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Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz. Band 1 Im ...

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11<br />

gen Krieges stark verringert hätte. 17 Der zweiten Quelle, einer Bittschrift <strong>der</strong> Perleberger<br />

Bürgerschaft an den Lan<strong>des</strong>herrn von 1641, die Steuererleichterungen und<br />

Hilfsleistungen <strong>für</strong> den Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> Stadt nach ihrer mehrfachen Plün<strong>der</strong>ung<br />

im Dreißigjährigen Krieg erwirken sollte, lassen sich an zwei Stellen Hinweise auf<br />

den Bevölkerungsstand Perlebergs in <strong>der</strong> Vorkriegszeit entnehmen. In einem Abschnitt<br />

über die steuerliche Belastung <strong>der</strong> Stadt steht geschrieben, daß „weit uber<br />

Zweymahl hun<strong>der</strong>tt tausend thaler auß dißer kleinen und nur uff 300 Feuersteten<br />

fundirten Stadt hergegeben werden müssen“. 18 <strong>Im</strong> Zusammenhang mit <strong>der</strong> Schil<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Plün<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Stadt 1638 ging <strong>der</strong> Rat in <strong>der</strong>selben Bittschrift zur Verdeutlichung<br />

<strong>der</strong> Bevölkerungsverluste auf den Vorkriegsstand <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

ein. Dazu heißt es, „da wol vor dießer Kriegeß Unruhe drey ia Vierthe halb tausendt<br />

Sehlen in dießer Stad gelebet...“. 19 Diese Angabe, die in <strong>der</strong> Literatur als<br />

3000 bis 3500 Einwohner interpretiert wird 20 , ist zu bezweifeln, weil danach<br />

durchschnittlich mehr als zehn Personen auf einer Feuerstelle gelebt hätten. 21 Die<br />

heutige Forschung ist sich darüber einig, daß im 16. und 17. Jahrhun<strong>der</strong>t nicht<br />

mehr als fünf Personen auf eine Feuerstelle zu veranschlagen sind, auch wenn die<br />

Verläßlichkeit von allgemeinen Multiplikatoren bezweifelt wird. 22 Aus den Populationstabellen<br />

wird ersichtlich, daß auch in <strong>der</strong> ersten Hälfte <strong>des</strong> 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts in<br />

Perleberg nur zwischen 5,2 und 5,9 Personen pro Feuerstelle lebten. 23 Wahrscheinlich<br />

wurde in diesem Abschnitt <strong>der</strong> Bittschrift <strong>der</strong> Bevölkerungsstand bewußt zu<br />

17 Stadtarchiv Perleberg, Urkunde 202, Theodor Bake: Angustiae Perlebergenses. Kurtze und<br />

wahrhafftige Beschreibung <strong>der</strong> barbarischen und tyrannischen Ausplün<strong>der</strong>ung und Verheerung <strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> <strong>Prignitz</strong> gelegenen Hauptstadt Perleberg, so geschehen vom 1. Oct. biß auf den 13. Dez. anno<br />

1638, S. 7. Ein Auszug dieses Textes ist wie<strong>der</strong>gegeben bei Johann Crusius: Höchstnöthige und<br />

heilsame Erneuerung <strong>des</strong> solennen Perlebergischen Dencktages ..., Perleberg 1720, S. 20 ff.<br />

18 „Bittschrift <strong>des</strong> Rates an den Kur<strong>für</strong>sten Friedrich Wilhelm vom 2. Januar 1641“, in: Märkisches<br />

Provinzialblatt, hrsg. v. F. A. Pischon, Bd. 1, Berlin 1818, S. 37 - 61, hier: S. 43.<br />

19 Bittschrift <strong>des</strong> Rates (Anm. 18), S. 54,<br />

20 Carl Ganzel: Die Bevölkerung Perlebergs im dreißigjährigen Kriege, in: Forschungen zur brandenburgischen<br />

und preußischen <strong>Geschichte</strong> 50 (1938), S. 311 - 330, hier: S. 312; Franz Grunick: Chronik<br />

<strong>der</strong> Kreis- und Garnisonstadt Perleberg, Perleberg 1939, S. 141.<br />

21 Trotzdem wird die Angabe <strong>der</strong> Bittschrift kritiklos als geschätzte Einwohnerzahlen in einschlägigen<br />

Hilfsmitteln zur Lan<strong>des</strong>geschichte wie<strong>der</strong>gegeben. Neben dem Historischen Ortslexikon finden<br />

sich diese Angaben auch im Deutschen Städtebuch und dem Handbuch <strong>der</strong> historischen Stätten.<br />

Vgl. Historisches Ortslexikon <strong>für</strong> Brandenburg (Anm. 9), S. 652; Handbuch <strong>der</strong> Historischen Stätten<br />

(Anm. 9), S. 310; Deutsches Städtebuch (Anm. 9), S. 395. Auch Ganzel schätzt die Zahl in <strong>der</strong><br />

Bittschrift als übertrieben ein. Vgl. Ganzel, Bevölkerung (Anm. 20), S. 312.<br />

22 Rödel, „Statistik“ in vorstatistischer Zeit (Anm. 11), S. 15; Pfister, Bevölkerungsgeschichte (Anm.<br />

8), bes. S. 70 f. Zur Verwendung von Multiplikatoren zur Errechnung <strong>der</strong> absoluten Bevölkerung in<br />

Brandenburg vgl. Rainer Wohlfeil: Kriegsverlauf 1635 - 1642. Bevölkerungsverluste <strong>der</strong> brandenburgischen<br />

Städte zwischen 1625 und 1652/3 (Der Dreißigjährige Krieg II), Historischer Handatlas<br />

von Brandenburg und Berlin, Lfg. 50, hrsg. v. Historische Kommission von Brandenburg und Berlin,<br />

mit Erläuterungen von Kurt Rosenbach, Berlin - New York 1976, ohne Seitenangabe, <strong>der</strong> <strong>für</strong><br />

Feuerstellenangaben vor dem Dreißigjährigen Krieg den Umrechnungsfaktor von 4,5 vorschlägt.<br />

23 Bratring (Anm. 12), S. 411; Historisches Ortslexikon (Anm. 9), S. 644 f., 652.<br />

MittVG<strong>Prignitz</strong> 1(2001)

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