Lode van der Linden - Eichsfeld Wiki

108Flandern, jeder Tag bringt neue Aspekte, die Farben werden kühner. Die seine Bilder nochnicht kannten, entdecken staunend ein großes Talent.Des Junggesellendaseins leid, heiratet er 46jährig Joanna, umgangssprachlich Joke, trägt dengleichen Familiennamen. Sie stammt aus einem Genter Zweig der Familie, ist Lehrerin undspricht ein exquisites Französisch. Es war bühnenreif komisch, wenn der Maler aus Übermutdieses elegant musikalische Dahinfließen mit dem breitesten Flämisch zu kontern beliebte,mit dem er die Weiber vom Fischmarkt imitierte – aber ich greife vor.Ein neuer Krieg überzieht Länder und Menschen. Ist es Zufall, dass sich zweierlei wiederholt?Auch diesmal geht es sogar noch während des Krieges aufwärts mit der wieder starkenflämischen Bewegung, und Lode stellt wiederum mitten im Krieg aus. 3 Er ist der Maler derSchelde geworden. Es hat sich ein Ausschuss gebildet, dem Flamen angehören, die wegenihrer Verdienste um die flämische Kultur bekannt sind wie Cyriel Verschaeve und FelixTimmermans. Eichsfeld und Lüneburger Heide werden in der Kunstwelt Flanderns bekannt.Aber nun hat das Junge Flandern zwei Feinde, damals waren es nur die wallonischenPolitiker. Lode legt sich mit einer Unterorganisation der deutschen Besatzung an, die unterdem Decknamen „Kunstschutz Belgien/Nordfrankreich“ Kunstschätze für diePrivatsammlungen von Göring & Co aus dem Land zu bringen sucht. Als bestellterSachverständiger taxiert Lode hoch und kann manchen Coup vereiteln. Auch hält er mitseiner Meinung nicht hinter dem Berg. Ihm droht Verhaftung. 4Der andere Feind ist schlimmer, es sind die eigenen Leute. Immer rigoroser hatte das Nazi-Regime seine Ideologie allen kulturellen und sozialen Einrichtungen übergestülpt und dieBevölkerung gegen sich aufgebracht. Als die Befreiung nah ist, alliierte Truppen bereits inNordfrankreich gelandet sind, wird aus ohnmächtigem Zähneknirschen Hass, er macht dieMenschen blind für die Unterscheidung Freund des deutschen Volkes oder Handlanger derBesatzung. Wer gestern noch geehrt wurde, wird heute als Kollaborateur beschimpft. Im Juni1944 eskaliert die Lage. Der „flämische Spaltpilz“ grassiert (Zitat Timmermans). Es wirddenunziert, demoliert, Leute werden aus den Häusern gezerrt. Jeder, der mit der deutschenBesatzung Kontakt hatte, ist nun Kollaborateur.Lode van der Linden? Hat der nicht sogar bei den Deutschen gelebt? Hat er nicht auchEhrenfriedhöfe und Grabdenkmäler geschaffen? Man kennt doch diese scheußlich protzigenMonumente gerade in den Niederlanden mit Hakenkreuz und Adler, reineMachtdemonstration! Dass Lodes Entwürfe nach dem Ersten Weltkrieg entstanden, als esnoch gar keine Nazis gab und ein Ehrenfriedhof dem Gedenken an die Gefallenen diente, wirdnicht bedacht. Freunde schützen Haus und Atelier in der Lange Leemstraat 346 so gut es geht,können aber Plünderung, Zerstörung und Diebstahl nicht verhindern. Freund Felix liegtschwer herzkrank zu Bett. Er, der den Menschen „Licht, Liebe, Wahrheit und Schönheitbringen wollte“ (Zitat Timmermans) bekommt „nur“ Hausarrest. Cyriel Verschaeve drohtTodesurteil, kann nach Österreich fliehen. Lode geht „in die Höhle des Löwen“ (Zitat Lode).Ein Vierteljahr später, am 16. September 1944, ist er wieder in Duderstadt, nun mit seinerFrau. Sie kommen als Flüchtlinge zu Freunden, ohne eigene Möbel, ohne Vermögen, wohnenzunächst in der Bahnhofstraße im Haus des Fabrikanten Hertwig.3 Im Lamorinièresaal, Op de Meir, Antwerpen4 Dem Leiter des Referats „Kunstschutz“ begegnet er 1949 in Göttingen wieder, da ist der frühere hohe SS-Offizier als Ordinarius für Kunstgeschichte der Universität unbehelligt wieder in Amt und Würden.