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Handbuch um.welt - Projekt Um.Welt

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Zusammenhang Biodiversität und Klima mit Kultureller Vielfalt<br />

Der Begriff Kultur stammt von den lateinischen Wörtern cultura, das mit Landwirtschaft/Bebauung/Pflege<br />

übersetzt wird und dem lateinischen Verb colere, ‚wohnen’/‚pflegen’/‚den Acker bestellen’.<br />

Bereits in dieser Herkunft liegt das besondere Verhältnis von Kultur und Natur begründet.<br />

Kultur ist zielgerichtete Veränderung und Einflussnahme auf die Natur. Daraus ergibt sich die Veränderung<br />

des einen mit dem anderen: verändert sich durch etwa den Klimawandel die Landschaft,<br />

das Wetter, die Natur, muss die ansässige Gruppe, die diese bearbeitet, darauf kulturelle Antworten<br />

finden. Dies können neue landwirtschaftliche Strategien sein oder aber auch die Migration an einen<br />

anderen Ort.<br />

Nehmen wir als Beispiel die rund 30 indigenen Gruppen der Arktis, sie leben seit Jahrhunderten<br />

von der Jagd auf Eisbären, Walrosse und Robben, von der Rentierhaltung, vom Fischfang und Sammeln.<br />

Seit Jahrhunderten haben sie ihre Lebensweise den sich wandelnden <strong>Um</strong><strong>welt</strong>bedingungen<br />

anzupassen gewusst. Der Klimawandel verändert ihren Lebensra<strong>um</strong> jedoch so rasant, grundlegend<br />

und zerstörend, dass eine Anpassung ka<strong>um</strong> möglich erscheint. Die Indigenen nördlich des Polarkreises<br />

müssen beobachten, wie die Eisbären verhungern und bestimmte Pflanzenarten nicht mehr<br />

wachsen. Die Winter sind kürzer und wärmer geworden, Gletscher ziehen sich zurück oder tauen<br />

gänzlich ab, und Menschen sterben, weil ihre vertrauten Wege durch die dünner gewordene Eisdecke<br />

nicht mehr sicher sind. 28<br />

Die artenreichsten Regionen der Erde – „Megazentren Biologischer Vielfalt“ – sind auch jene Gebiete,<br />

in denen die größte Kulturelle Vielfalt besteht – gemessen z<strong>um</strong> Beispiel an den indigenen Gruppen,<br />

die dort leben, oder den Sprachen, die in diesen Gegenden gesprochen werden. Es leben also<br />

viele (meist) indigene Völker in den biodiversitätsreichen Regionen unserer Erde. Dies kann kein<br />

Zufall sein und so wird gleich klar, dass eine enge Beziehung zwischen Biologischer und Kultureller<br />

Vielfalt besteht. Gerade in den tropischen Regenwäldern, wo über die Hälfte aller Pflanzen- und<br />

Tierarten vermutet wird, leben zahlreiche indigene Völker unterschiedlicher Größe, Sprache und<br />

Kultur.<br />

Man knüpft an das „traditionelle Wissen“ dieser Völker die Hoffnung, dass es wichtige Einsichten<br />

über Zusammenhänge und Bestandteile der Biologischen Vielfalt enthält. Da mit Schrecken erkannt<br />

wurde, dass angesichts fortschreitender <strong>Um</strong><strong>welt</strong>zerstörung diese enorme Vielfalt zunehmend von<br />

der Erde verschwinden wird, bevor Botanik, Zoologie, Ökologie etc. sie ausreichend erforschen können.<br />

Man erhofft sich zudem Einblicke in Praktiken, die für den Schutz und die nachhaltige Nutzung<br />

der Biologischen Vielfalt von Interesse sind. Immerhin verstehen es viele indigene Völker, mit und<br />

von der Biologischen Vielfalt zu leben, ohne sie zu zerstören. Sie verfügen meist über sehr spezifisches<br />

lokales botanisches Wissen, das sie beispielsweise für die traditionelle Medizin nutzen. Sterben<br />

die Kulturen aus, geht auch ihr Wissen verloren. Ansätze z<strong>um</strong> Schutz der Biodiversität sollten<br />

sich daher auch dar<strong>um</strong> bemühen, die Vielfalt an Kulturen zu erhalten.<br />

Ein großer Zusammenhang zwischen Biodiversität und kultureller Vielfältigkeit sind die gemeinsamen<br />

Gefahren, denn wo die Biologische Vielfalt bedroht ist, ist es auch die Kulturelle. Die Verluste<br />

haben meist dieselben Ursachen. Es gibt globale Trends, die meist beide Formen der Diversität<br />

schwinden lassen. Im Wesentlichen sind es Tendenzen der Globalisierung und der Modernisierung:<br />

28 Gesellschaft für bedrohte Völker (2005): ‚Wenn ihnen der Boden unter den Füßen schmilzt...‘.<br />

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