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Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz. Band 1 Im ...

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Ursula Stillich: Wolfshagen intim 1652 - 1820. Vom beschwerlichen Leben und<br />

Sterben <strong>der</strong> einfachen Leute in <strong>der</strong> <strong>Prignitz</strong>. Schwerin: Stock & Stein 2000. 231 S.<br />

Das hier vorzustellende Buch beruht im wesentlichen auf <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> Kirchenbücher<br />

von Tacken und Seddin im Zeitraum zwischen 1652 und 1820. Daß<br />

sich <strong>der</strong> Titel <strong>des</strong> Buches auf Wolfshagen kapriziert, das zwar nach Seddin eingepfarrt<br />

war, aber im Buch nicht diese hervorgehobene Rolle spielt, erklärt sich<br />

wahrscheinlich aus dem gleichnamigen Wohnort <strong>der</strong> Autorin. Das Interesse <strong>der</strong><br />

Ärztin richtet sich auf die Lebensumstände, vor allem - was nicht weiter überrascht<br />

- auf die seuchen- und kommunalhygienischen Verhältnisse. Die Verfasserin berichtet<br />

viele interessante Details über Verbreitung und Verlauf von Krankheiten,<br />

mit denen die Menschen <strong>der</strong> damaligen Zeit zu tun hatten. Dabei gelingt es ihr,<br />

diese Passagen auch <strong>für</strong> den Nicht-Mediziner verständlich zu formulieren. Die<br />

Autorin zeichnet ein erschüttern<strong>des</strong> Bild: drakonisch bestrafende und<br />

reglementierende Obrigkeiten; rechtlose, in den Alkoholismus getriebene Frauen;<br />

unehelich geborene Mädchen, die, ausgestoßen von <strong>der</strong> Gemeinschaft, zwangsläufig<br />

in die Prostitution getrieben wurden; roh und verständnislos gegenüber ihren<br />

schwangeren Frauen auftretende Bauern; gefühlskalte und abgestumpfte Eltern;<br />

alkoholabhängige und brutale Schulmeister; katastrophale hygienische<br />

Verhältnisse und Hilflosigkeit gegenüber den Krankheiten.<br />

Nun sollen, das sei hier ausdrücklich betont, die aus heutiger Sicht schlimmen<br />

Zustände in <strong>der</strong> medizinischen Versorgung we<strong>der</strong> geleugnet noch beschönigt werden.<br />

Aber man fragt sich beim fortschreitenden Lesen, wie es überhaupt möglich<br />

war, daß die Menschen überlebten und bereit waren, das ganze Ungemach zu ertragen,<br />

das sich nach <strong>der</strong> Ansicht <strong>der</strong> Verfasserin ja nicht nur auf Krankheiten und<br />

Tod beschränkte. Und hier genau offenbaren sich zwei ganz wesentliche Schwächen<br />

<strong>des</strong> Buches. Die Autorin unterläßt lei<strong>der</strong> jeglichen Versuch, die von ihr vorgestellten<br />

Aspekte in ein Gesamtbild <strong>der</strong> Lebensumstände einzuordnen. Natürlich<br />

gab es Krankheiten, die bei <strong>der</strong> Quellengattung Kirchenbuch zwangsweise den Tod<br />

bedeuteten, weil sonst gar kein Eintrag im Register erfolgt wäre - aber die Mehrheit<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung muß überlebt haben, sonst wäre doch die gesamte Population<br />

ausgestorben. Diese Relativierung unterbleibt vollständig, so daß durch die Fixierung<br />

auf die Phänomene Krankheit und Tod ein sehr einseitiges Bild von <strong>der</strong><br />

damaligen Wirklichkeit entsteht.<br />

Der zweite grundsätzliche Einwand bezieht sich auf die m. E. unzulässigen Verallgemeinerungen<br />

<strong>der</strong> Autorin hinsichtlich <strong>der</strong> allgemeinen Verhältnisse <strong>der</strong> damaligen<br />

Zeit. Einige Beispiele sollen das kurz belegen. Auf ganzen zwei Seiten (S. 18 -<br />

19) wird versucht, die historische Leistung von vier preußischen Königen darzustellen.<br />

Daß es dabei zu Pauschalurteilen und unzulässigen Vereinfachungen<br />

kommt, kann nicht verwun<strong>der</strong>n. Bei <strong>der</strong> Beurteilung <strong>des</strong> Erbmarschallamtes <strong>der</strong><br />

MittVG<strong>Prignitz</strong> 1(2001)

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