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Kantonspolizei Zürich - Staatsarchiv - Kanton Zürich

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Mit den übrigen polizeilichen Funktionen des bisherigen<br />

Zürcher Statthalteramtes gelangte 1816 auch<br />

die höhere Sicherheitspolizei im Amtsbezirk <strong>Zürich</strong><br />

unter die Verantwortung der kantonalen Polizeikommission.<br />

In einem Aufruf orientierte der Zürcher<br />

Stadtrat das Publikum, dass man sich künftig in allen<br />

Kriminalfällen und höheren Polizeivergehen an das<br />

neue kantonale Polizeibüro zu wenden habe, das die<br />

weiteren Verfügungen treffen werde. 20<br />

Durch seine ausgedehnte Tätigkeit und seine wachsende<br />

Erfahrung auf dem Gebiet der Verbrechensbekämpfung<br />

wurde der Chef des Polizeibüros, Rudolf<br />

Trichtinger, zum kriminalpolizeilichen Fachmann in<br />

<strong>Zürich</strong>. Im ersten Amtsjahr führte er 250 Präkognitionsverhöre<br />

mit Beklagten und Verdächtigen durch<br />

und überwies 180 von ihnen an die zuständigen Gerichte.<br />

«Meine Geschäfte sind mir zur wahren Freude<br />

und inneres Bedürfnis geworden», schrieb er im Jahresbericht<br />

1818. Er hatte sich mit allen möglichen Tatbeständen<br />

abzugeben. Besondere Erwähnung fanden<br />

in den Jahren von 1816 bis 1831: Ausgestreute Gerüchte,<br />

Falschmünzerei, Feuersbrünste und Brandstiftungen,<br />

Kapitalverbrechen, aussergewöhnliche Todesfälle<br />

(zahlreiche Selbstmorde, eine erschreckende Zahl<br />

von in Jauchegruben ertrunkenen Kindern), Kindstötungen<br />

und Kindsaussetzungen, Diebstähle und<br />

Hehlerei durch ungetreue Fabrikarbeiter, Einbruch,<br />

Raub usw. In seinen Ermittlungen unterstützte ihn<br />

das Landjägerkorps durch Nachforschungen und<br />

Aufnahme von Depositionen. Rudolf Trichtinger betonte<br />

insbesondere das «freundschaftliche und doch<br />

pflichtgetreue» Verhältnis zum Landjägerhauptmann<br />

Fehr, der ihm im Rang nachgestellt war. 21<br />

Aufstellung und Aufgaben des Landjägerkorps<br />

in den 1820er Jahren<br />

Im Not- und Hungerjahr 1816 beschloss der Kleine<br />

Rat, das Landjägerkorps um 12 auf 91 Mann zu vermehren.<br />

Die Kosten wurden nicht mittels der Landjägersteuer<br />

auf die Gemeinden verlegt, sondern aus<br />

der Staatskasse bestritten. Grund für die Bestandeserhöhung<br />

war der Entscheid, die Tore der Hauptstadt<br />

künftig durch die Landjäger bewachen zu lassen mit<br />

dem Auftrag, «auf alle ein und aus passierenden Einheimischen<br />

sowohl als Fremden ein genaues Aug zu<br />

haben, ihnen ihre Pässe und Wanderbücher abzufordern<br />

und solche sowohl als alle verdächtigen Personen<br />

selbst auf das Policey-Bureau zu transportieren.» 24<br />

Mit der Bewachung der Zürcher Stadttore zog das<br />

Landjägerkorps gleichsam eine vierte Kordonlinie im<br />

Abwehrkampf gegen die Vaganten und andere unerwünschte<br />

Kreise. Denn die Erfahrung lehrte, dass «oft<br />

Polizeiliche und gerichtliche Strafuntersuchung<br />

Die Durchführung der eigentlichen Strafuntersuchung oblag nach wie vor den Verhörkommissionen der Gerichte. Die Polizeibehörden<br />

(das Polizeibüro, die Oberamtmänner und in dringenden Fällen die Gemeindeammänner) hatten sich auf<br />

einen Rapport (Verbalprozess) über die festgestellte oder vermutete Straftat, ein vorläufiges Verhör mit verdächtigen oder<br />

beklagten Personen sowie einen Amtsbericht (Laidung) über «Anzeigen und Umstände» des Herganges an die zuständigen<br />

Gerichte zu beschränken. Für den Erfolg der Ermittlungen war dieser Prozessgang oft nachteilig. Rudolf Trichtinger<br />

wies mehrfach darauf hin, wie wichtig in allen Polizei- und Kriminalfällen die ersten Nachforschungen waren. Insbesondere<br />

bei den sogenannten Unglücksfällen wie zum Beispiel aussergewöhnlichen Todesfällen würden die Ermittlungen<br />

zweckmässiger von den Polizeibehörden durchgeführt als von den Gerichten, die sich in der Regel nur auf unvollständige<br />

Amtsberichte stützen konnten. Überhaupt wäre es notwendig, «wenn die Ausmittlung des Thatbestandes eines jeden<br />

Verbrechens ganz der Policey überlassen bliebe, indem es einzig dadurch möglich ist, Verbrechen auf die Spur zu kommen,<br />

die höchst selten in der wünschbaren Ausdehnung entdeckt werden können». 22<br />

Vor allem das <strong>Kanton</strong>sgericht beharrte auf seinem Untersuchungsrecht, und die Polizeibehörden mussten die Erfahrung<br />

machen, «wie unangenehm dem Obergericht eine etwas weitausgedehnte Voruntersuchung» sei. Immerhin konnte Rudolf<br />

Trichtinger in den 1820er Jahren feststellen, dass man sich auch in <strong>Zürich</strong> langsam davon zu überzeugen scheine (was in<br />

anderen Staaten anerkannt sei), dass etwa aussergewöhnliche Todesfälle «mehr polizeilich als richterlich» seien. 23<br />

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