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UNTERRICHTSPRAXIS 36 Religion & Populär-Kultur Brüdern im KZ?“ Dies scheint mir die einzige wirkliche „Versuchung“ für Kremer zu sein: seine Überzeugung zu verraten, um damit das Leben seiner Mitbrüder zu retten. Er wird ihr nicht erliegen, wie das fünfte Gespräch am achten Tag zeigt. 2.5 Glaube und Theodizee Wie steht es aber um den Glauben Kremers, seine christliche Grundüberzeugung, die er allen Anfechtungen zum Trotz Gebhardts Überredungsversuchen immer wieder entgegen stellt? Bei aller scheinbaren Sicherheit ist auch Kremers Glaube in einer Krise. Die Frage des Lagerführers: „Du glaubst also wirklich, dass es einen Gott gibt?! Und wo ist er? Siehst du ihn hier irgendwo?“, die Bestätigung Nansens „Gott hat uns verlassen“, schließlich das Bekenntnis Kremers „Da wo ich herkomme, gibt es keinen Gott.“ Sie alle weisen auf eine der entschiedendsten Anfragen an den christlichen Glauben, die Theodizee-Frage: Wie kann Gott das Leid zulassen? Ist nicht der Glaube an einen guten und allmächtigen Gott ein Widerspruch zur Erfahrung unsäglichen menschlichen Leids? Dass diese Frage Kremer in seiner Glaubensgewissheit verunsichert, zeigt auch seine Reaktion auf den Rat seines Bischofs: „Verzeihen Sie, aber ich habe mein Gewissen befragt. Ich habe den Herrn um Beistand gebeten, aber keine Antwort erhalten“. Er deutet seine Unsicherheit im Bezug auf die zu treffende Entscheidung als Schweigen Gottes. Wenn man also von einer Glaubenskrise Kremers ausgeht, dann besteht die letzte „Versuchung“ durch Gebhardt auch darin, Kremer anstelle seines abwesenden und schweigenden Gottes einen handelnden und machtvollen anzubieten, einen „göttlichen Führer“, der das Leid in den INFO 34 · 1/2005 Konzentrationslagern eben nicht ohnmächtig ansieht und geschehen lassen muss, sondern es gerade verursacht, und in seinen Kommandanten, Aufsehern und Henkern dort Tag für Tag präsent ist. Kremer erliegt der Versuchung nicht. Er geht zurück ins KZ. Ist damit sein „Glaube“ gerettet? Dazu eine abschließende Beobachtung: In den Lagersequenzen gibt es drei Szenen, die vom Aufbau her deutliche Parallelen aufweisen. In allen Fällen geht es um ein gemeinsames „Essen“ bzw. Trinken, in allen Fällen gibt es einen ähnlichen Szenenaufbau: Eine Innengruppe sitzt zusammen an einem Tisch, eine Außengruppe steht um den Tisch herum (die singenden Gefangenen – die Aufseher – die Häftlinge, die hinzukommen). Während es sich in der ersten Szene aber um ein „rituelles Essen“ handelt – die Feier der Heiligen Messe – geht es in der letzten, der Schlussszene des Films, „nur“ darum, den Hungernden die Nahrung anzubieten, die Kremer zuvor getauscht hat. Das Abschlussmahl oder die „Wiedersehensfeier“ mit seinen Mitgefangenen feiert der katholische Priester Henri Kremer eben nicht als religiösen Ritus, sondern als ganz weltliches Mahl. Es ist mehr als nur das Verteilen von Essen. Die Szene trägt m.E. schon den Charakter von etwas Feierlichem, Rituellem, in gewisser Weise „Sakralem“. Aber es geht hier nicht um „Brot und Wein“, sondern um eine einfache „Wurst“, weitab von jeglicher religiösen Symbolik. Und schließlich: Die Kamera auf einen zaghaft lächelnden Kremer gerichtet, findet der Film sein (vor-)letztes Bild. All dies deutet eher darauf hin, dass es sich hier nicht um eine einfache „Rückkehr“ handelt. Es ist nicht eine Fortsetzung der Lagerhaft, sondern eine andere Lagerhaft, vielleicht eine, die den „schweigenden Gott“ mitgenommen hat. Anmerkung 1 1942 verfassten protestantische und katholische Bischöfe in Holland gemeinsam ein Hirtenwort gegen die Deportation der holländischen Juden. Als es trotz Drohungen durch die Besatzer in allen katholischen Kirchen verlesen wurde, reagierten die Nazis schnell: Katholische Klöster und Schulen wurden durchsucht und alle zum Katholizismus konvertierten Juden, die bis dahin verschont geblieben waren, wurden deportiert. Studienleiter Franz Günther Weyrich ist Leiter des Amtes für Katholische Religionspädagogik in Wetzlar. Schlöndorffs Film „DER NEUNTE TAG“ Schlöndorffs Film „DER NEUNTE TAG“ ist zur Zeit noch in den deutschen Kinos zu sehen. Voraussichtlich ab Mitte des Jahres wird auch eine DVD-Fassung mit dem Recht zur öffentlichen Vorführung beim Katholischen Filmwerk in Frankfurt (KFW) erscheinen, die danach auch über die Religionspädagogischen Ämter auszuleihen sein wird. Bislang liegen zwei Begleithefte zum Film vor. Bei dem einen handelt es sich um eine umfangreichere Fassung (48 S.) des vorliegenden Beitrages, die auch ein ausführliches Sequenzprotokoll des Films beinhaltet. Es kann über den Bernhard Wicki Gedächtnis Fonds e.V. (Pagodenburgstr. 2, 81247 München, Fon 0 89 / 8 11 52 67, Fax: 0 89 / 81 08 93 45) oder über den Film- und Fernseh-Fonds Bayern (steffi.stadelmann@ fff-bayern.de) bezogen werden. Das andere wird herausgegeben von der Bundeszentale für politische Bildung und ist dort auch zu beziehen. Beide Hefte liegen darüber hinaus auch als PDF-Datei vor und können kostenlos von der offiziellen Webseite des Verleihs heruntergeladen werden: www.derneuntetag.de/presse.php.
LITERATURÜBERSICHT – Eine Auswahl Pilgern und Wallfahren Barth, Dieter / Schindler, Michael (Hg.): Abenteuer Pilgern. Das PraxisHandBuch (Praxisreihe konkret). – Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk. 2003. 122 S. (ISBN 3-460-32578-X) Barth, Dieter / Schindler, Michael (Hg.): Abenteuer Pilgern. Der spirituelle Wegbegleiter. – Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk. 2004. 128 S. m. Abb u. Noten (ISBN 3-460-32576-3) Branthomme, Henry / Chelini, Jean (Hg.): Auf den Wegen Gottes. Die Geschichte der christlichen Pilgerfahrten. – Paderborn: Bonifatius Verlag 2002. 353 S. (ISBN 3-89710-103-3) Förg, Heinz-Jürgen: Wallfahren heute. Gnadenorte, Kult- und Andachtsstätten in Deutschland, Österreich und der Schweiz. – Würzburg: Echter Verlag. 2000. 160 S. m. z.T farb. Abb. im Text (ISBN 3-429-02267-2) May, Christof: Pilgern. Menschsein auf dem Wege (Studien zur systematischen und spirituellen Theologie; Bd. 41). – Würzburg: Echter Verlag. 2004. 304 S. (ISBN 3- 429-02617-2) Mielenbrink, Egon: Beten mit den Füßen. Über Geschichte und Praxis von Wallfahrten (Topos Tb.; Bd. 368). – Kevelaer: Topos plus Verlagsgemeinschaft. Neuausg. 2001. 133 S. (ISBN 3-7867-8368-3) Mielenbrink, Egon: Wallfahrtsorte –Stätten des Gebetes. Entstehung, Entwicklung, Bedeutung. – Kevelaer: Verlag Butzon & Bercker. 2000. 141 S. (ISBN 3-7666-0283-7) Müller, Peter: Die Seele laufen lassen. Pilgertage und spirituelle Wanderungen. – München: Kösel-Verlag. 2004. 176 S. (ISBN 3-466-36649-6) Niggemeyer, Margarete (Hg.): Schritte werden Weg. Ein Pilgerbuch. – Schweinfurt: Verlag Reimund Maier. 3. Aufl. 2001. 183 S. m. Illustr. (ISBN 3-926300-22-1) Ohler, Norbert: Pilgerstab und Jakobsmuschel. Wallfahrten in Mittelalter und Neuzeit. – Düsseldorf: Artemis & Winkler Verlag. 2003. 272 S., 42 Abb. (ISBN 3-491- 69104-4) Schildberger, Rainen: Wo der Himmel redet. An Europas heiligen Orten. Ein Pilgerbuch (Herder Spektrum; Bd. 5470). – Freiburg u.a: Verlag Herder. 2004. 188 S. (ISBN 3-451-05470-1) Sotil, Wolfgang: Einfach Pilgern. Auszeit für Körper und Seele. – Graz-Wien: Styria Pichler Verlag. 2004. 150 S. m. zahlr. Farbabb. (ISBN 3-222-13134-1) Souden, David: Pilgerwege. Aus dem Engl. übers, v. Franz-Josef Krücker und Trude Trox. – München: Christian Verlag. 2001. 192 S. m. zahlr. meist farb. Fotos. (ISBN 3- 88472-517-3) Tworuschka, Monika und Udo: Heilige Stätten. Die bedeutendsten Pilgerziele der Weltreligionen. – Darmstadt: Primus Velag. 2004. 144 S. m. 70 farb. Abb. (ISBN 3- 89678-258-4) Bonifatius Felten, Franz J. (Hg.): Bonifatius. Mission und Christianisierung vom 8. bis 20. Jahrhundert (Mainzer Vorträge; Bd. 9). – Stuttgart: Franz Steiner Verlag Wiesbaden. 2004. 159 S. m. 9 Abb. (ISBN 3-515-08519-X) Imhof, Michael / Stasch, Gregor (Hg.): Bonifatius. Vom angelsächsischen Missionar zum Apostel der Deutschen. – Petersberg: Dr. Michael Imhof Verlag. 2004. 272 S. 165 sw- u. 181 farb. Abb. (ISBN 3- 937251 -32-4) Levinson, Wilhelm (Hg.): Vita sancti Bonifatii archiepiscopi Moguntini. In latein. Sprache (Monumenta Germaniae Hostorica. Scriptores rerum Germanicarum in usum scholarum separatim editi: Bd. 57). – Hannover: Hahnsche Buchhandlung. Nachdr. d. Ausg. v. 1902. 1999. LXXXVI, 241 S. (ISBN 3-7752-5293-2) Lutterbach, Hubertus: Bonifatius – mit Axt und Evangelium. Eine Biographie in Briefen. – Freiburg u.a.: Verlag Herder. 2004. 334 S., ill. (ISBN 3-451-28509-6) Odenthal, Andreas / Goebel, Bernd / Disse, Jörg u.a.: Verspielen wir das Erbe des Bonifatius? Theologische Betrachtungen aus Anlass seines 1250. Todestages (Fuldaer Hochschulschriften; Bd. 47). – Frankfurt: Verlag Josef Knecht. 2005. 184 S. (ISBN 3-7820-0886-3) Padberg, Lutz E. von: Stufen zur Bonifatiusverehrung. Zur Geschichte des Codex Ragyntrudis und der Fuldaer Reliquien des Bonifatius (Fuldaer Hochschulschriften; Bd. 25). – Frankfurt: Verlag Josef Knecht. 1996. 140 S. (ISBN 3-7820-0752-2) Padberg, Lutz E. von: Bonifatius. Missionar und Reformer (C.H. Beck Wissen; Bd. 2319). – München: Verlag C. H. Beck. 2003. 128 S., 3 Karten (ISBN 3-406-48019-5) Schwab, Michael / Wagner, Dieter (Hg.): Der Wahrheit verpachtet. Bonifatius-Jubiläum 2004. (Dokumente zur Stadtgeschichte; Bd. 24). – Petersberg: Verlag Dr. Michael Imhof. 2004. 192 S., zahlr. farb Abb. (ISBN 3-937251 -97-9) Verein Bonifatius-Route e.V. (Hg.): „Auf Spurensuche ...“. Die Bonifatius-Route von Mainz nach Fulda. – Bad Vilbel: Verein Bonifatius-Route e.V. 2004. 51 S., ill., mit Wanderkarte Bonifatius-Route (Reihe: „Rhein-Main Vergnügen“ des RMV). Vogel, Christian: Via Antiqua. Bonifatius’ letzter Weg. Die Bonifatiusüberführung von Mainz nach Fulda und ihr Weg. – Niddatal: Verlag Christian Vogel. 2004. 152 S., ill. (ISBN 3-9809805-0-2) Zusammenstellung von: Bernhard Merten INFO 34 · 1/2005 LITERATUR & MEDIEN 37
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