Immobilien wirtschaft - Haufe.de
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Es scheint, als hätten die Befürworter<br />
<strong>de</strong>r Trennung gera<strong>de</strong> Oberwasser ...<br />
Rottke: Vielleicht, aber die Verbindung<br />
von <strong>Immobilien</strong>- und Kapitalmarkt ist<br />
heute wichtiger <strong>de</strong>nn je. Im Moment ist<br />
das Th ema paralysiert, <strong>de</strong>nn noch hat<br />
niemand die Sys temparameter und Variablen<br />
justiert, was ja auch schwer fällt, da<br />
das grenzübergreifend passieren müsste.<br />
Wie kann Vertrauen wie<strong>de</strong>r hergestellt<br />
wer<strong>de</strong>n?<br />
Rottke: Wichtig ist jetzt, die Regeln <strong>de</strong>s<br />
Spiels <strong>de</strong>r Finanztransaktionen neu zu justieren.<br />
Dabei gibt es drei Möglichkeiten:<br />
a) Regulierer verbieten intransparente<br />
Geschäft e, wie die von ABCPs; SIVs;<br />
ABS-CDOs, per se; b) Regulierer incentivieren<br />
durch kluge Anreize, wie etwa<br />
Eigenkapitalbehalt von Originatoren; c)<br />
<strong>de</strong>r Markt regelt selbst, dass Produkte<br />
transparent sein und ein hohes Maß an<br />
Sicherheit bieten müssen. Lösung b) und<br />
c) halte ich für sehr wahrscheinlich, a) ist<br />
vor allem aufgrund <strong>de</strong>r globalen Notwendigkeit<br />
nicht durchsetzbar.<br />
Warum führt man kein Maximal Loan<br />
to value (LTV) von 60 Prozent ein?<br />
Rottke: Das geht sicher nicht, da dies<br />
nicht mit vertretbaren Mitteln überprüfbar<br />
wäre. Wenn über mehrere Gesellschaft<br />
en fi nanziert wür<strong>de</strong>, wäre kaum<br />
feststellbar, wie hoch <strong>de</strong>r eigentliche Beleihungsauslauf<br />
wirklich wäre.<br />
Was be<strong>de</strong>utet die Krise für die Aus-<br />
und Weiterbildung?<br />
Rottke: Das Erste, was die Unternehmen<br />
lei<strong>de</strong>r kurzfristig prozyklisch aus ihren<br />
Budgets herausstreichen, sind die Kosten<br />
für Bildung und Marketing. Dieses Han<strong>de</strong>ln<br />
ist natürlich verständlich, aber wir<br />
verschlimmern das bestehen<strong>de</strong> Problem<br />
dadurch nur. Es ist doch nur zu dieser<br />
Krise gekommen, weil Finanzfachleuten<br />
die Expertise vom <strong>Immobilien</strong>markt<br />
gefehlt hat und umgekehrt. Wir brauchen<br />
darüber hinaus Schnittstellenwissen<br />
auch zu <strong>de</strong>n Megatrends <strong>de</strong>r nächsten 30<br />
Jahre, als da sind; Demografi e, Energie,<br />
Liqui dität und Globalisierung. Als 1989<br />
in <strong>de</strong>n USA die Sparkassen kollabierten,<br />
hat man das Th ema noch erfolgreich lokal<br />
gelöst. Aber in einer verfl ochtenen<br />
Welt geht das nicht mehr.<br />
Was meinen Sie mit Liquidität?<br />
Rottke: Das heißt, <strong>Immobilien</strong>produkte<br />
wer<strong>de</strong>n indirekt auf <strong>de</strong>r Eigen- und<br />
Fremdkapitalseite gehan<strong>de</strong>lt. Australien<br />
etwa hatte 2006 über 50 Prozent <strong>de</strong>s investmentfähigen<br />
<strong>Immobilien</strong>vermögens<br />
in Form von REITs am Kapitalmarkt<br />
gelistet. Hierzulan<strong>de</strong> lagen wir im Vergleichszeitraum<br />
bei über einem Prozent.<br />
Was ist das Problem mit <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen<br />
<strong>Immobilien</strong>aktien?<br />
Rottke: Das Volumen ist – das war auch<br />
schon vor <strong>de</strong>r Krise so – vergleichsweise<br />
klein für institutionelle Investoren, sodass<br />
die an sich attraktiven Aktien für<br />
dieses Klientel nicht interessant sind.<br />
Sie können die Quoten von Deutschland<br />
mit <strong>de</strong>nen von Ungarn o<strong>de</strong>r Rumänien<br />
29<br />
vergleichen. Derzeit können sich Anleger<br />
nicht umfänglich und mit geringen<br />
Transaktionskosten an <strong>Immobilien</strong>risiko<br />
und -rendite <strong>de</strong>r weltweit drittgrößten<br />
Volks<strong>wirtschaft</strong> beteiligen. Das ist etwas,<br />
was sich sicherlich än<strong>de</strong>rn muss.<br />
Deutsche Investoren haben sich jüngst<br />
unglaublich schnell auf Produkte <strong>de</strong>s<br />
Fremdkapitalfi nanzmarkts gestürzt, die<br />
mit <strong>Immobilien</strong> besichert sind. Hat<br />
man sich hier übernommen?<br />
Rottke: Das ist wahrscheinlich typisch für<br />
Deutschland. Wir haben uns sehr lange<br />
Zeit damit gelassen, und auf einmal versuchen<br />
wir, in rasend schneller Geschwindigkeit,<br />
alles aufzuholen. Das war beim<br />
Aktienmarkt genauso. Auf <strong>de</strong>r institutionellen<br />
Ebene gibt es das gleiche Th ema.<br />
Mit <strong>Immobilien</strong> besicherte Papiere haben<br />
in Deutschland – mit großer Ausnahme<br />
<strong>de</strong>s Pfandbriefs – keine Syndizierungsgeschichte;<br />
und doch hätten wir, wenn das<br />
Jahr 2007 so zu En<strong>de</strong> gegangen wäre wie<br />
es begann, in einigen Produktkategorien<br />
sogar <strong>de</strong>m europäischen Verbriefungsmarkt<br />
schlechthin, Großbritannien, fast<br />
auf Augenhöhe begegnen können.<br />
Das wahre Ausmaß <strong>de</strong>r Krise ist sehr<br />
spät erkannt wor<strong>de</strong>n. Muss sich die<br />
Wissenschaft hier etwas vorwerfen?<br />
Rottke: Man muss lei<strong>de</strong>r selbstkritisch<br />
feststellen: Die Wissenschaft hat hier<br />
versagt. Niemand hat die immensen<br />
Auswirkungen erkannt, die <strong>Immobilien</strong>märkte<br />
als fundamentale Fremdkapital-<br />
„ Die Wissenschaft hat bei <strong>de</strong>r Vorhersage <strong>de</strong>r Finanzkrise versagt.<br />
Wir haben höchstens mit lokalen Krisen gerechnet, aber nicht<br />
mit diesem Orkan. Deshalb ist es unabdingbar, dass wir an Hochschulen<br />
vertieft die Schnittstelle von Finanz- und <strong>Immobilien</strong><strong>wirtschaft</strong><br />
lehren.“<br />
sicherheiten einer je<strong>de</strong>n Volks<strong>wirtschaft</strong><br />
auf die Welt haben. Wir haben höchstens<br />
mit lokalen Krisen gerechnet, aber nicht<br />
mit diesem Orkan. Man hat unterstellt,<br />
das Schneeballsystem wür<strong>de</strong> ewig funktionieren.<br />
Gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb ist es ja auch<br />
so unabdingbar, dass wir an Hochschulen<br />
die Schnittstelle von Finanz- und <strong>Immobilien</strong><strong>wirtschaft</strong><br />
vertieft lehren. �|<br />
www.immobilien<strong>wirtschaft</strong>.<strong>de</strong> 03 | 2009