WGT-Arbeitsheft 2013 FrankreichLITURGIEEntstehungIm Rahmen <strong>der</strong> internationalen Tagung in New Yorkbat ich die Delegierten Odile Leleu, Anne-MarieTerreau <strong>und</strong> Laurence Gangloff aus Frankreichüber die Entstehung <strong>der</strong> Liturgie für 2013 zuerzählen.Im Jahr 2007, bei <strong>der</strong> internationalen Tagung inToronto, wurde Frankreich ausgewählt, die Liturgiefür das Jahr 2013 zum Thema „I was a Strangerand You Welcomed Me“ zu gestalten.Laurence Gangloff berichtete: „Im Frühjahr 2010fand ein erstes Treffen mit 40 Frauen aus allenRegionen <strong>und</strong> Religionen Frankreichs statt. EileenKing aus New York begleitete unsere Gruppe, die drei Tage lang intensiv arbeitete. Für dieeinzelnen Themenbereiche – Gottesdienst, Information zum Land, Musik, Bild, Bibelarbeit<strong>und</strong> Liturgie für Kin<strong>der</strong> – wurden kleine Gruppen gebildet <strong>und</strong> ein Gr<strong>und</strong>gerüst erarbeitet. ImAnschluss daran beschäftigen sich die einzelnen Gruppen noch ein Jahr lang intensiver zu<strong>ihr</strong>er jeweiligen Aufgabenstellung. Im März 2011 präsentierte jede Gruppe <strong>ihr</strong>e Ergebnisse.In kleinen Gruppen jeweils zu zweit, dann in einer zweiten R<strong>und</strong>e jeweils zu viert wurden dieVorschläge diskutiert <strong>und</strong> eine Auswahl getroffen. Mit dem Ergebnis dieses Treffensarbeiteten die zwölf Frauen des nationalen Komitees weiter. Sie mussten sich nach langemRingen <strong>und</strong> intensiver Auseinan<strong>der</strong>setzung (zwei Treffen im Ausmaß von zwei Tagen <strong>war</strong>endazu notwendig), für die endgültige Fassung entscheiden. Anschließend wurden die Texte inEnglischer Sprache übersetzt <strong>und</strong> dem internationalen Büro in New York zu gesandt. DasLeitungsteam des Komitees musste noch die vom internationalen Team angemerktenKorrekturen vornehmen.“Anne-Marie Terreau stellte fest: „ Da wurde uns zum ersten Mal bewusst, dass wir dieLiturgie nicht nur für Frankreich, son<strong>der</strong>n für die ganze Welt schreiben. Manch typischFranzösisches wurde international. Es <strong>war</strong> ein langer Prozess, bis die Liturgie entstanden ist<strong>und</strong> nun müssen wir unser „Kind“ loslassen. Wir mussten es freigeben, damit es <strong>der</strong> ganzenWelt zur Verfügung steht“Auf meine Anfrage, welche Auswirkungen das gemeinsame intensive miteinan<strong>der</strong> Arbeitenfür die Frauen des nationalen Komitees hatte, erzählte Odile Leleu: „ Durch die intensiveAuseinan<strong>der</strong>setzung mit dem Thema <strong>und</strong> das gemeinsame Ringen ist unser nationalesTeam sehr zusammengewachsen. Die Lebensgeschichten <strong>der</strong> sechs Frauen, von denen in<strong>der</strong> Liturgie berichtet wird, sind real. Wir alle kennen die Frauen <strong>und</strong> <strong>ihr</strong>e Geschichte hat unsalle sehr berührt. Unser aller Einstellung gegenüber „Fremden“ hat sich verän<strong>der</strong>t. Wir sindsensibler geworden gegenüber den Aussagen von Politikern zur Auslän<strong>der</strong>problematik. <strong>Ich</strong>höre bewusst als Christin im Lichte des Evangeliums auf die medialen Meldungen <strong>und</strong>versuche Gesagtes kritisch zu durchleuchten. Unser Komitee hat sich folgendesvorgenommen: sollte es bis zum 1. März 2013 auslän<strong>der</strong>feindliche Meldungen o<strong>der</strong>Handlungen in Frankreich geben, werden wir das internationale Büro in New York davoninformieren. So wird unsere Botschaft dann r<strong>und</strong> um die Welt gehen.“Danke Odile, Anne-Marie <strong>und</strong> Laurence für die Offenheit <strong>und</strong> das interessante Gespräch.Eva-Maria Schaffer-26-
WGT-Arbeitsheft 2013 FrankreichGedanken zum GottesdienstDie Frauen aus Frankreich, die den <strong>Weltgebetstag</strong> vorbereitet haben, vermitteln uns ein Bilddes Landes, das uns in dieser Form vielleicht nicht so geläufig ist: Frankreich ist seitJahrh<strong>und</strong>erten ein Einwan<strong>der</strong>ungsland <strong>und</strong> es haben dort Menschen aus verschiedenstenLän<strong>der</strong>n <strong>und</strong> mit verschiedenen Religionen eine Heimat gesucht <strong>und</strong> die französische Kulturentscheidend mitgeprägt.Heute vermitteln Politik <strong>und</strong> Medien ein negatives Bild von Einwan<strong>der</strong>nden <strong>und</strong>Asylsuchenden. Dagegen erheben auch die Kirchen <strong>ihr</strong>e Stimme. Als Christinnen <strong>und</strong>Christen sind wir aufgerufen, uns an <strong>der</strong> biblischen Tradition zu orientieren, Fremdeaufzunehmen.Fremd-Sein <strong>und</strong> Angenommen-Werden ist auch das Thema des Titelbildes von Anne-LiseHamann Jeannot, das sie für den WGT gemalt hat: Fremde können nur einen neuen Platz imLeben finden, wenn sie willkommen sind <strong>und</strong> angenommen werden. Das möchte dieKünstlerin ausdrücken, indem sie die anonyme, graue Figur in das Licht <strong>und</strong> in eine <strong>war</strong>me,farbige Atmosphäre treten lässt.Die Verfasserinnen <strong>der</strong> Gebetsordnung sind selbst Beispiele für die vielfältige französischeGesellschaft. Sie sind es auch, die uns begrüßen; <strong>ihr</strong>e Schals nehmen die lebendigenFarben des Bildes auf. Aber es ist die graue Fremde, die von außen kommt, die uns daranerinnert, dass wir alle Gottes Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> alle nur Gäste <strong>und</strong> Fremde auf Erden sind.Das Wort Jesu: „<strong>Ich</strong> <strong>war</strong> <strong>fremd</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>habt</strong> <strong>mich</strong> <strong>aufgenommen</strong>“ macht uns deutlich, dassuns Gott gerade auch in den Fremden begegnen will. Die Frauen beginnen nicht mit denProblemen, die sich aus dem Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen <strong>und</strong> Religionenergeben. Sie beginnen damit, Gott gerade für die Einzigartigkeit jedes Menschen <strong>und</strong> <strong>der</strong>sich daraus ergebenden Vielfalt zu loben. In all unserer Verschiedenheit sind wir Töchter<strong>und</strong> Söhne Gottes.Die 1. Schriftlesung aus <strong>der</strong> Thora erinnert die Kin<strong>der</strong> Israels, dass auch sie Fremde inÄgypten gewesen sind. Sie for<strong>der</strong>t auf, Fremde nicht zu unterdrücken, son<strong>der</strong>n ihnenGerechtigkeit wi<strong>der</strong>fahren zu lassen <strong>und</strong> sie zu lieben. Zwei Migrantinnen zeigen auf, wieunmenschlich es ist, wenn gegen diese Weisung Gottes verstoßen wird. Darum ist hier <strong>der</strong>Platz für die Bitte um Vergebung. Den Zuspruch <strong>der</strong> Vergebung sehen sie in <strong>der</strong>Verheißung, dass Gott unter uns wohnen wird. Damit wird uns immer neu zugetraut, unsjetzt schon um eine gastfre<strong>und</strong>liche Gesellschaft zu bemühen.Im Text <strong>der</strong> 2. Lesung aus dem Matthäus Evangelium identifiziert sich Jesus selbst mit denFremden. Fremde aufzunehmen ist nicht Mildtätigkeit von oben herab, auch nicht dieGelegenheit, <strong>mich</strong> als wohltätiger Mensch hervorzutun. Es ist vielmehr meine Chance, Jesus<strong>und</strong> damit Gott zu begegnen <strong>und</strong> beschenkt zu werden, Segen zu erfahren.Was so ein gelungenes Miteinan<strong>der</strong> für Fremde bedeutet, davon erzählen dieErfahrungsberichte dreier Frauen.An dieser Stelle können die Bibeltexte durch eine Predigt ausgelegt, durch Gedanken o<strong>der</strong>an<strong>der</strong>e Formen, auf die jetzige Situation unserer Gesellschaft bezogen werden.Nach <strong>der</strong> Kollekte sind wir zu den Fürbitten eingeladen. Hier sprechen die Frauen ausFrankreich noch einmal die Chancen <strong>und</strong> Gefahren an, die im Umgang mit den Menschenliegen, welche an<strong>der</strong>s sind als die Mehrheit. Das letzte Wort hat die Frau in Grau: Es ist <strong>der</strong>Wunsch, dass wir denen, die von draußen kommen, Lebensraum geben mit allem, was wirsind <strong>und</strong> tun.Der Gottesdienst endet mit dem Segenswunsch <strong>und</strong> <strong>der</strong> Verheißung auf Frieden, den wirjetzt schon schaffen können.Pfr. in Mag. a Ilse BeyerMag. a Waltraut Kovacic-27-