Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz. Band 1 Im ...
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61<br />
merad hab’ Acht !“, <strong>des</strong>sen Einsatz sich als beson<strong>der</strong>s wirkungsvoll erwiesen haben<br />
soll.<br />
Ein weiterer wichtiger Filmtyp erlebte erst in den fünfziger Jahren in Westdeutschland<br />
seinen Aufschwung - obwohl es offensichtlich Vorläufer gab, wie mir an<br />
einem Singer-Beispiel gesehen haben: Das ist <strong>der</strong> Industriefilm als „Sozialfilm“. Er<br />
wurde vor allem von den Unternehmen selbst produziert. So „entstanden detaillierte<br />
Dokumentationen - in schwarzweiß und zunächst ohne Ton - über die sozialen<br />
Einrichtungen, von <strong>der</strong> Wohn- und Gesundheitsvorsorge über Erholungs- und<br />
Freizeitmaßnahmen bis hin zur Kin<strong>der</strong>betreuung und - damals beson<strong>der</strong>s wichtig -<br />
<strong>der</strong> Lebensmittelversorgung“. Hoesch hat mit Vorführungen solcher Filme in Sauerlän<strong>der</strong><br />
und Münsterlän<strong>der</strong> Gaststätten um Arbeitskräfte geworben. Ein ähnlicher<br />
Film <strong>der</strong> Hüttenwerke Rheinhausen A.G. zeigte Aufnahmen von <strong>der</strong> Werksbücherei,<br />
dem Krankenhaus, dem Werkskin<strong>der</strong>garten und <strong>der</strong> Feuerwehr <strong>des</strong> Werkes.<br />
(29)<br />
Schon ein erster Blick auf die Veritas-Filme in Wittenberge zeigt, dass sich die<br />
Merkmale aller dieser Industriefilm-Typen auch bei ihnen wie<strong>der</strong>finden. In Filmen<br />
zu Werkjubiläen treten sie gleich mehrfach auf. Das gilt allerdings auch <strong>für</strong> die<br />
politischen Ober- und Untertöne mancher dieser Filme - wie auch gar nicht an<strong>der</strong>s<br />
zu erwarten war.<br />
Von <strong>der</strong> wirtschaftlichen Durchhaltepropaganda in Industriefilmen aus dem Ersten<br />
Weltkrieg war ja schon die Rede. Nach 1933 machte die ideologische Einfärbung<br />
auch vor den Filmen <strong>der</strong> deutschen Groß- und Schwerindustrie nicht halt. (23, 19f.)<br />
Die Industriefilme waren jetzt nicht nur von triumphalem Technikpathos getragen,<br />
wie in Ruttmanns Mannesmann-Film, o<strong>der</strong> von dem Wunsch, die hohen deutschen<br />
Leistungsstandards dem Ausland vorzuführen; sie propagierten auch das gewünschte<br />
nationale „Gemeinschaftsgefühl“ und zeigten „den Arbeiter als machtvollen,<br />
kraftstrotzenden Menschen“. So wurden etwa Stahl-, Werft- o<strong>der</strong> Bauarbeiter<br />
heroisiert, nach dem Motto eines NS-Filmideologen: „Man muss den Arbeiter<br />
heute an<strong>der</strong>s sehen, jenseits <strong>der</strong> sozialen individuellen Problematik, nicht als den<br />
Ausgebeuteten und Unterdrückten <strong>der</strong> marxistischen Ideologie, son<strong>der</strong>n als den<br />
herrschenden Typus <strong>der</strong> neuen Zeit.“ 7 Dementsprechend wurden jetzt auch Industriefilme<br />
mit Prädikaten wie „Staatspolitisch wertvoll“ bedacht. (18)<br />
Als die „neue Zeit“ vorüber war und durch an<strong>der</strong>e „neue Zeiten“ abgelöst wurde,<br />
traten im Westen die Ideen <strong>des</strong> wirtschaftlichen und industriellen Neuanfangs im<br />
Zeichen <strong>der</strong> Sozialpartnerschaft in den Vor<strong>der</strong>grund und in <strong>der</strong> DDR die Propaganda<br />
<strong>des</strong> volkseigenen „sozialistischen Betriebes“ und seiner Kollektive. Das<br />
spürt man natürlich auch in den Veritas-Filmen. Man muss es ihnen aber nicht von<br />
vornherein zum Vorwurf machen.<br />
7 Frank Maraun, 1939, zit. bei Schaller, S. 19 f.<br />
MittVG<strong>Prignitz</strong> 1(2001)