Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen - Weltgebetstag der ...

WGT-Arbeitsheft 2013 Frankreichihrer Überseereise. Viele EinwanderInnen, deren Nationalität festgestellt werden konnte,wurden wieder in ihre Heimatländer zurückgeführt. Doch die meisten machten sich wiederauf den Weg nach Europa. Warum?Eine wachsende Zahl AfrikanerInnen flieht vor kriegerischer Gewalt undwirtschaftlicher Not. Die EU verbarrikadiert ihre Außengrenzen. Die Fluchtrouten werdendadurch gefährlicher. Tausende finden den Tod – ähnlich wie bei den Störchen, wo dieFlugroute durch Kollisionen, Stromschläge, Jäger, Dürrezeiten und Vergiftungen gefährlichwird.Wie die Flüchtlinge, so die Störche: beide müssen Abschied nehmen, um Hoffnungauf Überleben zu haben. Die Abreise wird zum Ziel der Handlung. Das Motto lautet:„Hauptsache Europa, Hauptsache weg“. Weg von der geografischen, kulturellen undfamiliären Heimat. Wir als ChristInnen können uns vorstellen, was für eine Belastung das ist.Man muss fliehen, nicht nur aus Konfliktgebieten, sondern auch aus einer perspektivlosenLage. In letzterem Fall gilt man nach offizieller Lesart nicht einmal als Flüchtling, höchstensals „Wirtschaftsflüchtling“. Wir wissen, was die europäischen Länder über diese denken.Jawohl, auch viele StudentInnen sind auf dem Flug und lassen sich„Wirtschaftsflüchtlinge“ nennen. Das ist auch bei mir der Fall! Wobei sich dieseFlüchtlingskategorien sehr leicht vermischen und kumulieren lassen.Mir sagte meine Mutter vor meiner Abreise: „Kind, denk nicht an mich, sondern andeine Zukunft. Sollte ich in deiner Abwesenheit sterben, Gott begleitet dich, pfleg´ die Liebezu deinen Geschwistern, finde den Weg zur Christengemeinde in deiner Nähe. Die wirddeine Familie sein.“Sie hatte Recht. Ich habe eine Heimat in der Evangelischen Kirche in Österreichgefunden. Die Liebe zu meiner Mutter hat mich dazu geführt, dass ich wie die Störchewandere. Mir ist es fast überlebenswichtig, dass ich jedes Jahr zu ihr zurückkehre. Undimmer, wenn ich wieder in Österreich bin, fühle ich mich in meiner evangelischen Gemeindewillkommen. Das sind Momente, wo ich mich angekommen fühle. Aber auch nur Momente.Denn weg von meiner Gemeinde, muss ich mich durch den Migranten-Gesetzes-Dschungel schlagen, bin sofort als Migrantin erkennbar, folgen die bekannten Fragen „woherkommst du, warum, wann kehrst du zurück, warum Österreich? Ich habe wenige Momente,wo ich ausblenden kann, von woanders zu sein. Da fühle ich mich angekommen. Und immerwieder: einmal nicht, einmal doch. Mein Trost ist es, dass ich als Christin weiß, dass ich aufdieser Erde nicht durchgehend das Gefühl haben muss, angekommen zu sein.Doch ich weiß, dass ich eine privilegierte Migrantin bin. Dies hält mich, Gott sei Dank,nicht davon ab, an die vielen anderen AfrikanerInnen in Europa zu denken, die keineMomente des Angekommenseins erleben dürfen, die heimatlos geworden sind.Störche zeigen die globale Dimension des Miteinanderlebens auf dieser Erde und dieBedrohungen, die damit verbunden sind, die Verbreitung von Seuchen zum Beispiel, aberauch die viele Freude, die damit verbunden sein kann, wenn wir es zulassen. Ich wünschemir, dass eines Tages so eine Feierlichkeit wie heute für MigrantInnen organisiert wird, damitsie sich willkommen fühlen. Willkommen-zu-sein ist die Voraussetzung für das Ankommen,geht mit ihm. Hand in Hand.Wenn wir es für Störche schaffen, warum nicht fürMenschen? Das ist meine erste Prüfungsfrage an Sie,bis zum nächsten Frühling, wenn die Störche wiederkommen.Störche zeigen, wie gesagt, die globaleDimension des Miteinanderlebens auf dieser Erde.Meine zweite und letzte Prüfungsfrage: „Wann soll vonder Rückkehr der Störche die Rede sein? Wenn sie inEuropa oder wenn sie in Afrika ankommen? Wer dasweiß, bitte nicht verraten bis zum nächsten Frühling.-19-Mag. a Teclaire NgoTamBildungsreferentin der Südwind AgenturFotos: wikipedia.org