresbericht des Polizeibüros.<br />
Dabei sei freilich stets «mit aller nur möglichen<br />
Schonung und Sorgfalt» gehandelt worden, und es<br />
habe sich die alte Erfahrung bestätigt, dass Geschwätz<br />
und abenteuerliches Gerücht zwar begierig kolportiert<br />
werde, in der Regel aber realer Grundlagen entbehre.<br />
Die Kunst des Brechens und Wiederversiegelns<br />
von Briefen, welche die Berner Polizei beherrschte,<br />
dürfte auch in <strong>Zürich</strong> bekannt gewesen sein. 11<br />
Mit ein Grund für die Wachsamkeit auf politischem<br />
Gebiet war die Erfahrung, dass allzu freie Äusserungen<br />
über Missstände im monarchischen Europa<br />
die Grossmächte zu Interventionen veranlassten und<br />
die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft gefährdeten.<br />
Als die Mainzer Zentral-Untersuchungs-Kommission<br />
fürstenfeindliche Verbindungen eines Jünglingsbundes<br />
in die Schweiz aufdeckte, wurde auch die<br />
Zürcher Justiz tätig und bestrafte den Buchdrucker<br />
Eduard Gessner mit Gefängnis und Busse. 12 41<br />
Zensurlücken im «Schweizerischen<br />
Volksblatt» von 1821.<br />
Das in <strong>Zürich</strong> erschienene Volksblatt<br />
setzte sich für nationale<br />
Einigung, Demokratie und Freiheitsrechte<br />
ein, wurde aber noch<br />
im ersten Jahr verboten.