Kantonspolizei Zürich - Staatsarchiv - Kanton Zürich
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Komplizierte polizeiliche Verhältnisse in der Stadt <strong>Zürich</strong><br />
1843 war das schwierige Verhältnis der <strong>Kanton</strong>s- zur Stadtpolizei Thema im Grossen Rat. Eine mit dem Landjägerkorps<br />
befasste Kommission begehrte von der Regierung Auskunft, ob nicht, statt die Hauptstadt durch das kantonale Polizeikorps<br />
bewachen zu lassen, der Stadt die von der Aussteuerungsurkunde 1803 dafür vorgesehenen 10 000 Franken jährlich auszurichten<br />
seien. Im Rat selbst gingen die Meinungen auseinander. Während der Referent der Kommission darauf hinwies,<br />
dass die Bewachung der Stadt den <strong>Kanton</strong> weit mehr koste als die 10 000 Franken und dass die Stadt sich allenfalls an den<br />
Auslagen beteiligen könnte, warnte Staatsschreiber Hottinger vor einem solchen Unternehmen. «Eine Untersuchung der<br />
Verhältnisse zu der Stadt <strong>Zürich</strong>» sei zwar wünschenswert, werde aber zeigen, «dass der Staat hier nur verlieren, nicht<br />
gewinnen kann». Auch Stadtschreiber Gysi glaubte, dass der Vorschlag kaum zur Verbesserung der polizeilichen Verhältnisse<br />
beitrage und insbesondere der <strong><strong>Kanton</strong>spolizei</strong> damit nicht gedient wäre. «Es wäre eine Untersuchung, die sich ins<br />
Unendliche erstrecken müsste und von Niemandem, selbst den Herrn Antragsteller nicht ausgenommen, gern und schnell<br />
zu Ende gebracht würde.» 66<br />
sorgen, und stand auch mit der Stadtpolizei in täglichem<br />
Rapport. 1838 jedoch musste sich der Stadtrat<br />
über ungenügenden Beistand beschweren. Insbesondere<br />
sorge die Polizeiwache kaum für die Einhaltung<br />
der Polizeistunde und weigere sich, bei Verunreinigungen<br />
(«durch Pissen usw.») in der Gegend des Rathauses<br />
einzuschreiten und die Bussen einzutreiben.<br />
Hauptmann Fehr meinte dazu, es sei nicht seine Aufgabe,<br />
sich um die «Brunz-Batzen» zu kümmern, und<br />
er verwahrte sich überhaupt gegen Klagen städtischer<br />
«Polizeydiener, Nachtwächter, Hundsfanger und wie<br />
die Creaturen alle heissen». Auch der Polizeirat fürchtete<br />
die Nachteile, die aus solchen Geschäften für die<br />
militärische Stellung der <strong><strong>Kanton</strong>spolizei</strong> erwüchsen.<br />
Das Büssen sei Sache der Stadt oder der Gerichte. Sodann<br />
erklärte der Polizeirat zum Verhältnis zwischen<br />
Stadt und <strong><strong>Kanton</strong>spolizei</strong>: «So sehr uns übrigens daran<br />
gelegen ist, mit Ihrer Behörde zu Handhabung der<br />
Gesetze und bestehenden Verordnungen in gutem Einverständniss<br />
mitzuwirken, so müssen wir jedoch den<br />
Ansichtspunkt festhalten, dass eigentlich die Cantonal-<br />
Polizeywache erst dann, aber auch dann im vollsten<br />
Umfang des Wortes zu kräftiger Mitwirkung aufgefordert<br />
werden dürfe, wo die gewöhnliche Ortspolizey<br />
nicht ausreicht.» 64<br />
Allgemein galt, dass in Ausübung der niederen<br />
Ortspolizei kaum grosse Anerkennung der Bürgerschaft<br />
zu ernten war. Diese Erfahrung machten die<br />
Landjäger auf den Stationen und auch die Stadtpolizei<br />
in <strong>Zürich</strong>. 1842 hiess es: «Es ist im Allgemeinen die<br />
Klage, dass die Polizei, namentlich die Stadtpolizei, in<br />
allen Dingen, in welchen sie dem rechtlichen Bürger<br />
zugute kommen sollte, unwirksam und nachlässig,<br />
hingegen in Kleinigkeiten, wo auch der ruhigste Bürger<br />
sich einmal verfehlen kann, ausserordentlich thätig,<br />
zudringlich und unhöflich sei.» Auch der Polizeirat<br />
glaubte, dass auf die Anzeigen der städtischen<br />
Polizeidiener nicht immer Verlass war. Denn diese<br />
seien oft übertrieben und nicht geeignet, den Gerichten<br />
überwiesen zu werden. 65<br />
Ordnungsdienst und Sicherheitsfragen<br />
im liberalen Staat 1831–1839<br />
Neu erwachter Volksgeist<br />
Wenn der Regierungsrat 1831 geglaubt hatte, eine liberale<br />
Gesellschaft mit ihren grösseren bürgerlichen<br />
Freiheiten und politischen Rechten bedürfe der polizeilichen<br />
Ordnungsmacht weniger als der aristokratische<br />
Staat zuvor, dann sollte er bald eines Besseren<br />
belehrt werden. Regierungsrat Heinrich Weiss, Polizeipräsident<br />
in den Jahren 1832 und 1833, erklärte sich<br />
dieses Phänomen mit dem wiedererwachten Volksgeist.<br />
Während die Restauration von 1814 «nach und<br />
nach zur Apathie, zur Erschlaffung alles politischen<br />
Lebens geführt» habe und des «Volkes Sinn für öffentliche<br />
Angelegenheiten untergegangen» sei, habe die<br />
neue Zeit «alle Fibern in Bewegung» gesetzt. «Wo vormals<br />
Schlaf und Bewusstlosigkeit, da war jetzt Selbst-<br />
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