KOS Sachbericht Fanprojekte 2012 - Koordinationsstelle Fanprojekte
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<strong>Sachbericht</strong> Zum Stand der sozialen Arbeit mit Fußballfans <strong>Fanprojekte</strong> <strong>2012</strong> Seite 11<br />
beitragen. Gleichfalls beobachten wir in diesem Kontext<br />
mit großem Unverständnis die Thematisierung der Stehplätze<br />
durch Vertreter von DFL und DFB, die gleichfalls eher<br />
geeignet ist, Konflikte zu verschärfen als zu einer Lösung<br />
beizutragen. Dem Problem der Gewalt im Fußball kann nur<br />
gemeinsam mit den Fans etwas Substantielles entgegengesetzt<br />
werden. <strong>Fanprojekte</strong> können hier eine unverzichtbare<br />
Rolle als Vermittler einnehmen.<br />
Neue Projekte<br />
Erfreulich ist: Seit der letzten Veröffentlichung <strong>Fanprojekte</strong><br />
2010 – <strong>Sachbericht</strong> zum Stand der Sozialen Arbeit mit Fußballfans<br />
sind <strong>Fanprojekte</strong> in Erfurt, Hoffenheim, Münster,<br />
Oberhausen und Osnabrück hinzugekommen. Leider hat<br />
die wohlhabende Stadt Stuttgart in der letzten Sitzung der<br />
Haushaltsberatungen 2011 völlig überraschend die notwendigen<br />
Gelder für ein Fanprojekt wieder gestrichen. Dies<br />
geschah, obwohl ein Arbeitskonzept vorliegt, der Bedarf<br />
deutlich nachgewiesen ist, die Fanszenen der Stuttgarter<br />
Kickers und des VfB Stuttgart mit Nachdruck ein Fanprojekt<br />
fordern, ebenso beide Vereine wie auch große Teile der<br />
Polizei.<br />
Im Gegensatz hierzu ist es der Stadt Leipzig endlich<br />
gelungen, einen angesehenen und verantwortungsvoll<br />
arbeitenden Träger für das dortige Fanprojekt zu finden,<br />
was zu einer erheblichen Professionalisierung der lokalen<br />
pädagogischen Arbeit geführt hat.<br />
Die prekäre Situation der meisten kommunalen Haushalte<br />
wird in der Zukunft den Aufbau weiterer <strong>Fanprojekte</strong><br />
deutlich erschweren, da die <strong>Fanprojekte</strong> zu den sogenannten<br />
„freiwilligen Leistungen“ der Kommunen gezählt werden,<br />
diese aber vielerorts schon an der Aufrechterhaltung<br />
der gesetzlich zu garantierenden Leistungen scheitern. Aus<br />
diesem Grund wäre es zu begrüßen, wenn die Finanziers der<br />
Fanprojektarbeit sich über mögliche Modifikationen innerhalb<br />
des Drittelfinanzierungsmodells verständigen könnten,<br />
um die kommunalen Haushalte zu entlasten. Natürlich<br />
nur unter der Voraussetzung, Kommunen und Bundesländer<br />
so – auch finanziell – nicht aus der Verantwortung zu<br />
entlassen.<br />
Michael Gabriel liefert den Input der <strong>KOS</strong> beim jährlichen Trägertreffen<br />
in Frankfurt<br />
<strong>Fanprojekte</strong> als große Chance<br />
Mit der Einrichtung eines Fanprojekts steigen die Aussichten,<br />
die vielfältigen positiven Potenziale der jugendlichen<br />
Fankultur für die Jugendlichen, aber auch für die<br />
Gesellschaft und den Fußballsport zu nutzen. Dies ist die<br />
große Chance, die mit einem Fanprojekt verbunden ist.<br />
Betrachtet man die großen Fußballnationen der Welt, so<br />
ist genau das auch die Einzigartigkeit der bundesdeutschen<br />
Herangehensweise. In England können es sich Jugendliche<br />
und weniger gut Verdienende wegen der hohen Eintrittspreise<br />
nicht mehr leisten, Fußballspiele live zu besuchen.<br />
In Italien wurde die Fankultur von Vereinen nie konstruktiv<br />
eingebunden, sondern ausschließlich und immer intensiver<br />
repressiv bekämpft, was zu Gewalt und Rassismus ebenso<br />
beigetragen hat wie zu einem Zuschauerschwund. In<br />
Deutschland hingegen tragen die vielen jugendlichen Fans<br />
auf den Stehplätzen der Stadien mit ihrem kreativen Support<br />
zur hohen Attraktivität des Fußballs und den entsprechenden<br />
Zuschauerzahlen bei.<br />
Weil der ehemalige Präsident des Deutschen Fußball-<br />
Bundes, Dr. Theo Zwanziger, dies verstanden hat, zeigte er<br />
sich als großer Unterstützer der Fanarbeit. „Wenn es die<br />
<strong>Fanprojekte</strong> nicht schon gäbe, so müssten sie erfunden<br />
werden!“, sagte er im November 2008 im Sportausschuss<br />
des Deutschen Bundestages. Aber auch unter dem neuen<br />
Präsidenten Wolfgang Niersbach, der den Kampf gegen Gewalt<br />
und Rassismus im Fußball als Schwerpunktaufgaben<br />
für seine Amtszeit benannt hat, werden sich die <strong>Fanprojekte</strong><br />
auf eine enge und vertrauensvolle Unterstützung des DFB<br />
verlassen können. Die Wirkung der pädagogischen Arbeit<br />
der <strong>Fanprojekte</strong> reicht jedoch weit über den Fußball hinaus.<br />
Sie unterstützt mithilfe der verbindenden Wirkung des Fußballs<br />
und seiner besonderen Fankultur die demokratische<br />
Erziehung vieler Jugendlicher, und zwar auch solcher junger<br />
Menschen, die über andere Einrichtungen nicht erreichbar<br />
sind. Somit leistet die Fanarbeit einen wichtigen Beitrag für<br />
das gesamte demokratische Gemeinwesen. Wir hoffen darauf,<br />
dass sich diese Erkenntnis auch aufseiten der politisch<br />
Verantwortlichen mehrheitlich und parteienübergreifend<br />
durchsetzt.