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Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz. Band 1 Im ...

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16<br />

Ein Hinweis auf eine Musterungsordnung <strong>für</strong> Perleberg findet sich in <strong>der</strong> Ordnung<br />

<strong>der</strong> Stadt Perleberg 44 , die auf das Jahr 1639 datiert wird. Die Sprache und die<br />

Schreibweise in den Statuten weisen jedoch nach Vogel auf die erste Hälfte <strong>des</strong> 16.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts hin, und in ihren Grundzügen gehört die Ordnung nach ihm noch<br />

älteren Zeiten an. 45 Das dritte Kapitel <strong>der</strong> Stadtordnung ist die Hausordnung, <strong>der</strong>en<br />

wie<strong>der</strong>um dritter Artikel lautet: „Ein je<strong>der</strong> Burger so ein haußlandt hadt o<strong>der</strong> sonst<br />

nach erkentnüß <strong>des</strong> Rahts vermögen darzu ist, soll ein eigen Harnisch und seine<br />

Wehre [...] dabey haben, und wird ein Hauß verkaufft soll d. Harnisch undt die<br />

gesamte Wehre dabey bleiben.“ Der Begriff „haußlandt“ bezeichnete das Grundstück,<br />

auf dem ein massives Haus erbaut war. Mit an<strong>der</strong>er Schrift ist an <strong>der</strong> Seite<br />

ein Beschluß vom 17. August 1639 wie<strong>der</strong>gegeben, daß ab jetzt je<strong>der</strong> Hauseigentümer<br />

sowie je<strong>der</strong> Neubürger ein Gewehr o<strong>der</strong> „feur Rohr“ besitzen sollte. <strong>Im</strong><br />

vierten Artikel <strong>der</strong> Hausordnung heißt es: „Ein jede Witbe so ein Aufbott o<strong>der</strong><br />

sonsten ein Gerüchte würde, soll einen tüchtigen Mann mit dem Harnische vor sich<br />

zu felde haben“. An <strong>der</strong> Seite steht hier „guites gewehr“.<br />

Die Ordnung ist ein Hinweis darauf, daß Perleberg wie Thüringen 46 zu jenen Gebieten<br />

gehörte, in denen die Verpflichtung zum Militärdienst an das Haus gebunden<br />

war. In Thüringen hatte im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t je<strong>des</strong> ländliche o<strong>der</strong> städtische<br />

Haus mit wenigen Ausnahmen einen Wehrpflichtigen zu stellen, selbst wenn ihm<br />

eine Frau vorstand. Inwohner und „Hausgenossen“ wurden nicht erfaßt. Dies<br />

scheint den Verhältnissen in Perleberg ungefähr zu entsprechen, auch wenn die<br />

Bemerkung in <strong>der</strong> Stadtordnung zu beachten ist, daß neben den Hauseigentümern<br />

zusätzlich vom Rat als vermögend genug eingeschätzte Personen gemustert werden<br />

sollten, die sich eine militärische Ausrüstung leisten konnten. Budeneinwohner,<br />

<strong>der</strong>en Buden auf dem „Hausland“ eines an<strong>der</strong>en Wohnhauses standen, waren nicht<br />

zum Militärdienst verpflichtet, <strong>der</strong> kirchliche und städtische Besitz war befreit. 47<br />

<strong>Im</strong> Gegensatz zu Thüringen wurden in Perleberg nicht die Vorstände <strong>der</strong> Hausbewohner,<br />

son<strong>der</strong>n die Eigentümer <strong>der</strong> Hausgrundstücke erfaßt. Besaß eine Person<br />

mehrere Häuser, mußte sie mehrere Personen zum Militärdienst stellen. Bei Mehrfachbesitz<br />

von Häusern kann davon ausgegangen werden, daß die nicht zum<br />

Selbstgebrauch benötigten Häuser an an<strong>der</strong>e Bürger vermietet o<strong>der</strong> verwandten<br />

Familien zur Verfügung gestellt wurden. Und weil im allgemeinen nur eine Bür-<br />

Wi<strong>der</strong>spruch zu seiner Behauptung steht, daß die Musterung seitdem auf einer Kombination von<br />

allgemeiner Wehrpflicht und Wehrpflicht kraft Grundbesitzes beruhte.<br />

44 BLHA Potsdam, Pr. Br. Rep. 8 Stadt Perleberg 2, Ordnung <strong>der</strong> Stadt Perleberg von 1639.<br />

45 Otto Vogel: Perlebergische <strong>Geschichte</strong>n, Perleberg 1902, S. 13. Ein Indiz <strong>für</strong> diese Interpretation<br />

ist, daß häufig an <strong>der</strong> Seite mit an<strong>der</strong>er Schrift Zusätze geschrieben wurden, die sich auf die Jahre<br />

um 1639 beziehen.<br />

46 Fritz Koerner: Die Bevölkerungsverteilung in Thüringen am Ausgang <strong>des</strong> 16. Jahrhun<strong>der</strong>ts, in:<br />

Wissenschaftliche Veröffentlichungen <strong>des</strong> Deutschen Instituts <strong>für</strong> Län<strong>der</strong>kunde 15/16 (1958), S.<br />

178 - 315, hier: S. 185.<br />

47 Ganzel, Bevölkerung (Anm. 20), S. 312.<br />

MittVG<strong>Prignitz</strong> 1(2001)

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