Handbuch um.welt - Projekt Um.Welt
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Es ist alles gesagt. Wir wissen beinahe alles und können uns über alles informieren. War<strong>um</strong> geschieht<br />
trotzdem so wenig? War<strong>um</strong> gibt es weder einen nationalen noch einen internationalen Aufschrei<br />
gegen die Zerstörung unserer Biologischen und Kulturellen Vielfalt angesichts des Klimawandels?<br />
War<strong>um</strong> kümmert es uns nicht, dass die Ärmsten der Armen, die nichts zur Klimakatastrophe<br />
beigetragen haben, die Ersten sind, die an den Folgen leiden?<br />
<strong>Um</strong> zu Antworten auf all diese Fragen zu kommen, sind wahrscheinlich zunächst die folgenden zu<br />
beantworten: Wie viel ist genug? Wird es nicht Zeit, dass wir darauf achten, gut zu leben statt viel<br />
zu haben?<br />
Zwischen Bedürfnissen und Bedürfnisbefriedigung gibt es keine unveränderbaren Beziehungen.<br />
Vielmehr werden in verschiedenen Kulturen unterschiedliche Formen der Befriedigung für die gleichen<br />
menschlichen Grundbedürfnisse entwickelt. In unserer Kons<strong>um</strong>gesellschaft bleiben so manche<br />
Grundbedürfnisse unbefriedigt, weil die Werbung den Kons<strong>um</strong>entInnen hartnäckig den Irrt<strong>um</strong><br />
vermittelt, man könne fast alle Bedürfnisse durch Kons<strong>um</strong> befriedigen. Hinzu kommt, dass wir in<br />
der Regel unseren Kons<strong>um</strong> mit einem hohen Preis bezahlen: Wir kümmern uns nicht <strong>um</strong> die Produktionsbedingungen<br />
und akzeptieren so <strong>um</strong><strong>welt</strong>- und sozial schädliche Bedingungen.<br />
Doch auch dieser Zustand ist nicht festgeschrieben. Kultureller Wandel ist möglich. Wir können<br />
„Ja“ sagen zu klima- und <strong>um</strong><strong>welt</strong>freundlichen Produkten und uns entscheiden, global gerecht zu<br />
handeln. Wir können beim Einkauf darauf achten, ökologisch und fair produzierte Waren zu wählen.<br />
Auch ist es bei vielen Gütern möglich, vom Verbrauch z<strong>um</strong> Gebrauch, vom Besitzen z<strong>um</strong> Nutzen<br />
überzugehen: Viele Dinge werden nur selten genutzt, aber mit hohem Energie- und Materialverbrauch<br />
hergestellt. Werkzeuge, Waschmaschinen, Staubsauger und Autos gehören zur Standardausrüstung<br />
der allermeisten Haushalte. Der eigentliche Nutzen aber besteht nicht im Besitz, sondern in<br />
der Dienstleistung, die der Gegenstand erbringt. Gemeinsam nutzen statt allein besitzen, kann ein<br />
Motto der Zukunft sein.<br />
„Gucken, denken, handeln: To make the world a better place. Nicht durch Moral und Verzicht,<br />
sondern durch die eigene geschärfte Wahrnehmung, mit Lust und Leidenschaft am eigenen Tun<br />
und am besseren Miteinander und Leben.“1 „Verzichten“ ist heute im Grunde mit diesen Qualitäten<br />
verbunden: langsamer, weniger, besser, schöner – und im Ergebnis ein Gewinn. Das Ziel ist ein<br />
qualitativ anderes Wachst<strong>um</strong> als die Steigerung des Bruttosozialprodukts. Glück vermehren, sich<br />
<strong>um</strong> ein besseres Leben kümmern, die Fülle von sozialen Beziehungen genießen, mit Solarwärme<br />
duschen, regional einkaufen, schöner wohnen mit ökologisch unbedenklichen Materialien, im interkulturellen<br />
Garten arbeiten: überall hier können z. B. die Grenzen des Wachst<strong>um</strong>s überschritten<br />
werden. „Die <strong>Welt</strong> hat genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier“, sagte<br />
Mahatma Gandhi.<br />
1 Goehler, Adrienne: Wir brauchen nicht Moral und Verzicht, sondern Lust und Leidenschaft. In: zur nachahmung empfohlen!<br />
Expeditionen in ästhetik und nachhaltigkeit. Adrienne Goehler (Hrsg.) Hatje Contz Verlag 2010, S. 128.<br />
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