Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz. Band 1 Im ...
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hoch angegeben, um die Bevölkerungsverluste um so dramatischer erscheinen zu<br />
lassen, damit letztlich Steuererleichterungen wenn nicht gar eine Befreiung erreicht<br />
werden konnte. <strong>Im</strong> allgemeinen enthalten die Aussagen über die Wirkungen <strong>des</strong><br />
Krieges aus erzählenden Quellen sowohl unbewußte als auch bewußte Korrekturen<br />
nach <strong>der</strong> Seite <strong>des</strong> Schlimmen. Bewußt einseitig gefärbte Berichterstattungen und<br />
Fälschungen sind beson<strong>der</strong>s bei Klageschriften und Eingaben an Behörden, die<br />
Freiheit an Steuern erwirken sollten, zu vermuten. Hier stellt eben <strong>der</strong> Zweck <strong>des</strong><br />
Schriftstückes die objektive Verwertbarkeit in Frage. 24<br />
Aufgrund <strong>des</strong>sen ist die Bevölkerungszahl aus <strong>der</strong> Bittschrift unglaubwürdig. Die<br />
Angabe im Augenzeugenbericht von Bake, daß in Perleberg vor dem Krieg in etwa<br />
300 Häuser bewohnt gewesen seien, ist überzeugen<strong>der</strong>, da dieser Bericht nicht zu<br />
einem vor<strong>der</strong>gründigen Zweck wie Steuererleichterungen o<strong>der</strong> ähnlichem verfaßt<br />
wurde. Nach Ganzel waren die Häuser Perlebergs zu jener Zeit fast durchweg nur<br />
von einer Familie bewohnt. 25 Der Aufbau <strong>der</strong> damaligen zum Großteil nur einstökkigen<br />
Häuser 26 läßt diese These plausibel erscheinen.<br />
Die nächsten Angaben, die Aufschluß über den Bevölkerungsstand Perlebergs im<br />
16. Jahrhun<strong>der</strong>t gewähren, sind sekundärstatistische Quellen, nämlich die Schoßregister<br />
aus den Jahren 1564, 1568 und 1573. In ihnen werden summarische Angaben<br />
über die Anzahl <strong>der</strong> Feuerstellen gemacht. Bei dem Versuch, aus diesen Angaben<br />
einen Hinweis auf die Einwohnerzahl Perlebergs zu erhalten, ist zu bedenken,<br />
daß grundsätzlich die Geistlichkeit steuerfrei war. Für die Stadt Stendal ist zum<br />
Beispiel belegt, daß darüber hinaus die städtischen Beamten, die Kirchen- und<br />
Schulbeamten, die Ärzte und Hebammen befreit waren. 27 Auch waren Steuererleichterungen<br />
möglich, so zum Beispiel durch die Anrechnung von Pachtgel<strong>der</strong>n<br />
o<strong>der</strong> Brandschäden. 28 Daher sind die Zahlen aus den Schoßregistern keineswegs als<br />
Angaben aller Feuerstellen <strong>der</strong> Stadt zu verstehen, son<strong>der</strong>n Lücken sind einzurechnen.<br />
24 Vgl. Kurt Hinze: Die Bevölkerung Preußens im 17. und 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts nach Quantität und Qualität,<br />
in: Otto Büsch und Wolfgang Neugebauer (Hrsg.), Mo<strong>der</strong>ne preußische <strong>Geschichte</strong> 1648 -<br />
1947. Eine Anthologie, Bd. 1, Berlin u. New York 1981 (= Veröffentlichungen <strong>der</strong> Historischen<br />
Kommission zu Berlin 52), S. 282 - 315, hier: S. 288, 296 f.; Fritz Kaphahn: Die wirtschaftlichen<br />
Folgen <strong>des</strong> 30jährigen Krieges <strong>für</strong> die Altmark. Ein Beitrag zur <strong>Geschichte</strong> <strong>des</strong> Zusammenbruchs<br />
<strong>der</strong> deutschen Volkswirtschaft in <strong>der</strong> ersten Hälfte <strong>des</strong> 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts, Gotha 1911 (= Geschichtliche<br />
Studien Bd. 2, Heft 1), S. 2 f.<br />
25 Ganzel, Bevölkerung (Anm. 20), S. 311 f.<br />
26 Vgl. Paul Viereck: Die Stadt Perleberg. Baugeschichte <strong>der</strong> Altstadt. Perleberg 1989, S. 24 ff.<br />
27 Walter Friedensburg (Hrsg.): Kurmärkische Ständeakten aus <strong>der</strong> Regierungszeit Kur<strong>für</strong>st Joachims<br />
II., Bd. 2, München und Leipzig 1916, Nr. 473: „Verzeichnis <strong>der</strong> von den kur<strong>für</strong>stlichen Kommissaren<br />
und Visitatoren behufs Heranziehung zur Taxe abgeschätzten Häuser in Stendal von denen<br />
dem Rat kein Schoß zukommt [1567]“, S. 527 - 537.<br />
28 Friedensburg (Anm. 27), Bd. 2, Nr. 474: „Stendaler Zusammenstellung <strong>der</strong> Abzüge von den Taxen,<br />
zu denen die kur<strong>für</strong>stlichen Kommissare den Grundbesitz <strong>der</strong> Bürger angeschlagen haben [1567]“,<br />
S. 537 - 541 und S. 793.<br />
MittVG<strong>Prignitz</strong> 1(2001)