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Handbuch um.welt - Projekt Um.Welt

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ten, ist ein Beleg für die zuvor gendergerechten Sozialstrukturen. Darüber hinaus hatten Frauen<br />

durch ihre Rolle als Nahrungs-Beschaffende einen hohen Status und Einfluss in den Gemeinschaften.<br />

Diese Strukturen wurden nun dadurch beschädigt, dass die Frauen für das tägliche Überleben<br />

von den Gehaltschecks der Männer abhingen. 49 Dazu kam, dass mit der Einführung des Geldes<br />

auch der Alkoholismus in der Region Ts<strong>um</strong>kwe deutlich zunahm und damit eine Zunahme häuslicher<br />

Gewalt gegen Frauen einherging. 50<br />

Den Ju/‘Hoansi, ihrer traditionellen Daseinswege beraubt, wurde nun im Rahmen internationaler<br />

Entwicklungshilfe „Hilfe zur Selbsthilfe“ angeboten. Mit Hilfe von Cattle Funds („Viehfonds“) sollte<br />

den Menschen geholfen werden, landwirtschaftliche Gemeinschaften für eine Subsistenzwirtschaft<br />

aufzubauen und sich zu organisieren, <strong>um</strong> in dem, was von Ost-Buschmannland noch irgendwie<br />

übrig war, zu überleben. 51 Über die Reaktionen der südafrikanischen Verwaltung gegenüber dem<br />

Cattle Fund ist in der Literatur nichts zu finden. Aber es ist zu vermuten, dass sie die Bestrebungen<br />

ignorierte, da sie den Plänen der Regierung, die Ju/‘Hoansi zu „zähmen“ – z. B. Tierhaltung als Ersatz<br />

für das Jagen und Sammeln einzuführen – zuwider liefen.<br />

Die Pläne des Cattle Fund zur Dezentralisierung, die vermutlich die Dynamik der Nyae Nyae Farmers<br />

Cooperative („Farmer-Kooperative von Nyae Nyae“) ein paar Jahre später auslösten, waren allerdings<br />

nicht ohne Probleme. Natürliche Hindernisse waren z. B. die Löwen, die den Herden auflauerten,<br />

Elefanten, die wiederholt die Dornenbusch<strong>um</strong>zäunungen und Wasserp<strong>um</strong>pen zerstörten und<br />

Termiten, die die Holzhäuser auffraßen. Auch der Zugang zu Wasser war ein Thema. In manchen<br />

Gegenden gab es keine Bohrlöcher, in anderen verbot die Verwaltung von Namibia den Ju/‘Hoansi<br />

neue P<strong>um</strong>pen zu bauen oder schon bestehende zu reparieren. Trotzdem erzielte der Cattle Fund<br />

einige Erfolge. Claire Ritchie berichtete von den neu gegründeten Cattle Posts („Viehhaltungsposten“),<br />

dass die Menschen Milchprodukte aßen und zunehmend wieder jagten und sammelten. 52<br />

Auch wenn der erste Versuch, die Menschen in der Nyae Nyae Region politisch zu mobilisieren von<br />

natürlichen und administrativen Beschränkungen erschwert wurde, half er ihnen doch, zu ihren<br />

n!oresi zurückzukehren und weckte bei ihnen wieder die Vorstellungen von ihrem eigenen Land.<br />

Dies sollte ihnen später in ihrem Kampf <strong>um</strong> Landrechte auf der Grundlage ihrer neuen Subsistenzwirtschaft<br />

helfen.<br />

Die aktuelle Landsituation<br />

Die momentane Landverteilungspolitik in Namibia ist ein komplexes Feld, das viele, wenn nicht alle<br />

BewohnerInnen des Landes beschäftigt. Während der Zeit der Apartheid wurden ethnische Gruppen<br />

von ihren traditionellen Gebieten vertrieben und in Homelands angesiedelt. In diesen Gebieten<br />

wurde auf Kosten der ursprünglichen Bevölkerung in erster Linie Nahrung für die weiße Bevölkerung<br />

angebaut. In einem Versuch, die Fehler der Vergangenheit wieder gutz<strong>um</strong>achen, verfolgt die<br />

neue Regierung von Namibia nun eine Politik der Verstaatlichung und <strong>Um</strong>verteilung. Dabei werden<br />

49 Becker, Heike (2003): The Least Sexist Society? Perspectives on Gender, Change and Violence among southern African San.<br />

Journal of Southern African Studies 29 (1), S.19.<br />

50 Ebd. S. 12.<br />

51 Hitchcock, Robert (1996): Kalahari Communities: Bushmen and the Politics of the Environment in Southern Africa. International<br />

Work Group for Indigenous Affairs Doc<strong>um</strong>ent no. 79. Copenhagen, IWIGA, S. 54.<br />

52 Ritchie, Claire (1986): From Foragers to Farmers: The Ju/wasi of Nyae Nyae Thirty Years On. In: M. Biesele / R. Gordon / R.<br />

Lee (Hrsg.): The Past and Future of !Kung Ethnography: Critical Reflections and Symbolic Perspectives Essays in Honour of<br />

Lorna Marshall. (Quellen zur Khoisan Forschung 4). Hamburg: Helmut Buske Verlag, S. 319.<br />

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