Handbuch um.welt - Projekt Um.Welt
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„Es reicht offenbar nicht, Dinge eindringlich und moralisierend zu verbreiten, auch wenn sie<br />
hochgradig brisant sind. Man muss andere Formen der Kommunikation wählen, weil die reine<br />
Information offensichtlich nicht ausreicht, unser Verhalten zu ändern, selbst wenn es dringend<br />
notwendig ist: Wir neigen dazu, unsere Realität ständig mit der sich verändernden Wirklichkeit<br />
nach zu justieren. <strong>Um</strong><strong>welt</strong>psychologen nennen dieses Phänomen „shifting baselines“. Dabei halten<br />
Menschen immer jenen Zustand ihrer <strong>Um</strong><strong>welt</strong> für den „natürlichen“, der mit ihrer Lebens- und<br />
Erfahrungszeit zusammenfällt. Veränderungen der sozialen und physischen <strong>Um</strong><strong>welt</strong> werden nicht<br />
absolut, sondern immer nur relativ z<strong>um</strong> eigenen Beobachtungsstandpunkt wahrgenommen.“ 4<br />
Gegen diese „Alltagstrance“ hilft die Lust und Leidenschaft am Mit-Gestalten – wann und wo immer<br />
sich die Gelegenheit bietet. Es wird einerseits keinen dauerhaften wirtschaftlichen und gesellschaftlichen<br />
Fortschritt ohne intakte <strong>Um</strong><strong>welt</strong> geben und andererseits kann die <strong>Um</strong><strong>welt</strong> nicht effektiv<br />
geschützt werden, wenn Menschen <strong>um</strong> ihr tägliches Überleben kämpfen müssen. <strong>Um</strong><strong>welt</strong>,<br />
Wirtschaft und Gesellschaft beeinflussen sich gegenseitig. Auf allen Ebenen – ob vor der eigenen<br />
Haustür, beim täglichen Einkauf oder im Rahmen der großen Politik – trifft jeder Mensch täglich<br />
Entscheidungen, die einen Einfluss darauf haben, ob beispielsweise Menschenrechte beachtet werden<br />
oder die <strong>Um</strong><strong>welt</strong> geschützt wird.<br />
Wir können wählen, ob wir den Kaffee trinken, der unter fairen Bedingungen verarbeitet wird oder<br />
das T-Shirt kaufen, das ohne Kinderarbeit und <strong>um</strong><strong>welt</strong>gefährdende Chemikalien hergestellt wurde.<br />
Ob wir mit dem Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Auto zur Arbeit fahren.<br />
Wir haben als Kons<strong>um</strong>entInnen Einfluss auf die Produktionsbedingungen – und wenn wir uns alle<br />
für eine nachhaltige und faire Produktionsweise entscheiden würden, dann gäbe es eben auch keine<br />
andere mehr.<br />
„Unsere Kons<strong>um</strong>- und Marktwirtschaft beruht auf der Idee, dass man Glück kaufen kann, wie man<br />
alles kaufen kann. Und wenn man kein Geld bezahlen muss für etwas, dann kann es einen auch<br />
nicht glücklich machen. Dass Glück aber etwas ganz anderes ist, was nur aus der eigenen Anstrengung,<br />
aus dem Inneren kommt und überhaupt kein Geld kostet, dass Glück das „Billigste“ ist, was<br />
es auf der <strong>Welt</strong> gibt, das ist den Menschen noch nicht aufgegangen.“ Erich Fromm 5<br />
Klimaschutz lebt vom Mitmachen – und wenn jede/r von uns sich an einer Sache beteiligen würde,<br />
würde wirklich „ein Ruck durchs Land gehen“. Wir würden dabei nicht nur uns selber, sondern allen<br />
anderen Lebewesen helfen, denn im Grunde gibt es keine Trennungen. Alles, was wir hier und<br />
heute tun oder lassen, hat Einfluss auf die Lebens- und Zukunftsmöglichkeiten auch weit entfernt<br />
lebender Menschen.<br />
Die Ju/‘Hoansi aus Namibia sind uns in Deutschland vor allem wegen Biopiraterie bei der Teufelskralle<br />
bekannt geworden – eine Medizinpflanze, die sich bei uns großer Beliebtheit erfreut und<br />
unkontrolliert von Pharmakonzernen bzw. deren Agenten entnommen wird.<br />
4 Welzer, Harald (2010): Es kommt unweigerlich z<strong>um</strong> Clash. In: zur nachahmung empfohlen! Expeditionen in ästhetik und<br />
nachhaltigkeit. Adrienne Goehler (Hrsg.) Hatje Contz Verlag, S. 141.<br />
5 Fromm, Erich (2005): Vom Haben z<strong>um</strong> Sein: Wege und Irrwege der Selbsterfahrung. O.S.<br />
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