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Umweltbelastungen und Gesundheit 9. Juni 1999 - Toxnet Infoportal ...

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POLITISCHE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR PRÄVENTION UND UMWELTMEDIZIN<br />

behaupten, die vorhandenen Stoffdatenblätter reichten völlig aus. Es scheint so als ob dieses Institut<br />

gegen die Bau- <strong>und</strong> Chemie-Lobby ums Überleben kämpfen muss. Ich erwähne diesen Punkt hier in<br />

dieser Veranstaltung, weil ich mich dafür einsetzen möchte, <strong>und</strong> dabei auf die Unterstützung meiner<br />

Kollegen aus dem Parlament <strong>und</strong> auch auf Ihre Unterstützung rechne, dass wir dieses Institut <strong>und</strong> diese<br />

Datenbank nicht nur erhalten, sondern dass wir sie nutzen <strong>und</strong> weiter ausbauen können. Denn<br />

wenn wir nicht wissen, was in den Baumaterialien enthalten ist, ist die Expositionsanamnese nicht<br />

nur sehr schwierig, sondern häufig unmöglich. Wir können nicht gezielt suchen. Wenn diese Rezepturen<br />

nicht bekannt sind, verursacht das unnötige Laborkosten <strong>und</strong> verhindert gezieltes Nachforschen.<br />

Die Daten bieten also eine sehr wichtige Basis umweltmedizinischen Arbeitens.<br />

Es gibt einen weiteren wichtigen Bereich, den ich nur anreißen kann. Das ist der Bereich der Begutachtung.<br />

Ich habe bei der letzten Veranstaltung schon angesprochen, dass wir in Deutschland ein Gutachterunwesen<br />

vorfinden. Die SPD-Fraktion hat das schon in der vorigen Legislatur-Periode zum<br />

Anlass genommen, einen Verbesserungsvorschlag auf den Weg zu bringen: eine Neuordnung der<br />

sozialmedizinischen Begutachtung, die nicht nur die Umweltmedizin betrifft, sondern generell die<br />

Situation in Frage stellt, dass in Deutschland jeder Kostenträger seine eigenen Gutachter hat. Das sollte<br />

nicht möglich sein.<br />

Ein weiteres Problem scheint die Auswahl der Gutachter bei den Gerichten zu sein. Da die einzelnen<br />

Fachgebiete viel spezielles Wissen erfordern, ist es wichtig, dass der Richter versteht, was der Gutachter<br />

sagt, damit er Recht sprechen kann. Dies ist aber nicht immer einfach für einen Juristen, der sich<br />

ja mit der Materie sonst nicht befaßt. Es gibt nun Gutachter, die sich eingeschossen haben auf die<br />

Sprache der Gerichte. Die sprechen so, dass Richter es verstehen können. Das kann nicht jeder Fachmann.<br />

Und die Richter befragen natürlich diese Gutachter besonders gern. Und jetzt ist die Frage,<br />

»Was sind das für Gutachter?« Sind sie unabhängig oder sind sie nicht unabhängig?<br />

Wenn man sich die wissenschaftlichen Institute heutzutage in Deutschland ansieht, <strong>und</strong> sieht, wie sie<br />

sich finanzieren, muss man feststellen, das der Staat bisher relativ wenig Geld für die Wissenschaft<br />

erübrigt. Viele Gelder kommen aus der Industrie. Die überwiegende Zahl an Forschungsaufträgen,<br />

Unterstützungen, Gutachtenaufträgen kommen aus Wirtschaft <strong>und</strong> Industrie. Die Institute <strong>und</strong> damit<br />

auch die Forscher <strong>und</strong> ihre Mitarbeiter finanzieren sich im Wesentlichen von diesen Geldern. Sie leben<br />

davon. Und da ist es schwierig, Gutachter zu finden, die auf diese Forschungsmittel nicht angewiesen<br />

sind. Wir müssen Transparenzregeln fordern, auch wenn dies eher ein Thema für die Juristen ist, weniger<br />

für die Mediziner. Diese Transparenzregeln müssen sich niederschlagen in den Prozessordnungen.<br />

Das heißt, dass Gutachter ihre finanziellen Abhängigkeiten bzw. ihre Unabhängigkeit regelmäßig<br />

offenlegen müssen. Sie müssen gegebenenfalls nachweisen, von wem sie Geld bekommen oder bekommen<br />

haben <strong>und</strong> von wem sie abhängig sind. Ich denke, dass wir mit der »Qualitätssicherungsmaßnahme<br />

für Gutachter« schon eine Menge gewonnen hätten. Es kann nicht mit rechten Dingen zugehen,<br />

wenn wir das Beispiel der Malerkrankheit nehmen, dass es in Dänemark diese Krankheit als Berufskrankheit<br />

vielh<strong>und</strong>ertfach gibt, <strong>und</strong> dass sie in Deutschland so gut wie gar nicht vorkommt, obwohl in<br />

Dänemark die gleichen Farben benutzt werden. Da gibt es offenbar unterschiedliche Anschauungen,<br />

unterschiedliche Begutachtungsformen <strong>und</strong> unterschiedliche Umgangsweisen.<br />

Ich habe neulich im Ges<strong>und</strong>heitsausschuss einen Bericht über die Situation der Berufserkrankungen in<br />

Europa zur Stellungnahme erhalten. Da wurde die Situation in Spanien, Frankreich, England, Skandinavien<br />

<strong>und</strong> in Deutschland verglichen. Lauter Zahlenkolonnen standen nebeneinander. Ich habe mich<br />

mit den Zahlen gar nicht kritisch auseinandersetzen können, weil nirgendwo stand, nach welchen Kriterien<br />

die Bewertung der Anerkennung oder Nichtanerkennung erfolgt. Es gibt in Europa keine einheitlichen<br />

Bewertungen für Berufskrankheiten, keine einheitlichen Maßstäbe <strong>und</strong> keine Qualitätssicherung<br />

für Gutachter. Deshalb, wenn ein Staat sagt »Wir haben viele Berufserkrankungen, wir haben<br />

viele Probleme mit Umweltgiften« <strong>und</strong> ein anderer sagt »Wir haben das nicht, bei uns ist alles prima«,<br />

so kann aus diesen Zahlen bisher nur abgelesen werden, wie deutlich nachgesucht wird, aber nicht,<br />

wie die Wirklichkeit aussieht. Das muss geändert werden. Deshalb hat der Ges<strong>und</strong>heitsausschuß auf<br />

meinen Antrag hin beschlossen, dass die B<strong>und</strong>esregierung beauftragt wird, dafür zu sorgen, dass erst<br />

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