<strong>MARITIME</strong> <strong>SICHERHEIT</strong>: AUFRÜSTUNGSTILLE KONKURRENZvon Christoph UnrastChinas Flugzeugträgerprogrammsorgt seit Jahren <strong>für</strong>Schlagzeilen. Obwohl noch weitdavon entfernt, <strong>für</strong> wirklicheinsatzfähig zu sein, beobachtendie Nachbarn der Volksrepublikschon jede Seemeile der»Liaoning« mit Argusaugen.Japan hingegen nutzt denSpielraum, den seinepazifistische Verfassung bietet,um seine Streitkräfte unauffälligzu modernisieren. Anstattsich auf ein Wettrüsteneinzulassen, setzt die japanischeMarine auf Kontinuität.>> Mehr und mehr beunruhigende Nachrichtenkommen aus dem asiatisch-pazifischen Raum:Territoriale Streitigkeiten, seit Jahrzehnten ungelöst,aber bisher oft ohne negative Konsequenzen,beeinflussen den diplomatischen Alltag. DieVolksrepublik China steht dabei im Mittelpunkt,ist sie doch Partei in mehreren Konflikten. PositiveNachrichten, wie kürzlich eine Einigung zwischenJapan und Taiwan in Bezug auf Fischereirechtein bestimmen Bereichen der umstrittenenSenkaku- beziehungsweise Diaoyu-Inseln, sinddie Ausnahme.ADLAS 3/2013 ISSN 1869-1684 20>>
Vorige Seite: Japans Hubschrauberträger »Hyuga« im Hafen von Yokohama; im Vordergrund der Lenkwaffenkreuzer »Kongo«. Foto:ほしけん/ CC BY 2.1 JPAUFRÜSTUNGZu diesem Geflecht an Konflikten gesellt sich derTrend in der Region, dass die Akteure zunehmendin ihre maritimen Streitkräfte investieren.Zwar konnten größere Auseinandersetzungenbisher vermieden werden, aber gerade zwischenJapan und China ist ein erhebliches Potential <strong>für</strong>Missverständnisse und militärische Eskalationvorhanden. Das jüngste Weißbuch des japanischenursprünglich sowjetischen Bau basierende undvon der Ukraine erworbene, Schiff wird alsHauptbeweis angeführt, wenn es darum geht, dasgestiegene Selbstbewusstsein der Volksrepublikund ihr Verlangen nach maritimer Stärke zu belegen.In Verbindung mit Chinas Verhalten in seinenterritorialen Streitigkeiten – mit Japan, Vietnam,den Philippinen und nicht zuletzt Taiwan –Army Navy (PLAN), noch Nachholbedarf. Eineinzelner Flugzeugträger macht noch keinekampffähige Trägergruppe. Nimmt man dieMeldungen über die Entwicklung neuer Zerstörerklassenhinzu, so besteht Chinas maritimesModernisierungsprogramm aus viel PR, welcheszwar viel Potential offenbart, aber noch weitvom beabsichtigten Endprodukt entfernt ist.Verteidigungsministeriums stellt dieVolksrepublik China explizit als Bedrohung dar.Auch bleibt der tödliche Vorfall, bei dem ein taiwanesischerFischer Anfang Juni bei einem Zu-CHINESISCHE MEDIEN BEZEICHNEN EINENsammenstoß mit der philippinischen Küstenwacheverstarb, momentan eine Ausnahme – sieRÜSTUNGSWETTLAUF ALS »UNAUSWEICHLICH«.erinnert jedoch an das große Konfliktpotential inder Region.Während bei einigen Streitkräften erheblicherNachholbedarf herrscht, können andere auf eineschlagkräftige Marine aufbauen. Die Annahme, diegroßen Seestreitkräfte der Region rüsteten gegeneinander,wird das Reich der Mitte dadurch in der Meinungwestlicher Experten zu einer »assertive power«,die gerade auf See dominant und bisweilen aggressivauftritt. Dabei stehen diese beiden Faktoren(noch) in keinem Zusammenhang.Anders liegt der Fall bei den Japanischen Seestreitkräften,den Japan Maritime Self-DefenseForces (JMSDF). Sie gelten als die fähigsten derRegion, einzustufen direkt hinter der US Navy,wenn in reinen Zahlen betrachtet auch kleinerscheint nicht weit hergeholt. Würden Die erfolgreiche Landung eines J-15- als die PLAN. Lange Jahre war der Vorteil derJapan und die USA die chinesische Marine als Gefahransehen, könnte dies sehr leicht zu einemWettrüsten führen, so Yang Yi, Admiral a.D. undehemaliger Direktor des Instituts <strong>für</strong> StrategischeStudien der National Verteidigungs-Universitätvon Peking. Chinesische Medien bezeichnen einenRüstungswettlauf teils sogar als »unausweichlich«.Es lohnt daher, einen genaueren Blick auf die momentanenEntwicklungen zu werfen und die Modernisierungsprozesseder beiden großen MächteChina und Japan in Kontext zu setzen, um die düsterstenProphezeiungen zu entkräften.Chinas erster Flugzeugträger »Liaoning« stehtin der Debatte im Mittelpunkt. Das, auf einemKampfjets auf der »Liaoning« Ende 2012 war auchaußerhalb maritimer Fachkreise eine Meldungwert. Es könne nur noch eine Frage der Zeit sein,bis die Volksrepublik die neugefundenen Mittelauch einsetzen und am Status Quo der regionalenSicherheitsarchitektur rütteln werde, so DeanCheng von der amerikanischen, konservativenHeritage Foundation. Weniger pessimistischeBeobachter sehen die »Liaoning« momentan vorallem als ein kostspieliges politisches Instrument,welches noch nicht wirklich einsatzfähigist. Sowohl im logistischen Bereich als auch inder personellen Ausbildung hat das Schiff wohl,wie auch die gesamte die People’s LiberationJMSDF, dass sie sich auf die Entwicklung ihrerdefensiven Kapazitäten konzentrieren konntebeziehungsweise aufgrund ihrer pazifistischenVerfassung nach dem Zweiten Weltkrieg, auchkonzentrieren musste. Zu ihrem Bestand gehörtenvor allem Schiffe und Helikopter, die einenentscheidenden Vorteil im Kampf gegen U-Boote bieten sollten. Den offensiven Part übernahmendie USA. Diese strategische Aufteilung,geboren im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion,gilt im Grunde genommen bis heute. Die Verteidigungder japanischen Heimatinseln und ihrerüberlebenswichtigen »Sea Lines of Communication«hat Priorität vor allem anderen. Tokio >>ADLAS 3/2013 ISSN 1869-1684 21