15Ausgehend vom impressionistischen Erbe, mit immensem Fleiß, wird <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong> erselbst, passt in gar keine Schublade. Unverwechselbar steht er in bester nie<strong>der</strong>ländischflämischerTradition und entwickelt mit seinem 6 cm breiten Maurerspachtel beson<strong>der</strong>s inseinen Papierarbeiten eine eigene Technik, die aquarellartige Wirkung erzielt.Erika Schmelter M. A., Schülerin von <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong>Die Vergangenheit trifft <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong>Ostern 1947: Der erste Abiturjahrgang in <strong>der</strong> Ursulinenschule Du<strong>der</strong>stadt nach <strong>der</strong> unseligenNazidiktatur. Wir hatten wun<strong>der</strong>bare Lehrerinnen, waren hungrig nach Wissen, und wirwürden schon dafür sorgen, dass es keinen Krieg in <strong>der</strong> Welt wie<strong>der</strong> geben würde. Soschwärmten wir aus zu Universitäten und Akademien.Mein Gipfelsturm galt <strong>der</strong> Kunstgeschichte. Ich wohnte zusammen mit meiner FreundinWaltraud Wehser bei katholischen Schwestern in <strong>der</strong> Göttinger Nicolaistraße. An denWochenenden fuhr sie zu ihren Eltern nach Hannover, ich war bei Van <strong>der</strong> <strong>Linden</strong>s. Es wurdegemalt, gelernt. Ich würde in stürmischem Anlauf Examen machen und dann in Antwerpendie Akademie beziehen. Bis dahin würde Onkel Ludwig, wie ich <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong> nannte,so weit gesundheitlich stabil sein, dass er wie<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Schelde wohnen würde. Ach, <strong>der</strong>Himmel hing voller Geigen und die Zukunft erschien rosig!Es kam an<strong>der</strong>s. Mein erstes Referat an <strong>der</strong> Universität Göttingen hatte „Rubens“ zum Thema.Dazu konnte mir mein Du<strong>der</strong>städter Professor allerhand erzählen, was nicht in Büchern steht!Ich erwähnte auch, dass „Rubens“ in seiner Heimat wie „Rübbens“ ausgesprochen wird – daswar <strong>der</strong> Zündstoff. Nach dem Seminar zitierte <strong>der</strong> Ordinarius mich zu sich, befragte mich,wieso und woher ich dieses Wissen hätte und überhaupt: Rübbens. Arglos erzählte ich ihmvon Du<strong>der</strong>stadt und <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong>. Von da an bekam ich im Hauptfach nur Rügen,keine Note besser als „ausreichend“, so viel „sehr gut“ ich in den Nebenfächern (Archäologie,Romanistik) auch sammelte. Ich war verzweifelt, suchte die Ursache bei mir: Ich könnte nichtgenug, wäre unbegabt, nicht geeignet.Zum Verständnis des Weiteren: Alle jungen Frauen wurden seinerzeit – jedenfalls an <strong>der</strong>Universität Göttingen – erst nach einem „Vorsemester“ immatrikuliert, weil die jungenMänner im Krieg gewesen seien, nun aus <strong>der</strong> Gefangenschaft kämen und sie müssten diewenigen zur Verfügung stehenden Studienplätze bekommen. Nach diesem offiziell nichtanerkannten Semester wurden meine Kommilitoninnen aber alle übernommen – nur ich nicht.Onkel Ludwig wurde darüber leicht nervös und schüttelte sein Haupt.Als ich auch im 3. Semester nicht immatrikuliert wurde, sprach mich Professor Kellermannnach einem Französisch-Seminar auf dem Bürgersteig und nicht im Universitätsgebäude an.Niemals dürfe ich weitergeben, was er mir sagen würde: Tags zuvor seien die Professorenwie<strong>der</strong> zusammen gekommen wegen <strong>der</strong> Verteilung <strong>der</strong> Studienplätze. Als die Rede auf mich,Erika Lehmann, gekommen sei, habe <strong>der</strong> Ordinarius für Kunstgeschichte erregt gerufen: „Daskleine Fräulein Lehmann wird nie bei mir immatrikuliert! Außerdem hat sie einen viel zukleinen Kopf, da passt ja nichts rein.“ Professor Kellermann fragte mich, warum ich dennnicht das Hauptfach wechseln würde, er würde mich sofort annehmen. Nach einem Semesterkönne ich ja wie<strong>der</strong> wechseln. Kann man sich vorstellen, wie beschämt ich nach einemMauseloch Ausschau hielt, in dem ich verschwinden könnte? Damals waren die Ordinariennoch absolute Autoritäten.Gesagt, getan, nach diesem ersten „gültigen“ Semester ging ich von Göttingen nachRegensburg, wo meine vergeblichen Göttinger Anstrengungen sich auszahlten. Mein neuerProfessor Elsen, den ich sehr verehrte, ließ mich Texte für die Veröffentlichung schreiben, ichillustrierte und schrieb für zwei Verlage. Auf einmal war ich eine Art Senkrechtstarter undbekam nach 3 weiteren Semestern das Thema für meine Doktorarbeit: „Albrecht Altdorfer“
16(ein Regensburger Maler und Architekt). Es kam allerdings wie<strong>der</strong> einmal an<strong>der</strong>s, weilProfessor Elsen unerwartet starb und ich aus familiären Gründen (Vater in <strong>der</strong>Gefangenschaft, Diphterie usw.) „aussetzen“ sollte bzw. musste – viel schlimmer war fürmich, dass Du<strong>der</strong>stadt und mein Leitbild, mein Onkel Ludwig, nur durch Briefe erreichbarwar und dass er während dieser Regensburger Zeit im Jahre 1950 nach Antwerpen zurückging.Hier nun die Auflösung des Rätsels meiner ungerechten Behandlung durch den Ordinarius an<strong>der</strong> Universität Göttingen:Als ich in Göttingen wie<strong>der</strong> einmal gerüffelt worden war, stand Onkel Ludwig einesMontagsmorgens gestiefelt und gespornt vor mir und verkündete: „Ich fahre mit nachGöttingen zu Professor R.!“ Auf seinen Stock und auf meinen rechten Arm gestützt schaffteer die Bahnfahrt und eine Viertelstunde vor Vorlesungsbeginn standen wir im Vorzimmer desOrdinarius in einem provisorischen dunklen, engen Raum. Mir war schrecklich zumute,fürchtete ich doch, Onkel Ludwig wolle für mich „Gutwetter“ erwirken. Das war das Letzte,was ich hätte ertragen können.Ich wurde Zeuge eines stummen Blickduells: Professor R. kam wortlos, groß, mit seinenbuschigen Brauen, dem stechenden Blick, <strong>der</strong> groben vorgeschobenen Unterlippe und <strong>der</strong>Hakennase herein. Er bückte sich leicht, Onkel Ludwig, kleiner, mühsam aufrecht,vornübergebeugt auf seinen Stock, guckte hoch. Es knisterte vor Spannung bis Onkel Ludwig– mir kam es wie eine Ewigkeit vor – seinen Stock heftig aufstieß und Professor R. insGesicht rief: „Also doch, Sie sind es! Komm Ikje“ – so nannte er mich –, „wir gehen.“Noch heute schäme ich mich dafür, dass ich den kranken alten Mann allein zurück fahren ließ,denn ich meinte, ich würde in den Hörsaal gehören.Er hat nie mir gegenüber ein Wort darüber gesprochen außer: „…..dem war ich schon einmalbegegnet“, und ich hatte Scheu, ihn zu fragen. Hatte er doch immer öfter, wenn ich an denWochenenden bei ihm und Tante Johanna war und von Professor R. erzählte, seine berühmtenzornigen schwarzen Augen bekommen und ununterbrochen seinen Bart gestrichen.Jahrzehnte später erfuhr ich von meiner Freundin Waltraud, dass sie mir nichts davonerzählen durfte, da ich in Ruhe weiter studieren sollte und Onkel Ludwig mir meinenIdealismus nicht nehmen wollte. Aus Waltraud kriegte ich heraus, dass Professor R. zu <strong>der</strong>erbärmlichen Clique, er war wohl ein höherer SS-Offizier, gehörte, die im Auftrag Hitlersbzw. Görings vor allem aus den Nie<strong>der</strong>landen und aus Flan<strong>der</strong>n Bil<strong>der</strong> herausholen sollten.Professor <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong>, Onkel Ludwig, war vom belgischen Staat beauftragt worden,im Rahmen einer Kommission diese „Käufe“ durch eine möglichst hohe Taxierung zuverhin<strong>der</strong>n.Als ich sehr viele Jahre später im Alter von über siebzig in Bonn unter die Studenten ging, ummein Studium abzuschließen, hatten wir eine französische Professorin, Frau Bonnet. Sie hatteals einzige den Schneid, Hauptseminare abzuhalten mit Themen wie „Kunst in <strong>der</strong> Hitlerzeit“.Da kam meine ganze Enttäuschung, Verletzung, Hilflosigkeit und Wut von damals wie<strong>der</strong>hoch. Ich sprach mit Frau Professorin Bonnet darüber. Sie sagte, sie kenne ähnliche Fälle,dass braune Nestbeschmutzer sich nach dem Ende <strong>der</strong> Hitlerdiktatur in <strong>der</strong> BundesrepublikDeutschland in hohe Positionen gemogelt hätten.Diese ungerechte Behandlung durch Professor R. ist eine Wunde, die immer wie<strong>der</strong> wehtut.Onkel Ludwig lernte Professor R. während <strong>der</strong> Nazidiktatur als Besatzer kennen, <strong>der</strong> den„Diebstahl“ von Kulturgut in Flan<strong>der</strong>n betrieb, was Onkel Ludwig trotz eigener Gefahr zuverhin<strong>der</strong>n versuchte. Er musste nun erleben, dass dieser Mann nach dem Krieg wie<strong>der</strong>um dieMacht über Menschen, in diesem Fall eine seiner Studentinnen, hatte, <strong>der</strong> er Unrecht tat, nurweil er erfuhr, dass sie Schülerin bei ihm, Professor <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong>, war.
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