Kantonspolizei Zürich - Staatsarchiv - Kanton Zürich
Kantonspolizei Zürich - Staatsarchiv - Kanton Zürich
Kantonspolizei Zürich - Staatsarchiv - Kanton Zürich
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
gefühl und eigener Wille. Ungeduldige Begehrlichkeit<br />
war an die Stelle gleichgültiger Unterwürfigkeit<br />
getreten.» 67<br />
Für die kantonale Polizeiwache bedeutete das<br />
Selbstbewusstsein des mündigen Bürgers neuartige<br />
Einsätze. Gleich mehrmals zu Beginn der Regenerationszeit<br />
musste das Korps zum Ordnungsdienst ausrücken,<br />
um Recht und Gesetz gegenüber Teilen der<br />
eigenen, unruhigen Bevölkerung durchzusetzen.<br />
Ein Selbstmord in Bauma und die Folgen<br />
Zu einem ersten, noch ungewohnten Ordnungsdienst<br />
wurden die Landjäger im Juli 1832 aufgeboten. In<br />
Bauma hatte sich der 74jährige Kaspar Rüegg erhängt<br />
aus Schwermut und Scham, «in seinen alten Tagen<br />
noch almosengenössig zu werden». Der Statthalter,<br />
weil er sein Volk kannte und dieses keine Selbstmörder<br />
in geweihter Erde duldete, befahl eine stille<br />
Beerdigung auf dem Kirchhof. Aber kaum hatte der<br />
Totengräber um Mitternacht seine Arbeit begonnen,<br />
da strömten mehr als 400 bis 500 Männer herbei,<br />
«man sprach laut und kühn von Widersetzlichkeit<br />
und organisierte und verabredete einen Sturm, um<br />
nöthigenfalls Gewalt mit Gewalt abzutreiben, wenn<br />
militärische Gewalt angewandt werden sollte». Der<br />
Regierungsrat beschloss, unverzüglich zwei seiner Mitglieder<br />
nach Bauma zu beordern. Polizeihauptmann<br />
Fehr wurde angewiesen, die Abgesandten zu begleiten<br />
und seine Mannschaft in der Nähe von Bauma zu<br />
postieren. Aber gegen das aufgebrachte Volk war<br />
nichts auszurichten. «Sollte man mit den disponiblen<br />
24 Landjägern einen Angriff wagen auf den Haufen,<br />
dessen Fanatismus von Stunde zu Stunde stieg?», fragte<br />
sich der Regierungsrat. Davon riet auch der Landjägerhauptmann<br />
ab. Der unglückliche Kaspar Rüegg<br />
wurde schliesslich auf einem abgelegenen Stück Land,<br />
das eigens für diesen Zweck angekauft wurde, zur letzten<br />
Ruhe gebettet. 68<br />
Kundgebung nach Uster ein. Gerüchte über Anschläge<br />
auf die neuen mechanischen Webereien, weil<br />
diese den Handwebern die Arbeit wegnahmen, liessen<br />
sich nicht erhärten. Der Regierungsrat beschloss<br />
deshalb nach ernster und sorgfältiger Beratung, «keinerley<br />
ausserordentliche Massregeln zu veranstalten,<br />
sondern die Beybehaltung der Ruhe und Ordnung<br />
einzig der Pflichttreue, Klugheit und Vaterlandsliebe<br />
der Gemeindsbehörden, der Bezirks- und Cantonal-<br />
Vollziehungsbeamteten, ihrer Einwirkung auf die missgestimmten<br />
Gemeinden, und endlich dem Rechtsgefühl<br />
der Bürger anheim zu stellen». 70<br />
Am Morgen des 22. November 1832 verfügten sich<br />
sechs Mitglieder des politischen Vereins, unter ihnen<br />
auch zwei Regierungsräte, vor die Corrodische Fabrik<br />
in Oberuster. Sie wollten die Leute von gewalttätigen<br />
Schritten abhalten. Eine kleine, zum Teil betrunkene<br />
Schar jedoch warf die Fabrikfenster ein, schleuderte<br />
Stroh und Reisig in die Hallen und zündete dieses an.<br />
Die beiden Regierungsräte suchten den Brandstiftern<br />
zu wehren, aber ohne Erfolg. «Wir leiden keine solche<br />
Maschinen, das sagen wir euch, und wenn ihr von<br />
der Regierung wäret, wir fragen euch nichts nach, wir<br />
sind Meister, der Kaib (die Maschine) muss hinab»,<br />
hiess es. Andere riefen: «Petitionen nützen nichts,<br />
wenn die Regierung nicht helfen wolle, so müsse man<br />
Brand der Corrodischen Fabrik in<br />
Oberuster am 22. November 1832.<br />
Der Fabriksturm von Uster 1832<br />
Das Nachgeben in Bauma geschah nicht zum Vorteil<br />
der Regierung, wie ein zeitgenössischer Chronist<br />
feststellte. 69<br />
Auf den 22. November 1832 lud der politische <strong>Kanton</strong>alverein<br />
das Zürcher Volk zu einer neuerlichen<br />
55