Heiligung des IrdischenDie Problematik der pantheistischen Weltsichtund ihre Auflösung im Denken der deutschen KlassikPeter BerneH. Keßler schreibt in seiner im <strong>Albert</strong> <strong>Schweitzer</strong> <strong>Rundbrief</strong> Nr. 93 erschienenenRezension über Hans Lenks Buch „<strong>Albert</strong> <strong>Schweitzer</strong> – Ethik als konkreteHumanität“:„In den Tropennächten von Lambarene hat er über 2000 Seiten philosophischerKommentare und Entwürfe angehäuft, aber die Kluft zwischen ,dem vorfindlichenGesetz des Dschungels in der Natur und den Forderungen derMoral, die wir in der Natur nicht finden können, in ein rationalistischesGesamtkonzept zu bringen, die Ethik von einem obersten Prinzip herzuleitenund dieses Prinzip vernünftig aus der Natureinordnung zu begründen‘, dasVorhaben <strong>Schweitzer</strong>s ist gescheitert.“ 1Das Problem, auf das Herr Keßler hier anspielt, entsteht aus dem offenkundigenGegensatz zwischen dem Naturgeschehen, das wir als nicht ethisch erleben,und dem im Innersten unserer eigenen Seele erlebten Drang nach ethischemHandeln. Man könnte es auch formulieren als den Gegensatz zwischendem Gott der Natur und dem Gott in unserem Inneren. Dieses Problem war für<strong>Schweitzer</strong>, wie wir seit der Veröffentlichung seines Nachlasses wissen, vonelementarer, ja existentieller Wichtigkeit. Denn der Pantheismus war für ihn,wie zahlreiche Äußerungen bezeugen, diejenige religiöse Weltsicht, welcheam ehesten imstande wäre, den Geist des modernen Menschen zu befriedigen.Doch nur, wenn es gelänge, den Pantheismus, der die Welt als Offenbarung desGöttlichen ansieht, mit der Vorstellung eines ethischen Gottes in Einklang zu22
ingen, könnte ein Weltbild entstehen, das wir als denkende Menschen vollannehmen können; und nur ein solches Weltbild wäre imstande, jene allerhöchsteWeltbejahung zu begründen, welche die Voraussetzung für die von<strong>Schweitzer</strong> geforderte grenzenlose ethische Verantwortung bildet. Wie ein verzweifelterAufschrei klingt es deshalb, wenn er schreibt:„Warum gehen Naturgesetz und Sittengesetz so auseinander? Warum kannunsere Vernunft nicht einfach übernehmen und fortbilden, was ihr als Äußerungdes Lebens in der Natur entgegentritt, sondern muss mit ihrem Erkennenin einen so ungeheueren Gegensatz zu allem, was sie sieht, kommen? Warummuss sie ganz andere Gesetze in sich entdecken als die, die die Welt regieren?Warum muss sie mit der Welt zerfallen, wo sie den Begriff des Guten erreicht?(...) Und weiter. Gott ist die Kraft, die alles erhält. Warum ist der Gott, der sichin der Natur offenbart, die Verneinung von allem, was wir als sittlich empfinden,nämlich zugleich sinnvoll Leben aufbauende und sinnlos Leben zerstörendeKraft? Wie bringen wir Gott, die Naturkraft, in eins mit Gott, demsittlichen Willen, dem Gott der Liebe...?“ 2Der fundamentale Unterschied zwischen dem Naturgeschehen und den Anforderungender Ethik bestand für <strong>Schweitzer</strong> vor allem darin, dass die Naturzwar um die Erhaltung und Steigerung des Lebens als Ganzheit besorgt ist,jedoch mit den einzelnen Erscheinungen dieses Lebens rücksichtslos und mitscheinbar sinnloser Verschwendung umgeht, wogegen unser ethisches Empfindenuns dazu drängt, voller Aufopferung für jedes einzelne Lebewesen zusorgen. Wenn man nun die Tausende von Seiten seines Nachlasses durchliest,so gewinnt man am Ende tatsächlich den Eindruck, als ob er mit dem hierdurchaufgeworfenen Problem nicht fertig geworden sei. Trotzdem darf man sein23
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