13<strong>der</strong> Entlassung aus <strong>der</strong> Kriegsgefangenschaft im Jahre 1918 wurde <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong> imHaus von Dr. Bertram aufgenommen und dort bis zur Genesung weiter behandelt.Dr. Matthias GleitzeHommage an <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong>Wohl dem Städtchen, das nicht nur auf günstige Lage, guteVerwaltung und Bürgerfleiß setzt, son<strong>der</strong>n auch die Erinnerung anPersönlichkeiten wachzuhalten versteht, die hier gelebt haben und<strong>der</strong>en Charisma das geistige Klima bereichert hat – Idealismus undgute Gedanken gehen nicht verloren, wirken weiter, wenn auch jungeGenerationen diese nur vom Hörensagen kennen.<strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong> hat zweimal in Du<strong>der</strong>stadt gewohnt, insgesamt16 Jahre, ein Glücksfall für beide Seiten.Der Fremde stammt aus alter Antwerpener Familie. Als das neue, das20. Jahrhun<strong>der</strong>t beginnt, ist er zwölf (Picasso ist 19). Der strengeVater hat ihn zum Architekten bestimmt. Das wird er auch, rebellischgegenüber verstaubten Formen, ehrgeizig, erfolgreich und bereits mitzwanzig Dozent für Architektur und Kunstgeschichte an mehreren Erika Schmelterrenommierten Instituten. Doch <strong>der</strong> nach dem Ersten Weltkrieg nach Du<strong>der</strong>stadt verschlagenwird, ist mittellos, abgezehrt, ein Wrack, kaum dem Tod von <strong>der</strong> Schippe gesprungen nachschwerem Typhus während vierjähriger Kriegsgefangenschaft im Lager Göttingen. Derehemalige Lagerarzt Dr. Bertram, Du<strong>der</strong>städter, nimmt ihn auf, päppelt ihn hoch, wird ihmväterlicher Freund und Vorbild. Die „glückliche Stadt in ihrem innigen Zusammenklang vondeutschem Bürgertum und deutscher Landschaft“ (Zitat von Van <strong>der</strong> <strong>Linden</strong> in einemInterview) wird ihm zweite Heimat.Zufälle, Um- und Irrwege entpuppen sich oft als Fügungen. Der junge Architekt aus demflachen Land mit den weiten Horizonten, <strong>der</strong> daheim „im Untergrund“, d. h. trotz Unmut desVaters, nebenbei Malerei studierte und <strong>der</strong> auch im Kriegsgefangenenlager zu Farben undPinsel greifen konnte, entdeckt nun Wald und Wurzeln. Er lehrt die Du<strong>der</strong>städter, ihr Kleinod,den <strong>Linden</strong>wall, im Wechsel <strong>der</strong> Jahreszeiten neu zu sehen. Wie<strong>der</strong> und wie<strong>der</strong> schleppt erStaffelei, Farbkasten und Leinwand zur Rhumequelle, bis es ihm gelingt, hinter dasGeheimnis ihrer seltsamen Grüntöne zu kommen. Seine Bil<strong>der</strong> geben die Großartigkeit undTiefe wie<strong>der</strong>, die <strong>der</strong> Natur wesentlich sind und die sie denen offenbart, die Stille suchen. Undso ist es auch kein Wun<strong>der</strong>, dass die Lüneburger Heide ihn in ihren Bann zieht. Dabei werdendiese Ansichten nie pathetisch, nie detailverliebt o<strong>der</strong> postkarten-romantisch. „Wo die größteEinsamkeit ist, da bin ich zu Hause“, sagt er.Aus Rekonvaleszenz werden neun glückliche Jahre. Dann, wie<strong>der</strong> in <strong>der</strong> alten Heimat wird<strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong> <strong>der</strong> Maler <strong>der</strong> Schelde. Aber auch die alten Schätze werden aufgearbeitetund ausgebreitet. Gremien, die vor Ausstellungen zur Bil<strong>der</strong>auswahl ins Atelier kommen,lesen „Wall“, entziffern „Rhumesprung“ und fragen erstaunt: „Du<strong>der</strong>stadt? Wo liegtDu<strong>der</strong>stadt?“ So wird das nie<strong>der</strong>sächsische Städtchen in <strong>der</strong> großen Kunstwelt bekannt.Nach einem Dutzend Jahren zieht es <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong> noch einmal für sechs Jahrehierher. Seine spezielle Maltechnik mit dem Maurerspachtel ist die eines Meisters geworden,sie bewältigt auch die kleinsten Miniaturen.Weite, Sog in die Tiefe und melancholische Einsamkeit kennzeichnen zunehmend dieAlterswerke des Künstlers, <strong>der</strong> 62jährig nach Flan<strong>der</strong>n heimkehrt. Die Spuren <strong>der</strong> Krankheitbereiten ihm zusehends Pein. Zehn Schaffensjahre sind ihm noch vergönnt. Seine letzte
14Ruhestätte suchen wir nicht in <strong>der</strong> großen Stadt, son<strong>der</strong>n in Ranst, dem Dörfchen etwa 30Kilometer außerhalb Antwerpens, wo er für sich und Freunde ein Atelierhäuschen gebaut hat.Die Umgebung hat Ähnlichkeit mit <strong>der</strong> Heide und duldet auch betagte Bäume. Der Fluss istnicht weit.In vielen Wohnungen unseres Nachbarlandes können uns Gemälde von <strong>der</strong> Lüneburger Heideund vom Du<strong>der</strong>städter Stadtwall überraschen; in Du<strong>der</strong>städter und Göttinger Häusern werdenAnsichten des großen Scheldestromes bewun<strong>der</strong>t. Von einem „Van <strong>der</strong> <strong>Linden</strong>“ trennt mansich nicht ohne Not. Und im Herbst 2010 reiben wir uns die Augen: Eine Retrospektive trägtBil<strong>der</strong> des flämischen Meisters aus <strong>der</strong> näheren Umgebung zusammen und lehrt uns erneut,die Schönheit <strong>der</strong> Schöpfung zu sehen.Erika Schmelter M. A., Schülerin von <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong>Kunstgeschichtliche Einordnung <strong>der</strong> Werke <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong>sDer Student <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong> erhielt eine klassische akademische Ausbildung. Das heißt,seine Lehrer vermittelten in erster Linie konservative Werte, historische Formen undhandwerkliches Können; daneben – Zugeständnis an den Zeitgeist – die impressionistischeSehweise. Sie fand bei <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong> fruchtbaren Boden, weckte den Blick für Lichtund Farbe, zumal <strong>der</strong> junge Idealist Natur und Einsamkeit liebte und die Neigung hatte, denErscheinungen auf den Grund zu gehen. Ihn prägte aber auch die Zugehörigkeit zu seinerGeneration. Das waren die „Aufmüpfigen“. 1888 geboren und somit sechs Jahre jünger alsPablo Picasso und sechs Jahre älter als Max Ernst, konnte er sich den mo<strong>der</strong>nen Strömungen,die sich seit dem „Sturmwind“ von etwa 1890 an entwickelt hatten, nicht verschließen, zumaler auch als Architekt rebellisch gegen überalterte Formen vorging. Die Akademien lehntenseinerzeit noch alles „Mo<strong>der</strong>ne“ ab, <strong>der</strong> Impressionismus war ja bereits überholt.„Bocksprünge“ hat <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong> seine Arbeiten in mo<strong>der</strong>ner Manier genannt und sieeines Tages, so hat er es mir erzählt, sämtlich verbrannt. Hat sich erst recht in das Geheimnisvon Licht und Farbe vertieft und das immer mehr in landschaftlichen Motiven.In diesem Verständnis können wir <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong> einen späten Impressionisten nennen.Als „Spätimpressionist“ möchte ich persönlich ihn nicht bezeichnen. Bei diesem Begriffdenken wir doch an Maler wie Georges Seurat o<strong>der</strong> Paul Signac, die Claude MonetsErrungenschaften analysierten und zum Teil jahrelang an einem einzigen Gemälde arbeiteten,das aus tausenden von reinfarbig-komplementären „Farbatomen“, Pünktchen, besteht. Daswar <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong>s Sache nicht. Dazu war er auch zu sehr Romantiker, nicht im Sinnvon weltfrem<strong>der</strong> Träumerei, son<strong>der</strong>n in seiner tiefen Empfindung im Einklang mit <strong>der</strong> Naturund seiner großen Achtung vor <strong>der</strong> Schöpfung. So liebte er z. B. das Karfreitagsmotiv inRichard Wagners „Parsifal“ beson<strong>der</strong>s, wurde andächtig, wenn er es hören konnte. Das warfür ihn Malerei in Tönen, Melodie war Linie, Stimmung war Farbe und Licht. Wenn wir z. B.eine Frühlingslandschaft von <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong> betrachten, in <strong>der</strong> durchscheinendes hellesGrün vor dunklem Grund leuchtet, können wir das nachvollziehen.Von den romantischen Dichtern liebte er Joseph Freiherr von Eichendorff, den späten undechtesten, am meisten: Er besingt „Baum“, „Wald“, „Himmel“ usw. so, dass je<strong>der</strong> Hörerseinen Lieblingsbaum, seinen heimatlichen Wald, seinen ersehnten Himmel wie<strong>der</strong> zuerkennen meint, obwohl wir wissen, dass <strong>der</strong> Dichter seine Kindheitslandschaft meinte. Indiesem Sinn ist ihm <strong>der</strong> flämische Maler <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong> seelenverwandt: Er benenntseine Gemälde zwar „Stadtwall“ o<strong>der</strong> „Rhumesprung“ – diese Titel als Beispiele – aber er istnicht ihr Porträtist. Er bringt das Ur-Wesentliche von „Baumriese“ o<strong>der</strong> „Wasser“ zumAusdruck.
- Seite 1 und 2: Dr. Matthias GleitzeLode van der Li
- Seite 3 und 4: Paul and daughters Roycene and Marl
- Seite 5 und 6: 4Einladungen und Plakat zur Ausstel
- Seite 7 und 8: 6Im Hinblick auf den 50. Todestag L
- Seite 9 und 10: 8Grußwort von Hans-Peter Menge, Re
- Seite 11 und 12: 10Biografische Daten Lode van der L
- Seite 13: 12- Golgatha (Weltenbrand)- Selbstp
- Seite 17 und 18: 16(ein Regensburger Maler und Archi
- Seite 19 und 20: 18verantwortlich für ihre Taten.
- Seite 21 und 22: 20In der Zeit von 1917 bis 1927 sow
- Seite 23 und 24: 22Maria van der Linden, Schwester L
- Seite 25 und 26: 24Lode van der Linden (31 Jahre) an
- Seite 27 und 28: 26Lode van der Linden (42 Jahre), 1
- Seite 29 und 30: 28Joanna van der Linden (37 Jahre),
- Seite 31 und 32: 30Lode van der Linden (59 Jahre) in
- Seite 33 und 34: 32Lode van der Linden beim Bau des
- Seite 35 und 36: 34Lode van der Linden in Ranst, 195
- Seite 37 und 38: 36Im Hauptbahnhof Antwerpen, 1951Vo
- Seite 39 und 40: 38Lode van der Linden und Waltraud
- Seite 41 und 42: 40Von links: Joanna und Lode van de
- Seite 43 und 44: 42Im Atelier in der Langen Leemstra
- Seite 45 und 46: 44Lode van der Linden (67 Jahre) un
- Seite 47 und 48: 46Im Atelier in der Langen Leemstra
- Seite 49 und 50: 48Joanna van der Linden (53 Jahre),
- Seite 51 und 52: 50Joanna van der Linden (82 Jahre),
- Seite 53 und 54: 52Insignie (Zipfel) der Ehrenphilis
- Seite 55 und 56: 54Veröffentlichung im Göttinger T
- Seite 57 und 58: 56Veröffentlichung in „De Standa
- Seite 59 und 60: 58dreht die Uhr wohl eine ganze Zei
- Seite 61 und 62: 60Zum Anlass seines 65sten Geburtst
- Seite 63 und 64: 62Der Vater fasste den Entschluss,
- Seite 65 und 66:
64zu belassen. Lode van der Linden
- Seite 67 und 68:
66Antwerpen, 19-2-57Sehr geehrter H
- Seite 69 und 70:
68er so viele Jahre in der Nähe de
- Seite 71 und 72:
70Veröffentlichung im Göttinger T
- Seite 73 und 74:
72Frau Lode VAN DER LINDEN, geboren
- Seite 75 und 76:
74Er hat die Natur geliebt: in ihre
- Seite 77 und 78:
76Dass das Andenken an Lode van der
- Seite 79 und 80:
78Große Retrospektive zu Lode van
- Seite 82:
81Das Leidenstuch, Ölgemälde von
- Seite 85 und 86:
84Zu allererst nimmt man nichts als
- Seite 87 und 88:
86Veröffentlichung in der Südhann
- Seite 89 und 90:
88Tod von Joanna van der Linden
- Seite 91 und 92:
90In dankbarer Erinnerung anFrauJoa
- Seite 93 und 94:
92Ein Kenner und Verehrer des Maler
- Seite 95:
94Einladung zur offiziellen Eröffn
- Seite 98 und 99:
97Veröffentlichung im Eichsfelder
- Seite 100 und 101:
99Beine gebracht hat. Es ist unser
- Seite 102 und 103:
101Sie haben noch bis gestern Abend
- Seite 104 und 105:
103mit Dr. Bertram einen Plan, den
- Seite 106 und 107:
105während seines zweiten Aufentha
- Seite 108 und 109:
107der Gefangenschaft Joseph van de
- Seite 110 und 111:
109Habe ich im Zusammenhang mit der
- Seite 112 und 113:
111Van der Lindens bewohnten zwei R
- Seite 114 und 115:
113Er war ein würdiger Botschafter
- Seite 116 und 117:
115Von links: Joachim Schmelter (So
- Seite 118 und 119:
117Die FestkoronaGrußwort des Staa
- Seite 120 und 121:
119Beim Essen der Ehrengäste im Ra
- Seite 122 und 123:
121Blickfang: Vorwiegend sind Lands
- Seite 124 und 125:
123zu tragen. Seine Einführung in
- Seite 126 und 127:
125Ausklang der Ausstellung von Wer
- Seite 128 und 129:
127Werke von Lode van der Linden (A
- Seite 130 und 131:
129Bleistiftzeichnung „Am Sandwas
- Seite 132 und 133:
131Aus der Broschüre 30 Jahre Jäg
- Seite 134 und 135:
133
- Seite 136 und 137:
135Von Lode van der Linden gestalte
- Seite 138 und 139:
137Ölgemälde auf Metall „Hahlet
- Seite 140 und 141:
139Bleistiftskizze „Landhaus in R
- Seite 142 und 143:
141Lesezeichen, 25.12.1949 (Private
- Seite 144 und 145:
143Kreidezeichnung „Baum am Duder
- Seite 146 und 147:
145Skizzen aus dem Zoo Antwerpen, 1
- Seite 148 und 149:
147Ölgemälde „Flusslandschaft i
- Seite 150 und 151:
149Ölgemälde „Flämische Winter
- Seite 152 und 153:
151Ölgemälde „Rhumequelle“ (P
- Seite 154 und 155:
153Ölgemälde „Flämische Landsc
- Seite 156 und 157:
155Ölgemälde „Das äußere West
- Seite 158 und 159:
157Ölgemälde „Flämische Landsc
- Seite 160 und 161:
159Ölgemälde „Flämische Winter
- Seite 162 und 163:
161Ölgemälde „Blutbuche bei Rot
- Seite 164 und 165:
163Ölgemälde „Stelle der Erlegu
- Seite 166 und 167:
165Ölgemälde auf Kupfer „Duders
- Seite 168 und 169:
167Ölgemälde „Birkenallee“, 1
- Seite 170 und 171:
169Ölgemälde „Landschaft in Fla
- Seite 172 und 173:
171Ölgemälde „Winterlandschaft
- Seite 174 und 175:
173Ölgemälde „Winterwald“, 19
- Seite 176 und 177:
175Ölgemälde „Rhumequelle“, 1
- Seite 178 und 179:
177Ölgemälde „Pappeln“ (Priva
- Seite 180 und 181:
179Ölgemälde „Birkenmoor“ (Pr
- Seite 182 und 183:
181Ölgemälde „Wintermondnacht
- Seite 184 und 185:
183Ölgemälde auf Leinwand „Wohn
- Seite 186 und 187:
185Ölgemälde auf Malpappe „Wint
- Seite 188 und 189:
187Ölgemälde „Birkenhain“ (Pr
- Seite 190 und 191:
189Ölgemälde auf Pappe „Waldweg
- Seite 192 und 193:
191Ölgemälde auf Pappe „Birkenm
- Seite 194 und 195:
193Aquarell auf Papier „Waldweg
- Seite 196 und 197:
195Ölgemälde auf Kupfer „Knorri
- Seite 198 und 199:
197Ölgemälde auf Holz „Duderst
- Seite 200 und 201:
199Ölgemälde „Lode van der Lind
- Seite 202 und 203:
201Ölgemälde „Rhumequelle“, 1
- Seite 204:
203Ölgemälde Erika Schmelters M.