Umweltbelastungen und Gesundheit 9. Juni 1999 - Toxnet Infoportal ...
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32<br />
DISKUSSION<br />
riesengroß«. Ich setze dagegen. Die Wissenslücken bei den wissenschaftlichen Entscheidungsträgern<br />
in Deutschland sind groß. D.h. es gibt jede Menge wissenschaftlicher Untersuchungen, die vielfach<br />
belegt sind, die nicht in Deutschland stattgef<strong>und</strong>en haben <strong>und</strong> auf welche die deutsche Wissenschaft<br />
offensichtlich nicht zurückgreift. Hier ein Auftrag an die Ministerin: Endlich mal zu koordinieren <strong>und</strong><br />
endlich mal zu sagen: »Fangt nicht bei Null an, sondern greift auf das zurück, was vorhanden ist«.<br />
Und noch eine kritische Bemerkung: Die Strahlenschutzkommission, die kann man entlassen. Den<br />
Ausschuss für Ärzte <strong>und</strong> Krankenkassen, dessen hat man sich begeben, auf den überhaupt irgend einen<br />
Einfluss zu haben. Und wenn dort falsche Positionen vertreten werden, <strong>und</strong> das hat etwas mit diesem<br />
Nichtwissen zu tun, dann hat die Politik keinen Einfluss mehr. Auch hier muss etwas verändert werden.<br />
Und dann möchte ich noch auf Herrn Dr. Wodarg eingehen. Sie haben gesagt: »Die Konkurrenz der<br />
Krankenkassen untereinander ist schädlich, weil das den Ansatz zur Solidargemeinschaft der Versicherten<br />
aufhebt«. Das gilt nicht nur für die Krankenkassen, sondern auch für den Patientenkreis jedes<br />
einzelnen Arztes. Denn kein Arzt hat ein Interesse daran, Patienten zu behandeln, die jede Menge<br />
Medikamente brauchen. Und auch hier muss sich etwas verändern. Das muss genau so gesehen werden<br />
wie das, was Sie sehr richtig bemängeln.<br />
Michael Müller, MdB<br />
Meine Damen <strong>und</strong> Herren, ich möchte auch auf den Beitrag der Ministerin eingehen.<br />
Sie müssen sehen, dass ich seitdem ich im B<strong>und</strong>estag bin, also seit mehr als einem Jahrzehnt, versuche,<br />
den Zusammenhang zwischen Umwelt <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit zu thematisieren, <strong>und</strong> dass ich natürlich<br />
von einer neuen B<strong>und</strong>esregierung erwarte, dass sie, anders als die alte B<strong>und</strong>esregierung, diese Thematisierung<br />
ernst nimmt.<br />
Das hat die Ministerin hier gesagt. Dem müssen aber Taten folgen, sonst hilft das nichts. Wir werden<br />
auch sie genauso an ihren Taten messen, wie wir früher die Regierung gemessen haben. Das wird gar<br />
nicht anders gehen. Und deshalb will ich drei Anmerkungen machen, auch weil der Vertreter des Ministeriums<br />
hier ist.<br />
Ich teile nicht die Position, das hat ja auch meine Vorrednerin gesagt, dass wir einen so unheimlich<br />
hohen Forschungsbedarf haben. Forschungsbedarf haben wir immer. Aber wir wissen in der Zwischenzeit<br />
eine Menge über den Zusammenhang von <strong>Umweltbelastungen</strong>, Sozialbelastungen <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heit. So dass man in jedem Fall sehr viel mehr Freiraum für Ärzte, für medizinische Methoden<br />
schaffen kann, <strong>und</strong> dass man vor allem denen mal auf die Finger hauen soll, die bisher alles blockieren.<br />
Das erwarten wir. Und ich meine das auch in Richtung auf die Ministerin. Wenn da nichts passiert,<br />
werden wir eine Enquete-Kommission beantragen im B<strong>und</strong>estag, um deutlich zu machen, wie groß hier<br />
in der B<strong>und</strong>esrepublik der Unterschied zwischen Theorie <strong>und</strong> Praxis ist.<br />
Wir haben auch im SPD-Fraktionsvorstand beschlossen, dass wir versuchen, wenn wir in den gegebenen<br />
Strukturen nicht weiter kommen, dies durch eine andere Debatte aufzubrechen. In den gegebenen<br />
Strukturen scheint man dies nur begrenzt zu können. Denn es ist doch so, dass jeder Arzt, der versucht,<br />
neue Wege zu gehen, erst mal wie Don Quichote gegen Windmühlen kämpft. Und das ist nicht<br />
zu akzeptieren, denn im obersten Ziel des Politikers steht, die Volksges<strong>und</strong>heit zu schützen.<br />
Insofern erwarten wir schon, dass in dieser Richtung mehr getan wird.<br />
Und dann wollte ich ein Zweites sagen. Ich warne auch davor, die Umweltmedizin als neuen Zweig in<br />
der Medizin zu sehen. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Aber das Ges<strong>und</strong>heitsverständnis, das ich habe,<br />
sagt nicht «Jetzt haben wir hier so <strong>und</strong> so viel Medizinsparten, jetzt müssen wir auch noch die<br />
Umweltmedizin dazu hören«. Für mich gehören, wenn ich den Ansatz Umwelt <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit, also die<br />
Förderung der Ges<strong>und</strong>heit, ins Zentrum stelle, Umweltschutz <strong>und</strong> Arbeitsschutz direkt ins Zentrum<br />
einer Ges<strong>und</strong>heitspolitik, nicht als Fachdisziplin irgendwo dabei. Das ist ein anderer Ansatz. Die<br />
eigentliche Herausforderung ist, Ges<strong>und</strong>heitsschutz ins Zentrum zu stellen, <strong>und</strong> dann gehört unmittelbar<br />
integriert Umweltpolitik oder Umweltschutz oder die Zurückdrängung von Giften etc. dazu. Das<br />
ist eines der F<strong>und</strong>amente dieser Umwelt- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitspolitik. Ich finde, Umweltpolitik ist keine