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wur<strong>de</strong>, wenngleich sich seine Tagebuchnotizen<br />
über die Zeit seines „Urlaubs“<br />
ausschweigen. Damit führt <strong>de</strong>r<br />
Film <strong>de</strong>n Zuschauer auch in eine sehr<br />
konkrete historische Situation, die ihm<br />
nicht nur seinen Rahmen gibt, son<strong>de</strong>rn<br />
für die Erzählung konstitutiv ist.<br />
2.1 Katholische Kirche und<br />
Nationalsozialismus<br />
Die zentrale und schwierige Frage<br />
für die katholische Kirche im Nationalsozialismus<br />
war weniger, wie die nazistische<br />
I<strong>de</strong>ologie aus christlicher Sicht<br />
zu beurteilen wäre – hier gab es schon<br />
sehr früh <strong>de</strong>utliche Ablehnung –, son<strong>de</strong>rn<br />
– auf einer sehr konkret politischen<br />
Ebene – in welches Verhältnis sich die<br />
Kirche zu <strong>de</strong>n Nationalsozialisten als<br />
Machthabern bzw. Besatzungsmacht<br />
setzen sollte. Welche Position sollte bzw.<br />
konnte in offiziellen kirchlichen Äußerungen<br />
– sei es auf <strong>de</strong>r Ebene päpstlicher<br />
Stellungnahmen, wie etwa <strong>de</strong>r Enzyklika<br />
„Mit brennen<strong>de</strong>r Sorge“, auf<br />
<strong>de</strong>r Ebene von Erklärungen einer Bischofskonferenz,<br />
Hirtenbriefe eines<br />
Bischofs bis hin zu Predigten einzelner<br />
Priester – eingenommen wer<strong>de</strong>n? Dabei<br />
kam <strong>de</strong>r Frage, welche Auswirkungen<br />
solche Verlautbarungen sowohl<br />
auf das Verhalten und Leben <strong>de</strong>r Gläubigen<br />
vor Ort wie auf mögliche Reaktionen<br />
<strong>de</strong>r Machthaber haben könnten,<br />
zentrales Gewicht zu. Gab es innerhalb<br />
<strong>de</strong>s Deutschen Reiches seit Abschluss<br />
<strong>de</strong>s Reichskonkordats 1933 dafür einen<br />
– wie auch immer fragwürdigen bzw.<br />
problematischen – staatsrechtlichen<br />
Rahmen, so war die Frage in <strong>de</strong>n besetzten<br />
Gebieten offener.<br />
Mit <strong>de</strong>r Figur <strong>de</strong>s Abbé Henri Kremer<br />
stellt Schlöndorff einen katholischen<br />
Priester vor, <strong>de</strong>ssen ablehnen<strong>de</strong><br />
Haltung zum Nationalsozialismus unverkennbar<br />
ist, und die wohl auch in<br />
entsprechen<strong>de</strong> Handlungen umgesetzt<br />
wur<strong>de</strong>. Aber auch seine Erwartungen<br />
an die Leitung seiner Kirche sind ein<strong>de</strong>utig:<br />
Ein klares Wort aus Rom vor allem<br />
zur Ju<strong>de</strong>nfrage.<br />
An<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r Luxemburger Bischof<br />
Philippe. Obschon auch an seiner ab-<br />
lehnen<strong>de</strong>n Haltung kein<br />
Zweifel bestehen kann<br />
(Gebhardt konzediert:<br />
„Lei<strong>de</strong>r verweigert ihr<br />
Bischof seine Mithilfe“;<br />
Bischof: „Alles, was<br />
in <strong>de</strong>r Enzyklika ‚Mit<br />
brennen<strong>de</strong>r Sorge‘ verkün<strong>de</strong>t<br />
wur<strong>de</strong>, ist eingetreten.<br />
Der Nationalsozialismus<br />
ist hochmütig<br />
von Jesus Christus abgefallen.<br />
Rasse und Blut<br />
wer<strong>de</strong>n vergötzt.“; das<br />
intensive Vertrauensverhältnis<br />
von Kremer und<br />
Bischof: „Exzellenz, ich<br />
konnte immer zu Ihnen<br />
kommen ...“), wählt er<br />
einen an<strong>de</strong>ren Weg, <strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r Verweigerung und<br />
<strong>de</strong>s zeichenhaften Protestes:<br />
Er verweigert jeglichen<br />
Kontakt zu <strong>de</strong>n<br />
Machthabern („Er hat<br />
sich entschlossen, keinerlei<br />
Kontakt mit <strong>de</strong>r Besatzungsmacht<br />
zu halten“ und verlässt das Haus<br />
nicht mehr.) und lässt „als Zeichen <strong>de</strong>s<br />
Wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>s und <strong>de</strong>s Protestes je<strong>de</strong>n<br />
Tag die große Domglocke läuten“. Dieser<br />
Protest wird von <strong>de</strong>n Menschen auch<br />
verstan<strong>de</strong>n („Die Gottesdienste sind gut<br />
besucht.“). Einen offenen Protest hingegen<br />
lehnt er ab, weil er als Reaktion <strong>de</strong>r<br />
Besatzungsmacht drakonische Maßnahmen<br />
gegenüber <strong>de</strong>r katholischen Bevölkerung<br />
fürchtet. (Er nennt Kremer gegenüber<br />
das Beispiel <strong>de</strong>s holländischen<br />
Hirtenbriefes und seiner Folgen. 1 )<br />
Der <strong>Bistum</strong>ssekretär Generalvikar<br />
Mersch scheint hingegen mit <strong>de</strong>n Nationalsozialisten<br />
zu kooperieren (Für<br />
eine Audienz soll sich Kremer an ihn<br />
wen<strong>de</strong>n: „Ein kluger Mann, wenn es<br />
ihm auch etwas an Einfluss zu mangeln<br />
scheint“; er empfielt Kremer, auf Gebhardt<br />
zu hören: „Seien Sie klug, Henri.<br />
Hören Sie zu, was Gebhardt Ihnen zu<br />
sagen hat!“). Er verspricht sich von einer<br />
Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n Machthabern<br />
offenbar mehr Sicherheit für die<br />
Katholiken wie auch ein „Überleben“<br />
<strong>de</strong>r Katholischen Kirche als Institution<br />
„DER NEUNTE TAG“ © Cinetext<br />
(„Die Kirche steht vor einer politischen<br />
Zerreißprobe. Von unserer Haltung<br />
hängt es ab, ob noch mehr Menschen<br />
sterben müssen. Wenn wir <strong>de</strong>n Deutschen<br />
entgegenkommen, können wir<br />
mehr erreichen, als wenn wir uns verweigern.“).<br />
Charakteristisch für <strong>de</strong>n<br />
Film ist, dass sich in seinem Figurenpersonal<br />
kein Vertreter eines „christlichen<br />
Nationalsozialismus“ fin<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>n<br />
es zumin<strong>de</strong>st in Deutschland durchaus<br />
gegeben hat.<br />
Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite stehen zwei<br />
Figuren als Exponenten nationalsozialistischer<br />
Haltungen: Gauleiter Simon<br />
glaubt nicht daran, dass von Seiten Roms<br />
aus offener Wi<strong>de</strong>rstand zu erwarten ist.<br />
Das Konkordat sowie das diplomatische<br />
Verhalten Pius XII. sind für ihn Zeichen,<br />
dass die Gefahr, dass durch eine<br />
vatikanische Erklärung – etwa gegen <strong>de</strong>n<br />
Holocaust – das Wi<strong>de</strong>rstandspotential<br />
innerhalb <strong>de</strong>r katholischen Bevölkerung<br />
o<strong>de</strong>r auch im nicht besetzen Ausland<br />
wachsen wür<strong>de</strong>, gebannt ist: „Bisher<br />
hat Pius <strong>de</strong>m Führer noch je<strong>de</strong>s Jahr<br />
zum Geburtstag gratuliert und ihn mit<br />
‚Hochverehrter Herr Adolf Hitler‘ an-<br />
<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />
UNTERRICHTSPRAXIS<br />
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Religion & Populär-Kultur