28.11.2012 Aufrufe

Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz. Band 1 Im ...

Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz. Band 1 Im ...

Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz. Band 1 Im ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

12<br />

hoch angegeben, um die Bevölkerungsverluste um so dramatischer erscheinen zu<br />

lassen, damit letztlich Steuererleichterungen wenn nicht gar eine Befreiung erreicht<br />

werden konnte. <strong>Im</strong> allgemeinen enthalten die Aussagen über die Wirkungen <strong>des</strong><br />

Krieges aus erzählenden Quellen sowohl unbewußte als auch bewußte Korrekturen<br />

nach <strong>der</strong> Seite <strong>des</strong> Schlimmen. Bewußt einseitig gefärbte Berichterstattungen und<br />

Fälschungen sind beson<strong>der</strong>s bei Klageschriften und Eingaben an Behörden, die<br />

Freiheit an Steuern erwirken sollten, zu vermuten. Hier stellt eben <strong>der</strong> Zweck <strong>des</strong><br />

Schriftstückes die objektive Verwertbarkeit in Frage. 24<br />

Aufgrund <strong>des</strong>sen ist die Bevölkerungszahl aus <strong>der</strong> Bittschrift unglaubwürdig. Die<br />

Angabe im Augenzeugenbericht von Bake, daß in Perleberg vor dem Krieg in etwa<br />

300 Häuser bewohnt gewesen seien, ist überzeugen<strong>der</strong>, da dieser Bericht nicht zu<br />

einem vor<strong>der</strong>gründigen Zweck wie Steuererleichterungen o<strong>der</strong> ähnlichem verfaßt<br />

wurde. Nach Ganzel waren die Häuser Perlebergs zu jener Zeit fast durchweg nur<br />

von einer Familie bewohnt. 25 Der Aufbau <strong>der</strong> damaligen zum Großteil nur einstökkigen<br />

Häuser 26 läßt diese These plausibel erscheinen.<br />

Die nächsten Angaben, die Aufschluß über den Bevölkerungsstand Perlebergs im<br />

16. Jahrhun<strong>der</strong>t gewähren, sind sekundärstatistische Quellen, nämlich die Schoßregister<br />

aus den Jahren 1564, 1568 und 1573. In ihnen werden summarische Angaben<br />

über die Anzahl <strong>der</strong> Feuerstellen gemacht. Bei dem Versuch, aus diesen Angaben<br />

einen Hinweis auf die Einwohnerzahl Perlebergs zu erhalten, ist zu bedenken,<br />

daß grundsätzlich die Geistlichkeit steuerfrei war. Für die Stadt Stendal ist zum<br />

Beispiel belegt, daß darüber hinaus die städtischen Beamten, die Kirchen- und<br />

Schulbeamten, die Ärzte und Hebammen befreit waren. 27 Auch waren Steuererleichterungen<br />

möglich, so zum Beispiel durch die Anrechnung von Pachtgel<strong>der</strong>n<br />

o<strong>der</strong> Brandschäden. 28 Daher sind die Zahlen aus den Schoßregistern keineswegs als<br />

Angaben aller Feuerstellen <strong>der</strong> Stadt zu verstehen, son<strong>der</strong>n Lücken sind einzurechnen.<br />

24 Vgl. Kurt Hinze: Die Bevölkerung Preußens im 17. und 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts nach Quantität und Qualität,<br />

in: Otto Büsch und Wolfgang Neugebauer (Hrsg.), Mo<strong>der</strong>ne preußische <strong>Geschichte</strong> 1648 -<br />

1947. Eine Anthologie, Bd. 1, Berlin u. New York 1981 (= Veröffentlichungen <strong>der</strong> Historischen<br />

Kommission zu Berlin 52), S. 282 - 315, hier: S. 288, 296 f.; Fritz Kaphahn: Die wirtschaftlichen<br />

Folgen <strong>des</strong> 30jährigen Krieges <strong>für</strong> die Altmark. Ein Beitrag zur <strong>Geschichte</strong> <strong>des</strong> Zusammenbruchs<br />

<strong>der</strong> deutschen Volkswirtschaft in <strong>der</strong> ersten Hälfte <strong>des</strong> 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts, Gotha 1911 (= Geschichtliche<br />

Studien Bd. 2, Heft 1), S. 2 f.<br />

25 Ganzel, Bevölkerung (Anm. 20), S. 311 f.<br />

26 Vgl. Paul Viereck: Die Stadt Perleberg. Baugeschichte <strong>der</strong> Altstadt. Perleberg 1989, S. 24 ff.<br />

27 Walter Friedensburg (Hrsg.): Kurmärkische Ständeakten aus <strong>der</strong> Regierungszeit Kur<strong>für</strong>st Joachims<br />

II., Bd. 2, München und Leipzig 1916, Nr. 473: „Verzeichnis <strong>der</strong> von den kur<strong>für</strong>stlichen Kommissaren<br />

und Visitatoren behufs Heranziehung zur Taxe abgeschätzten Häuser in Stendal von denen<br />

dem Rat kein Schoß zukommt [1567]“, S. 527 - 537.<br />

28 Friedensburg (Anm. 27), Bd. 2, Nr. 474: „Stendaler Zusammenstellung <strong>der</strong> Abzüge von den Taxen,<br />

zu denen die kur<strong>für</strong>stlichen Kommissare den Grundbesitz <strong>der</strong> Bürger angeschlagen haben [1567]“,<br />

S. 537 - 541 und S. 793.<br />

MittVG<strong>Prignitz</strong> 1(2001)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!