Das ist doch keine Kunst! Der Computer im - Mediaculture online
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<strong>Kunst</strong>- und Medienerziehung PRAXISBAUSTEIN<br />
Medienpraxis, auch als eine Ergänzung und Alternative<br />
zu den tradierten Methoden der Bildkommunikation.<br />
Vielleicht kann man dadurch Menschen<br />
für die ästhetische Praxis bege<strong>ist</strong>ern, die der konventionelle<br />
<strong>Kunst</strong>unterricht nicht erreichen würde.<br />
Durch die zunehmende Bedeutung des Internets<br />
und seiner Nutzung in der Schule wird die Erstellung<br />
und Wertung von Web-Design wichtig; Seitenlayout<br />
und die Handhabung des Bildmaterials sollte<br />
sich der <strong>Kunst</strong>unterricht „nicht nehmen lassen“.<br />
Chancen für fächerverbindendes Arbeiten tun sich<br />
auf. Zusätzlich sind durch das Internet die Möglichkeiten<br />
der Informationsbeschaffung über <strong>Kunst</strong>,<br />
Künstler, Galerien und Museen enorm gewachsen.<br />
Die sinnvolle Nutzung dieser neuen Angebote erfordert<br />
entsprechendes Wissen.<br />
„Die <strong>Kunst</strong>erzieher dürfen die technischen Bildmedien,<br />
die digitale Bildbearbeitung, das Zusammenwachsen<br />
von Bild, Ton und Text, die mult<strong>im</strong>ediale<br />
Verknüpfung von Spiel und Information nicht in die<br />
pädagogischen Sphären anderer Fächer entlassen.<br />
Sie müssen sich kompetent machen und traditionelle<br />
Positionen an die aktuellen Trends vermitteln,<br />
ohne sich zu verbiegen“ 1 . Nötig <strong>ist</strong> es, erst einmal<br />
Grundlagen durch Erlernen der Handhabung der<br />
Software zu bilden. <strong>Der</strong> damit verbundene Zeitund<br />
„Kraft“aufwand darf nicht unterschätzt werden.<br />
Häufig wird in der Praxis beobachtet, dass bei<br />
intensiver <strong>Computer</strong>arbeit die Schülerinnen und<br />
Schüler leider recht schnell die Lust verlieren. <strong>Der</strong><br />
Gefahr des oberflächlichen Perfektionismus sollte<br />
man durch Intensität widerstehen, die „mediale<br />
Kälte“ durch persönlichen Bezug aufwärmen 2 .<br />
Oft wird die Grafiksoftware nur auf ihre Funktionen<br />
und Effekte hin ausprobiert. Ein sachgerechtes,<br />
konsequentes, produktives und eigenschöpferisches<br />
Arbeiten muss erst gelernt werden, auch in der Wahl<br />
der Inhalte und Stile. Wie in der künstlerischen<br />
kreativen Arbeit mit dem <strong>Computer</strong> sich Exper<strong>im</strong>ent<br />
und Spiel mit konsequenter Durchführung<br />
und sach- und inhaltsbezogener Anwendung verquickt,<br />
sollte ein zu erreichendes Ziel für den<br />
<strong>Kunst</strong>unterricht sein. Dazu gehört auch die Reflexion<br />
der Ergebnisse und des Umgangs mit dem<br />
neuem Medium. Wichtig <strong>ist</strong> es, die künstlerische Betreuung<br />
nicht „Corel und Company“ zu überlassen<br />
(einschließlich der „bequemen“ Bildarchive mit<br />
me<strong>ist</strong> kitschiger Clip-Art). Penetrant erkennt man<br />
häufig die gängelnde Handschrift best<strong>im</strong>mter Software,<br />
insbesondere von Raytracern. Ungeachtet der<br />
unglaublich reichhaltigen Möglichkeiten, mit dem<br />
<strong>Computer</strong> künstlerisch kreativ zu arbeiten, hat sich<br />
leider schon in der Öffentlichkeit ein ganz best<strong>im</strong>m-<br />
1 Ulrich Schuster 1999, http://www.kunstunterricht.de/<br />
material/fachd1.htm, in Artikel von Freiberg<br />
2 Freiberg, in „Chancen und Grenzen der neuen Medien <strong>im</strong><br />
<strong>Kunst</strong>unterricht“, BDK Verlag Hannover 1998<br />
M h<br />
ter <strong>Computer</strong>kunststil breit gemacht, der Anleihen<br />
bei bekannten Künstlern und <strong>Kunst</strong>stilen (insbesondere<br />
Surrealismus) mehr oder weniger plump<br />
umsetzt. Aufgrund des eher konstruierenden Vorgehens<br />
der häufig eingesetzten Vektorgrafikprogramme<br />
<strong>ist</strong> die Wirkung der Bilder betont geometrisch<br />
und eher dekorativ. Farbverläufe sind mathematisch<br />
perfekt und wirken so unorganisch und<br />
kalt. Formen sind oft comicartig umrandet und<br />
farbig gefüllt.<br />
Befremdend, aber von der Tendenz her nicht mehr<br />
erstaunlich, sind insbesondere derartige Gestaltungen<br />
<strong>im</strong> Bereich der Darstellung von menschlichen<br />
Figuren. Dieses Gestaltungsprinzip führt zu einer<br />
Art „Comicstil“, der überwiegend in <strong>Computer</strong>spielen<br />
angewandt wird und sich dadurch leider schnell<br />
(siehe auch die Beliebtheit von „Lara Croft“ ...) verbreitet.<br />
Und er findet sich unangenehmerweise auch<br />
plötzlich <strong>im</strong> „klassischen Gestaltungsbereich“ wieder.<br />
Dabei hindert eigentlich nichts und niemand die<br />
Anwender von <strong>Computer</strong>grafiksoftware, mit jeglichem<br />
Programm eigenschöpferisch zu exper<strong>im</strong>entieren.<br />
Leider wird aber der Anwender – beginnend<br />
von den Bildern in der Werbung der Grafiksoftware<br />
bis hin zu den Abbildungen und „Tutorials“ <strong>im</strong><br />
Handbuch – beeinflusst. Exponierte Vertreter der<br />
„Fangemeinde“ tun dann noch ein Übriges durch<br />
Abbildungen oder Workshops in der Fachpresse.<br />
3D-Raytracing-Programme hingegen unterstützen<br />
das <strong>Kunst</strong>verständnis einer breiten Öffentlichkeit,<br />
welches überwiegend naturgetreue Bilder als <strong>Kunst</strong><br />
ansieht. So werden mühevoll (und sinnlos) Stunden<br />
und Tage damit verbracht, Bilder zu generieren, die<br />
eigentlich Sache des Fotoapparates sind. An und für<br />
sich lohnende Unternehmungen surreal<strong>ist</strong>ischer Art<br />
handelt man leider wieder in Weltraumsphären und<br />
techniz<strong>ist</strong>ischen, kalten und utopischen Fantasien<br />
ab. <strong>Das</strong> Generieren von Bildern in Raytracern <strong>ist</strong><br />
grundsätzlich konstruierend; kein Wunder, dass bei<br />
dieser Mühe die Gestalter der Bilder nur perspektivische<br />
Eskapaden lohnenswert ansehen. Danach<br />
werden dann auch noch schwierige Beleuchtungssituationen<br />
und komplizierte Oberflächeneigenschaften<br />
(me<strong>ist</strong> spiegelnd) zur Aufgabe gemacht<br />
(Kugeln, in denen sich Kugeln widerspiegeln, in<br />
denen sich wieder Kugeln widerspiegeln auf perspektivisch<br />
sich verjüngenden Schachbrettern,<br />
scharf ausgeleuchtet und mit kalten Stratosphärenfarben).<br />
<strong>Der</strong> kalte und techniz<strong>ist</strong>ische „Weltraumlook“ vieler<br />
<strong>Computer</strong>bilder dominiert aber auch deshalb, weil<br />
viele Bilder von künstlerisch ambitionierten Informatikern<br />
oder Programmierern gestaltet werden<br />
und noch zu wenig maßgebliche Künstler sich mit<br />
dem Medium <strong>Computer</strong> beschäftigen. Dadurch<br />
fehlen entsprechende Beispiele. Vielleicht kommt<br />
das Problem auch weitgehend daher, dass alle,