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INFO - service.bistumlimburg.de - Bistum Limburg

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von Orsbeck durch die gegenreformatorischeren<br />

Kapuziner (1680) ersetzt<br />

wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r 1688-91 an <strong>de</strong>r gotischen<br />

Kirche errichteten Wallfahrtskapelle<br />

wird bis heute ein in dieser Zeit<br />

aus Babenhausen beschafftes Gna<strong>de</strong>nbild<br />

bewahrt (15.Jh.). Die Min<strong>de</strong>rbrü<strong>de</strong>r<br />

bewirken einen großen Aufschwung<br />

<strong>de</strong>r Wallfahrt – trotz <strong>de</strong>r exponierten<br />

Lage <strong>de</strong>s Ortes in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>r reformierten<br />

Nie<strong>de</strong>rgrafschaft Katzenelnbogen<br />

(Hessen). Diese wirkt sich sogar<br />

auf <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>sherrn <strong>de</strong>s Gebietes aus.<br />

Der Konvertit Ernst von Hessen-Rheinfels-Rothenburg<br />

lässt sich nach seinem<br />

Tod (1693) in <strong>de</strong>r Wallfahrtskirche begraben.<br />

Zeitweise waren die Wallfahrer<br />

durch die kriegerischen Ereignisse<br />

<strong>de</strong>s pfälzischen Erbfolgekriegs bedroht,<br />

konnten <strong>de</strong>r Bedrohung jedoch durch eine<br />

Fußwallfahrt auf <strong>de</strong>r rechtsrheinischen<br />

Seite statt <strong>de</strong>r Schiffswallfahrt entgehen.<br />

Das 18. Jahrhun<strong>de</strong>rt bringt mit einer<br />

1704 durch Papst Clemens XI. ausgestellten<br />

Ablassurkun<strong>de</strong> weiteren Aufschwung.<br />

Ab Mitte <strong>de</strong>s Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />

wur<strong>de</strong>n regelmäßig 62 Prozessionen mit<br />

bis zu 40.000 Kommunikanten gezählt.<br />

Ein Mirakelbuch <strong>de</strong>r Jahre 1681-1789<br />

bezeugt das hohe Interesse und ist ein<br />

seltenes Zeugnis <strong>de</strong>r Volksreligiosität.<br />

Die aufklärerische Kritik brachte<br />

jedoch En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahrhun<strong>de</strong>rts einen<br />

Umschwung. Pfarrwallfahrten mussten<br />

teilweise umgeleitet wer<strong>de</strong>n. So wur<strong>de</strong><br />

die Camberger Pfarrwallfahrt nach<br />

Bornhofen wegen „dabey stattgehabter<br />

Unordnung und Mißbräuchen“ ab 1785<br />

auf <strong>de</strong>n innerhalb <strong>de</strong>r Pfarrgrenzen<br />

Cambergs liegen<strong>de</strong>n, neu geschaffenen<br />

Wallfahrtsort Schwickershausen umgewidmet.<br />

Ab 1807 betrieb die neue<br />

nassauische Regierung die Aufhebung<br />

von Wallfahrt und Kloster und schloss<br />

dies 1813 mit <strong>de</strong>r Vertreibung <strong>de</strong>r Kapuziner<br />

ab. Selbst in <strong>de</strong>r Verbotszeit<br />

<strong>de</strong>r Wallfahrt 1813-1821 kamen jedoch<br />

Wallfahrten an <strong>de</strong>n einst berühmten<br />

Ort. Schon ab 1821 konnte man daher<br />

zuerst in Nassau wie<strong>de</strong>r gedul<strong>de</strong>te<br />

Wallfahrten durchführen. Mit <strong>de</strong>m Kauf<br />

<strong>de</strong>s alten Kapuzinerklosters durch Bischof<br />

Blum 1850 und <strong>de</strong>r Berufung von<br />

Re<strong>de</strong>mptoristen nach Bornhofen nor-<br />

malisierte sich <strong>de</strong>r Wallfahrtsbetrieb<br />

auf ein Niveau vor <strong>de</strong>r Aufklärung. Im<br />

Jahr 1852 zählte man schon wie<strong>de</strong>r 79<br />

Prozessionen und 18.400 Kommunionen.<br />

Der Kulturkampf brachte 1873 eine<br />

erneute Vertreibung <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>nsleute.<br />

1876 - 1878 wur<strong>de</strong> sogar die Kirche,<br />

die ja nur eine Or<strong>de</strong>nskirche war, geschlossen.<br />

Dennoch kamen die Gläubigen<br />

im Kampf gegen die Unterdrückungsmaßnahmen<br />

<strong>de</strong>r preußischen Regierung,<br />

aber einzeln, in kleinen Gruppen.<br />

1884 zeigte sich die Wallfahrt<br />

wie<strong>de</strong>rum größer als zuvor, zumal 1890<br />

mit Berufung von Franziskanern <strong>de</strong>r<br />

thüringischen Provinz auch wie<strong>de</strong>r ein<br />

Or<strong>de</strong>n für die Wallfahrtsseelsorge gewonnen<br />

wer<strong>de</strong>n konnte. Vielleicht auch<br />

wegen <strong>de</strong>s „Ausflugswertes“ konnte<br />

sich Bornhofen mit <strong>de</strong>r Rheinwallfahrt<br />

auch über alle Krisen <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts<br />

als beliebtes Wallfahrtsziel erhalten.<br />

Exemplarisch zeigt <strong>de</strong>r Ort vieles,<br />

was die Geschichte von Wallfahrtsorten<br />

ausmacht. Von <strong>de</strong>r Dunkelheit <strong>de</strong>r<br />

Entstehung über die Bedrohung durch<br />

kirchliche und staatliche Verän<strong>de</strong>rungen<br />

bis zur Erhaltung durch das stärkere<br />

Durchhaltevermögen <strong>de</strong>s gläubigen<br />

Volkes kehrt vieles an Bornhofen auch<br />

in <strong>de</strong>r Geschichte vieler an<strong>de</strong>rer Wallfahrtsorte<br />

wie<strong>de</strong>r.<br />

Das Beson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r Bornhofener<br />

Wallfahrt, das Schiff, bringt diese Wallfahrt<br />

auch mit einem <strong>de</strong>r ältesten Zeugnisse<br />

für christliche Wallfahrt überhaupt<br />

in Verbindung. Unter <strong>de</strong>r Helenakapelle<br />

<strong>de</strong>r Jerusalemer Grabeskirche<br />

fand man nämlich um 1980 eine<br />

einfache Schiffszeichnung mit <strong>de</strong>r Inschrift<br />

„Domine ivimus – Wir gehen<br />

zum Herrn“, die durch ihre Lage nur<br />

vorkonstantinisch sein kann und möglicherweise<br />

ein Pilgerdank aus <strong>de</strong>r Zeit<br />

vor <strong>de</strong>r Anerkennung <strong>de</strong>s Christentum<br />

als ‘religio licita’ (um 300) darstellt. An<strong>de</strong>rs<br />

als das Mittelmeer stellt <strong>de</strong>r Rhein<br />

keine wirkliche Gefahr für die Pilgerfahrt<br />

dar – Stürme spielen am Rhein<br />

nicht die Rolle wie auf hoher See –,<br />

<strong>de</strong>nnoch gilt auch hier: Die Fahrt ist<br />

immer auch ein Abbild <strong>de</strong>s Lebensweges.<br />

Eine Reise wird gemacht, um in ihren<br />

Mühen das eigene Leben zu über-<br />

<strong>de</strong>nken und zur Conversio – <strong>de</strong>r Umkehr<br />

zu Gott zu kommen.<br />

1.2 Die Kritik an <strong>de</strong>r Wallfahrt in<br />

<strong>de</strong>r Reformation, <strong>de</strong>r Aufklärung<br />

und im Kulturkampf<br />

So wichtig das Umkehrmoment <strong>de</strong>r<br />

Wallfahrt für die Glaubensbildung ist,<br />

so ist gera<strong>de</strong> die Reise wenigstens für<br />

Kirchenstrukturen auch ein Moment<br />

<strong>de</strong>r Gefahr: Sie entzieht sich nämlich<br />

immer wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Kontrolle. Nicht zuletzt<br />

<strong>de</strong>shalb wur<strong>de</strong>n Wallfahrten in <strong>de</strong>r<br />

Reformation, in <strong>de</strong>r Aufklärung <strong>de</strong>s<br />

ausgehen<strong>de</strong>n 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts und im<br />

Kulturkampf verboten. Die kirchliche<br />

Hierarchie im katholischen Bereich bemühte<br />

sich dagegen eher, die Wallfahrten<br />

und ihre Riten zu kontrollieren.<br />

Die Reformation beginnt ihre Wallfahrtskritik<br />

insbeson<strong>de</strong>re mit <strong>de</strong>m oft<br />

damit verbun<strong>de</strong>nen Heiligenkult. Gera<strong>de</strong><br />

die Erfahrungen, die Martin Luther<br />

bei seiner Romfahrt im Heiligen Jahr<br />

1500 machte, wer<strong>de</strong>n wohl auch seine<br />

Ablehnung dieser Frömmigkeitsform<br />

geför<strong>de</strong>rt haben. Für die neuen Kirchherren,<br />

die reformierten Lan<strong>de</strong>sherren,<br />

war es jedoch wohl mehr <strong>de</strong>r Kontrollentzug<br />

über die Untertanen, <strong>de</strong>r die<br />

Wallfahrten so suspekt machte. In einer<br />

Zeit in <strong>de</strong>r man mit Hilfe <strong>de</strong>r lutherischen<br />

Policeyordnungen die Disziplinierung<br />

<strong>de</strong>r Untertanen intensivieren<br />

wollte, waren gera<strong>de</strong> die oft in<br />

frem<strong>de</strong>s Territorium führen<strong>de</strong>n Pilgerfahrten<br />

ein Dorn im Auge. Die nicht<br />

immer unberechtigte reformatorische<br />

Kritik an Auswüchsen <strong>de</strong>r Wallfahrten<br />

mit ihrer Abgötterei taten ihr Übriges.<br />

Eine Durchsetzung <strong>de</strong>s reformatorischen<br />

Wallfahrtsverbots brauchte jedoch oft<br />

sehr lange. So konnte man im Westerwäl<strong>de</strong>r<br />

Höhn 1590, fünfzig Jahre nach<br />

<strong>de</strong>r lutherischen und zwanzig Jahre<br />

nach <strong>de</strong>r calvinistischen Reformation,<br />

die dortige Johanneswallfahrt erst durch<br />

Vermauerung <strong>de</strong>r im Wallfahrtsritus<br />

eine be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Rolle spielen<strong>de</strong>n<br />

Kirchhofspforte dauerhaft verhin<strong>de</strong>rn.<br />

Das Wallfahrtsbild <strong>de</strong>r im Mittelalter<br />

be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Wallfahrtskirche von Marienfels<br />

auf <strong>de</strong>m Einrich, die „Maria<br />

<strong>INFO</strong> 34 · 1/2005<br />

BEITRÄGE<br />

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