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Lode van der Linden - Eichsfeld Wiki

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16(ein Regensburger Maler und Architekt). Es kam allerdings wie<strong>der</strong> einmal an<strong>der</strong>s, weilProfessor Elsen unerwartet starb und ich aus familiären Gründen (Vater in <strong>der</strong>Gefangenschaft, Diphterie usw.) „aussetzen“ sollte bzw. musste – viel schlimmer war fürmich, dass Du<strong>der</strong>stadt und mein Leitbild, mein Onkel Ludwig, nur durch Briefe erreichbarwar und dass er während dieser Regensburger Zeit im Jahre 1950 nach Antwerpen zurückging.Hier nun die Auflösung des Rätsels meiner ungerechten Behandlung durch den Ordinarius an<strong>der</strong> Universität Göttingen:Als ich in Göttingen wie<strong>der</strong> einmal gerüffelt worden war, stand Onkel Ludwig einesMontagsmorgens gestiefelt und gespornt vor mir und verkündete: „Ich fahre mit nachGöttingen zu Professor R.!“ Auf seinen Stock und auf meinen rechten Arm gestützt schaffteer die Bahnfahrt und eine Viertelstunde vor Vorlesungsbeginn standen wir im Vorzimmer desOrdinarius in einem provisorischen dunklen, engen Raum. Mir war schrecklich zumute,fürchtete ich doch, Onkel Ludwig wolle für mich „Gutwetter“ erwirken. Das war das Letzte,was ich hätte ertragen können.Ich wurde Zeuge eines stummen Blickduells: Professor R. kam wortlos, groß, mit seinenbuschigen Brauen, dem stechenden Blick, <strong>der</strong> groben vorgeschobenen Unterlippe und <strong>der</strong>Hakennase herein. Er bückte sich leicht, Onkel Ludwig, kleiner, mühsam aufrecht,vornübergebeugt auf seinen Stock, guckte hoch. Es knisterte vor Spannung bis Onkel Ludwig– mir kam es wie eine Ewigkeit vor – seinen Stock heftig aufstieß und Professor R. insGesicht rief: „Also doch, Sie sind es! Komm Ikje“ – so nannte er mich –, „wir gehen.“Noch heute schäme ich mich dafür, dass ich den kranken alten Mann allein zurück fahren ließ,denn ich meinte, ich würde in den Hörsaal gehören.Er hat nie mir gegenüber ein Wort darüber gesprochen außer: „…..dem war ich schon einmalbegegnet“, und ich hatte Scheu, ihn zu fragen. Hatte er doch immer öfter, wenn ich an denWochenenden bei ihm und Tante Johanna war und von Professor R. erzählte, seine berühmtenzornigen schwarzen Augen bekommen und ununterbrochen seinen Bart gestrichen.Jahrzehnte später erfuhr ich von meiner Freundin Waltraud, dass sie mir nichts davonerzählen durfte, da ich in Ruhe weiter studieren sollte und Onkel Ludwig mir meinenIdealismus nicht nehmen wollte. Aus Waltraud kriegte ich heraus, dass Professor R. zu <strong>der</strong>erbärmlichen Clique, er war wohl ein höherer SS-Offizier, gehörte, die im Auftrag Hitlersbzw. Görings vor allem aus den Nie<strong>der</strong>landen und aus Flan<strong>der</strong>n Bil<strong>der</strong> herausholen sollten.Professor <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong>, Onkel Ludwig, war vom belgischen Staat beauftragt worden,im Rahmen einer Kommission diese „Käufe“ durch eine möglichst hohe Taxierung zuverhin<strong>der</strong>n.Als ich sehr viele Jahre später im Alter von über siebzig in Bonn unter die Studenten ging, ummein Studium abzuschließen, hatten wir eine französische Professorin, Frau Bonnet. Sie hatteals einzige den Schneid, Hauptseminare abzuhalten mit Themen wie „Kunst in <strong>der</strong> Hitlerzeit“.Da kam meine ganze Enttäuschung, Verletzung, Hilflosigkeit und Wut von damals wie<strong>der</strong>hoch. Ich sprach mit Frau Professorin Bonnet darüber. Sie sagte, sie kenne ähnliche Fälle,dass braune Nestbeschmutzer sich nach dem Ende <strong>der</strong> Hitlerdiktatur in <strong>der</strong> BundesrepublikDeutschland in hohe Positionen gemogelt hätten.Diese ungerechte Behandlung durch Professor R. ist eine Wunde, die immer wie<strong>der</strong> wehtut.Onkel Ludwig lernte Professor R. während <strong>der</strong> Nazidiktatur als Besatzer kennen, <strong>der</strong> den„Diebstahl“ von Kulturgut in Flan<strong>der</strong>n betrieb, was Onkel Ludwig trotz eigener Gefahr zuverhin<strong>der</strong>n versuchte. Er musste nun erleben, dass dieser Mann nach dem Krieg wie<strong>der</strong>um dieMacht über Menschen, in diesem Fall eine seiner Studentinnen, hatte, <strong>der</strong> er Unrecht tat, nurweil er erfuhr, dass sie Schülerin bei ihm, Professor <strong>Lode</strong> <strong>van</strong> <strong>der</strong> <strong>Linden</strong>, war.

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