Das ist doch keine Kunst! Der Computer im - Mediaculture online
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PRAXISBAUSTEIN <strong>Kunst</strong>- und Medienerziehung<br />
die sich mit Gestaltung auf elektronischer Basis<br />
auseinander setzen, auch etwas vertraut sein müssen<br />
mit der Technik und nicht nur mit den ästhetischen<br />
Konsequenzen der künstlerischen Prozesse<br />
und Produkte. <strong>Das</strong> elektronische Gestalten als<br />
Schnittstelle zwischen Technik/Technologie und<br />
<strong>Kunst</strong>/Design <strong>ist</strong> aber problematisch, da es kaum<br />
eine Tradition besitzt.<br />
Stand der fachdidaktischen Diskussion<br />
In seinen „Thesen zur Bilderziehung <strong>im</strong> Fach<br />
<strong>Kunst</strong>“ sagt Henning Freiberg, „Ausgangspunkt der<br />
Überlegungen <strong>ist</strong> der offenkundige Widerspruch<br />
zwischen wachsender Notwendigkeit einer allgemeinen<br />
Bilderziehung in der Mediengesellschaft, in<br />
der die Bilder nicht nur relativ zum Wort, sondern<br />
auch absolut an Bedeutung gewinnen – und der<br />
geringen Beachtung des Problems als Herausforderung<br />
für die ästhetische Erziehung.“ 3 Die fachdidaktische<br />
Diskussion reicht dabei von kritischem<br />
Bedenken über „wohlwollende Prüfung“ bis hin zu<br />
drängenden Plädoyers für den Einsatz des Mediums.<br />
Kritik wird laut, weil „Chancen und Risiken<br />
für die ästhetische Erziehung noch nicht in Ansätzen<br />
sichtbar sind. Sicher <strong>ist</strong> nur, dass so euphorische<br />
wie konzeptionell unausgegorene Projekte<br />
nach dem eilfertigen Motto ‚Schulen ans Netz‘ dem<br />
Fachunterricht weniger bringen, weil die notwendigen<br />
Hilfen für die Vermittlerinnen und Vermittler<br />
fehlen. Nicht wenige Schulen haben ein kostenträchtiges<br />
und unergiebiges Spielzeug – in Form von<br />
<strong>Computer</strong>n – ohne fundierte Gebrauchsanweisung<br />
in ihren Räumen stehen, während das Schulfach<br />
<strong>Kunst</strong> zugleich weiter unter verschiedenen Aushöhlungen<br />
leidet“ 4 .<br />
Schwierigkeiten und Risiken sehen Johannes Kirschenmann<br />
und Georg Peez <strong>im</strong> Umgang mit der<br />
Technik, vor allem mit anfälliger Hardware. Oft<br />
lasse auch die Software zu wünschen übrig, da häufig<br />
gestalterische Vorentscheidungen getroffen würden.<br />
Gestaltung und Kooperation in Gruppen, ein<br />
wichtiges Lernziel des <strong>Kunst</strong>unterrichts, würde vom<br />
<strong>Computer</strong> verhindert werden. Und schließlich wird<br />
u. a. das Fehlen haptischer, sinnlicher Erfahrungen<br />
und die reduzierte Motorik bei der <strong>Computer</strong>arbeit<br />
beklagt. 5 Obwohl noch nicht ausreichend didaktisch<br />
erforscht, scheint aber <strong>doch</strong> inzwischen die<br />
3 in: Chancen und Grenzen der neuen Medien <strong>im</strong> <strong>Kunst</strong>unterricht,<br />
BDK-Verlag Hannover 1998. Die Publikation bietet<br />
einen breit gefächerten Überblick zum Thema, mit ausführlicher<br />
Literatur- und Link-L<strong>ist</strong>e sowie Materialien für<br />
den <strong>Kunst</strong>unterricht.<br />
4 Dr. Constanze Kirchner, Vorsitzende des BDK Hessen, bei<br />
der Eröffnung des <strong>Kunst</strong>pädagogischen Tages 1998 in<br />
Gießen.<br />
5 Kirschenmann/Peez, „<strong>Kunst</strong>pädagogik mit der Maus?“, in<br />
Chancen und Grenzen der neuen Medien <strong>im</strong> <strong>Kunst</strong>unterricht,<br />
BDK-Verlag Hannover, 1998.<br />
Notwendigkeit der <strong>Computer</strong>arbeit <strong>im</strong> <strong>Kunst</strong>unterricht<br />
eine pragmatische Umsetzung zu erfahren.<br />
Schließlich können <strong>keine</strong> kunstpädagogischen Erkenntnisse<br />
wachsen, wenn das entsprechende<br />
kunstpädagogische Terrain nicht betreten wird.<br />
Fred Schierenbeck schreibt: „Schule hat unter anderem<br />
die Aufgabe, den Schülerinnen und Schülern<br />
gesellschaftliche Entwicklungen so zu vermitteln,<br />
dass sie sich auch als selbstbest<strong>im</strong>mt Handelnde<br />
und zur Reflexion befähigte Individuen in gesellschaftliche<br />
Zusammenhänge einbringen können.<br />
Da die digitalen Medien auch <strong>im</strong> Bereich ästhetischer<br />
Produktion gesellschaftliche Veränderungen<br />
in zunehmender Weise best<strong>im</strong>men, <strong>ist</strong> die Frage<br />
nach der Zulässigkeit einer Auseinandersetzung<br />
eben mit diesen Medien hinfällig. Diese neuen Formen<br />
des Bildgebrauchs <strong>im</strong> <strong>Kunst</strong>unterricht nicht zu<br />
thematisieren, gäbe den Fachlehrern oder -lehrerinnen<br />
den fatalen Anschein einer unangemessenen<br />
Weltfremdheit beziehungsweise den Ruf mangelnder<br />
Kompetenz. (In diesem Zusammenhang wird<br />
je<strong>doch</strong> auch die Notwendigkeit zum Erwerb einer<br />
erweiterten Kompetenz der <strong>Kunst</strong>lehrerinnen und<br />
<strong>Kunst</strong>lehrer bereits bei ihrer Ausbildung deutlich.)“ 6<br />
<strong>Der</strong> Erwerb adäquater Kompetenzen schon bei der<br />
Ausbildung wird allerdings noch wenig praktiziert.<br />
„Momente von Rezeption und Produktion fließen<br />
ineinander. Als Medium oder Werkzeug <strong>ist</strong> der<br />
<strong>Computer</strong> didaktisch herausragend positioniert ...<br />
Für die <strong>Kunst</strong>pädagogik mit der Bildgenerierung<br />
und Bildanalyse als ihrem Nukleus öffnet sich<br />
erneut Terrain.“ 7 „Mit digitalisierten Bildern umzugehen,<br />
ein auf sie gerichtetes ästhetisches Verhalten<br />
zu entwickeln, solche Bilder herzustellen und beurteilen<br />
zu können, muss unser fachlich motiviertes<br />
Interesse sein ... Niemand von uns wird die Bedeutung<br />
unserer unterrichtlichen Aktivitäten, die auf<br />
die pr<strong>im</strong>äre Sinneserfahrung zielen, in Abrede stellen.<br />
Nur geht es nicht um ... unsere Bildungsfantasien,<br />
sondern um die Wirklichkeit unserer Kinder.<br />
Und zu der gehören heute die Medien. Da gibt es<br />
die Aufgabe, die Kinder und Jugendlichen verständnisvoll<br />
bei der Erkundung der Medienwelt und der<br />
mediatisierten Welt zu begleiten.“ 8<br />
Seit Jahren engagiert sich Henning Freiberg für den<br />
Einsatz des <strong>Computer</strong>s <strong>im</strong> <strong>Kunst</strong>unterricht (schon<br />
in ganz frühen Artikeln in „<strong>Kunst</strong> + Unterricht“ von<br />
1990 und in den BDK-Nachrichten). Neueste Publi-<br />
6 in: Chancen und Grenzen der neuen Medien <strong>im</strong> <strong>Kunst</strong>unterricht,<br />
ebd.<br />
7 Johannes Kirschenmann in „<strong>Der</strong> elektronische Prometheus,<br />
kunstpädagogisch gewendet“, <strong>Kunst</strong> + Unterricht<br />
Nr. 230/231, 1999. <strong>Das</strong> Heft bietet einen breit gefächerten<br />
Überblick zum Thema, mit ausführlicher Literatur- und<br />
Link-L<strong>ist</strong>e sowie Materialien, inkl. CD-ROM, für die Praxis<br />
des <strong>Kunst</strong>unterrichts).<br />
8 Prof. Dr. Axel von Criegern, Institut für <strong>Kunst</strong>pädagogik<br />
der Universität Gießen, bei der Eröffnung des <strong>Kunst</strong>pädagogischen<br />
Tages 1998.<br />
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