Umweltbelastungen und Gesundheit 9. Juni 1999 - Toxnet Infoportal ...
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POLITISCHE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR PRÄVENTION UND UMWELTMEDIZIN<br />
Ges<strong>und</strong>e Lebensverhältnisse zu schaffen ist aber eindeutig Aufgabe der Allgemeinheit: Nicht nur derjenigen,<br />
die in der Krankenkasse versichert sind, sondern auch derer, die woanders ihre ges<strong>und</strong>heitliche<br />
Versorgung finanzieren. Auch sie müssen dazu beitragen, dass wir ges<strong>und</strong>e Lebensverhältnisse<br />
haben. Das heißt, wir brauchen eine allgemeine, breiter angelegte Ges<strong>und</strong>heitsfürsorge, eine die Ursachen<br />
von Krankheit angehende Primärvorsorge. Das können nicht die Krankenkassen allein bewerkstelligen,<br />
zumal sie nicht für eine ges<strong>und</strong>e Umwelt zuständig sind. Primärprävention ist staatliche<br />
Aufgaben: die Kommunen, das Land <strong>und</strong> der B<strong>und</strong> sind in der Pflicht <strong>und</strong> derartige Vorsorge muss mit<br />
Steuergeldern finanziert werden. Auf allen diesen Ebenen muss die Prävention integraler Bestandteil<br />
der Politik werden. Das heißt, wenn wir Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge ernst nehmen, müssen wir in fast allen<br />
Politikfeldern (Wohnungsbau, Verkehr, Landwirtschaft <strong>und</strong> Ernährung u.a.) immer diese Aufgabe<br />
berücksichtigen. Alles, was der Gesetzgeber gestaltet, muss unter dem Aspekt geprüft werden: »Wie<br />
wirkt es sich auf die Ges<strong>und</strong>heit aus?«.<br />
Unsere Arbeit wird noch erheblich komplizierter, weil sehr viele Vorgaben inzwischen nicht mehr in<br />
Deutschland gemacht werden, sondern aus Brüssel kommen. Viele Standards im Ges<strong>und</strong>heitsbereich<br />
werden innerhalb Europas als Standards festgelegt. Als Abgeordneter, der für die Arbeitsgruppe<br />
Ges<strong>und</strong>heit die EU-Vorlagen prüft, kommentiert <strong>und</strong> versucht, eigene Anregungen auf diesem Wege<br />
einzubringen, weiß ich, wie kompliziert diese Arbeit häufig ist. Entscheidend ist aber folgendes: Wenn<br />
aus Brüssel Vorlagen kommen, dann sind das oft solche, die von in der EU einflussreichen Interessenverbänden<br />
vorgetragen worden sind. Aber nun frage ich Sie, wer von Ihnen hat denn einen direkten<br />
Draht dahin. »Welcher Verband ist denn so stark, dass er dort eine Initiative starten kann.« Leider verhält<br />
es sich so, dass Gesetzesvorhaben, die aus Brüssel kommen, überwiegend von Industrieverbänden<br />
<strong>und</strong> von der Wirtschaft initiiert werden <strong>und</strong> dass ges<strong>und</strong>heitliche Angelegenheiten deshalb oft zu kurz<br />
kommen. Regelungsbedarf wird häufig nicht von der Konsumentenseite angemahnt. Von daher glaube<br />
ich, dass es notwendig ist, <strong>und</strong> ich sage das auch angesichts der anstehenden Europawahlen, das Parlament<br />
zu stärken <strong>und</strong> dafür zu sorgen, dass die Betroffenenseite über die Volksvertreter im Europaparlament<br />
besser repräsentiert wird <strong>und</strong> damit Initiativen verstärkt vom Parlament ausgehen können.<br />
Denn ein Parlament tut überwiegend das, was die Bevölkerung von den Volksvertretern fordert. Interessieren<br />
Sie sich also für ihre Europaparlamentarier, denn sie können auf der Brüsseler Ebene Weichen<br />
stellen, die dann auch in Deutschland für uns ganz wichtig werden.<br />
Ich werde jetzt kurz zu einigen Feldern kommen, wo wir in der Zukunft etwas verbessern müssen <strong>und</strong><br />
können.<br />
Zum einen müssen wir meiner Meinung nach die Organisationen, Ämter <strong>und</strong> Einrichtungen des B<strong>und</strong>es<br />
neu strukturieren. Das Umweltb<strong>und</strong>esamt kann mit dem Institut für Wasser, Boden <strong>und</strong> Luft sehr viel<br />
für die Primärprävention tun, das Robert-Koch-Institut, das BgVV (das B<strong>und</strong>esinstitut für Verbraucherschutz<br />
<strong>und</strong> Veterinärmedizin) <strong>und</strong> andere Institute haben auch für den Bereich ges<strong>und</strong>heitlicher<br />
Umweltschutz <strong>und</strong> Umweltmedizin bedeutsame Teilzuständigkeiten. Was fehlt, <strong>und</strong> das ist bei der<br />
vorigen Regierung durch Herrn Seehofer abgeändert worden, das ist eine Koordination dieser unterschiedlichen<br />
Institutionen, die projektbezogen Kapazitäten zusammenführt. Wenn das Kind bereits in<br />
den Brunnen gefallen ist, wenn etwas passiert ist <strong>und</strong> Handlungsbedarf besteht, dann gibt es oft Adhoc-Arbeitsgruppen.<br />
Aber eine koordinierte, projektbezogene, von analysierten Defiziten im umweltmedizinischen<br />
Bereich abgeleitete, strukturierte Organisation, die fehlt. Das heißt, was wir in der<br />
Regierungsverantwortung versuchen müssen, ist, diese vorhandenen Ressourcen projektbezogen so zu<br />
gestalten, dass sie durch Kooperation einfach mehr leisten können, indem sie schneller <strong>und</strong> vorbeugend<br />
die Probleme des ges<strong>und</strong>heitlichen Umweltschutzes <strong>und</strong> der Umweltmedizin bearbeiten können.<br />
Am Rande möchte ich auf ein Problem hinweisen, das Sie sehr interessieren wird. Es betrifft das Deutsche<br />
Institut für Bautechnik, mit Sitz in Berlin, das gemeinsam von den Ländern <strong>und</strong> vom B<strong>und</strong> finanziert<br />
wird. Dieses Deutsche Institut für Bautechnik pflegt die einzige Datenbank, in der die Rezepturen<br />
für die Stoffe, aus denen Baumaterialien hergestellt werden, gespeichert sind. Dort kann bei<br />
Bedarf recherchiert werden. Jetzt gibt es aber erhebliche Bemühungen der deutschen Bauchemie, d.h.<br />
des Verbandes der deutschen Chemieunternehmen, diese Datenbank für überflüssig zu erklären. Sie