Frank M. Hannich Destinationsmarken im Special Interest Tourismus
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Begrenzte Möglichkeiten stehen auch zur Verfügung, um mit der dritten Ebene umzugehen,<br />
indem man z.B. sowohl für Individualtouristen als auch für Pauschaltouristen Angebote bereithält.<br />
Bezieht sich das Abwechslungsbedürfnis der Kunden jedoch auf Dienstleistungsaspekte der<br />
Destination insgesamt, wie Skigebiet, Kultur oder die Destination selbst (zweite Ebene), können<br />
<strong>im</strong> <strong>Tourismus</strong>bereich nur wenige Anbieter, wie überregionale Hotelketten oder große<br />
Reiseveranstalter, aus eigener Kraft darauf reagieren. Aus Sicht eines kleinen oder mittelständischen,<br />
lokalen <strong>Tourismus</strong>anbieters besteht diese Möglichkeit nicht. Es zeigt sich also,<br />
dass gerade für Urlaubsdestinationen und für kleinere und mittlere <strong>Tourismus</strong>unternehmen<br />
das Phänomen Variety-Seeking Behavior ein ernsthaftes Problem darstellt. Zwei denkbare<br />
Strategien, um die unvermeidbaren Kundenverluste zu kompensieren, sind die St<strong>im</strong>ulierung<br />
von Weiterempfehlungen und Kooperationen zur Neukundengewinnung.<br />
Weiterempfehlungen als kostengünstiger Weg, neue Kunden zu gewinnen, werden in der<br />
Literatur zum Beziehungsmarketing intensiv diskutiert. 53 Im <strong>Tourismus</strong> stellen Weiterempfehlungen<br />
die bedeutendste Informationsquelle der Urlauber bei der Wahl von <strong>Destinationsmarken</strong><br />
dar. 54 In der Darstellung der modifizierten Service-Profit-Chain in Abbildung 1 wurde<br />
die Wirkungsweise dieser Mund-zu-Mund-Propaganda bereits dargestellt. Hohe Zufriedenheit<br />
mit der wahrgenommenen Dienstleistungsqualität führt zu einer erhöhten Bereitschaft<br />
zur Weiterempfehlung des Anbieters. 55 Wiederholte Weiterempfehlungen erhöhen zusätzlich<br />
die Reputation des Anbieters. 56 Einige Studien fanden auch einen positiven Zusammenhang<br />
zwischen Kundenbindung <strong>im</strong> Sinne von emotionaler Verbundenheit mit dem Anbieter und<br />
der Bereitschaft zur Weiterempfehlung. 57 Im <strong>Tourismus</strong>kontext würde dies bedeuten, dass es<br />
weniger bedeutend ist, Variety-Seeker zufrieden zu stellen, da sie ja, wie bereits dargestellt,<br />
sowieso nicht gebunden werden können und nach den genannten Studien als nicht loyale<br />
Kunden auch weniger Weiterempfehlungen abgeben. In tourismusspezifischen Studien konnte<br />
die Richtigkeit dieser Überlegungen jedoch nur bedingt nachgewiesen werden. Zwar wurde<br />
grundsätzlich ein negativer Zusammenhang zwischen der Tendenz zum Variety-Seeking und<br />
der Bereitschaft zur Weiterempfehlung festgestellt, den vergleichsweise dominanten Einfluss<br />
auf die Weiterempfehlungsabsicht hatte jedoch die Kundenzufriedenheit. 58 Ganz <strong>im</strong> Gegenteil<br />
wurde <strong>im</strong> <strong>Tourismus</strong>kontext sogar diskutiert, ob Weiterempfehlungen von Variety-<br />
Seekern nicht sogar besonders wertvoll sind. Dies wurde mit empirischen Hinweisen begründet,<br />
dass Variety-Seeking-Touristen gleichzeitig häufig Meinungsführer in ihrem eigenen<br />
sozialen Netzwerk für das Thema Urlaub sind, da sie über ein großes, leistungsspezifisches<br />
53 Anderson (1998); Harrison-Walker (2001); Helm (2000).<br />
54 Bieger & Laesser (2001).<br />
55 Bone (1992); Harrison-Walker (2001).<br />
56 Woratschek & Horbel (2003a).<br />
57 Harrison-Walker (2001).<br />
58 Woratschek & Horbel (2003c).<br />
10