Kantonspolizei Zürich - Staatsarchiv - Kanton Zürich
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das Verfahren in bezug auf Verbrechen oder Vergehen<br />
und Polizeiübertretungen in zahlreichen Artikeln. Sie<br />
gaben Anweisungen, wie der Tatbestand des Verbrechens<br />
festzustellen und die Spuren zu sichern waren.<br />
Dazu gehörten Nachforschungen bei Geschädigten<br />
und Zeugen, die Inventarisierung gestohlener Gegenstände,<br />
die Beobachtung verdächtiger Personen, die<br />
Abfassung entsprechender Rapporte zuhanden der<br />
zuständigen Behörden. Es folgten in den Instruktionen<br />
Hinweise, dass die Lage eingedrückter Fensterscheiben<br />
Rückschlüsse über den Tathergang zuliessen,<br />
und es wurde betont, wie wichtig die Aufnahme von<br />
Spuren wie Fussstapfen, Zigarrenasche oder Schwefelhölzer<br />
für die Ermittlung des Täters sei. Auch die gesetzlichen<br />
Vorschriften bei Verhaftungen oder Hausdurchsuchungen<br />
wurden den Landjägern eingehend<br />
erläutert. 43<br />
Eine besondere kriminalistische Begabung und natürlich<br />
reiche Erfahrung in der Erforschung zurückgebliebener<br />
Spuren besass Polizeihauptmann Nötzli.<br />
Er pflegte die Corpora delicti mit der Lupe zu untersuchen<br />
und zog Schlüsse, die anderen verborgen blieben:<br />
«Das Papier der falschen Note z.B. war dann<br />
nicht aus der und der Fabrik, sondern mit Nothwendigkeit<br />
aus einer anderen, vielleicht aus der Fabrik in<br />
X oder Y, der Lithograph hatte die und die Maschine<br />
nicht gehabt, musste ein sogenannter Zimmerlithograph<br />
sein, er hatte das und das photographische<br />
Hülfsmittel benutzt, verstand sich also auch auf diese<br />
Kunst; die und die früher bestraften Persönlichkeiten<br />
fielen zunächst ausser Betracht, die und die kamen in<br />
Betracht usw.» 44<br />
Strafanzeigen nahm der Postenchef auf der Hauptwache<br />
bereits seit 1832 entgegen. Nach 1857, als das<br />
Büro des Statthalters von der Hauptwache ins neue<br />
Bezirksgebäude Selnau übersiedelte, waren damit vermehrt<br />
die selbständige Aufnahme erster Verhöre mit<br />
Geschädigten, Beklagten und Zeugen sowie weitere<br />
Ermittlungen verbunden. Denn das Publikum wandte<br />
sich bei Strafanzeigen, nach der bisherigen Gewohnheit,<br />
oft weiterhin auf die Hauptwache und weniger<br />
ins abgelegene Selnau. Die Fähigkeiten der rapportierenden<br />
<strong>Kanton</strong>spolizisten lobte ein kantonsrätlicher<br />
Berichterstatter 1867: «Die dort aufgenommenen<br />
Depositionen gehören zu den besten, die ich<br />
gesehen, und es wissen namentlich die Unteroffiziere<br />
der Depotmannschaft auf der Hauptwache aus Erfahrung<br />
am besten, worauf es für die Entdeckung der<br />
ersten Spuren eines Verbrechens oder Vergehens ankommt.»<br />
45<br />
Fahndung nach einem Doppelmörder<br />
Wie die Zürcher <strong><strong>Kanton</strong>spolizei</strong> in Kriminalfällen vorging, zeigte 1853 der Fall des Doppelmörders Johannes Meidel von<br />
Grüningen. Als am 11. Februar jenes Jahres in der Enge und am 7. März in Stadelhofen die Leichen zweier erwürgter Frauen<br />
entdeckt wurden, löste dies Ermittlungen aus, die den grössten Teil der Depotmannschaft und auch einige Stationierte<br />
beschäftigten. Das Kommando nahm eine Geschäftsverteilung vor und bildete mehrere Einsatzgruppen mit bestimmten<br />
Aufträgen. Die erste Gruppe unter Führung von Leutnant Streuli beispielsweise hatte die Herkunft einer Jacke zu eruieren,<br />
die in der Enge gefunden worden war und die mit dem Täter in Verbindung gebracht wurde. Eine weitere Gruppe sollte<br />
die Mannsperson aufspüren, die vor der Tat mit einem der Opfer gesehen worden war. Die Polizeidirektion setzte eine<br />
Belohnung von 500 Franken aus. Rasch fiel der Verdacht, aufgrund verschiedener Indizien und Zeugenaussagen, auf den<br />
28jährigen Johannes Meidel aus Grüningen. Dieser war der Polizei bekannt, weil er bereits drei Gefängnisstrafen abgesessen<br />
hatte. Die weit ausgedehnte Fahndung zeitigte umgehend Erfolg. Meidel konnte am 11. März in Richterswil festgenommen<br />
werden, entzog sich aber weiteren Verhören, indem er sich an der Tür des Bezirksgefängnisses erhängte.<br />
Hauptmann Nötzli betonte in seinen Rapporten, «dass im vorliegenden Fall sämtliche Mannschaft sich äusserst thätig<br />
und in jeder Hinsicht willig gezeigt» habe. Diese Feststellung bestätigte der Kanzlist der Polizeidirektion, der sich selbst<br />
an der Fahndung beteiligt hatte. Einzig Polizeisoldat Frener habe seine Aufträge, obwohl guten Willens, nicht mit dem<br />
erforderlichen Takt ausführen können, da er etwas angetrunken war. In Horgen war Jahrmarkt, fügte der Kanzleibeamte<br />
der Polizeidirektion erklärend bei. 47<br />
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