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Dossier<br />
In der Schweiz gibt es rund<br />
440 000 Eltern, die getrennt<br />
voneinander leben. Die Kinder<br />
wohnen in beinahe 90<br />
Prozent der Fälle bei der Mutter,<br />
der Rest beim Vater, in sogenannten<br />
«Einelternhaushalten» oder<br />
«Einelternfamilien».<br />
Noch vor 40 Jahren eine gesellschaftliche<br />
Randerscheinung, wird<br />
diese Familienkonstellation neben<br />
der klassischen Kleinfamilie mehr<br />
und mehr zum Normalfall. So hat<br />
sich die Zahl der Alleinerziehenden<br />
seit 1970 verdoppelt. Bereits jedes<br />
achte Kind lebt in einem Einelternhaushalt<br />
und in fast jeder Schulklasse<br />
sitzen heute zwei oder drei Kinder,<br />
die allein mit ihrer Mutter<br />
aufwachsen.<br />
Unter dem Begriff Einelternfamilie<br />
werden so viel verschiedene Konstellationen<br />
gefasst, wie das Leben<br />
facettenreich ist: die alleinerziehen-<br />
Jedes achte Kind in der<br />
Schweiz lebt heute in einem<br />
Einelternhaushalt.<br />
de Mutter, der alleinerziehende<br />
Vater, der nach der Trennung mit<br />
oder ohne Alimente klarkommen<br />
muss, Witwer und Witwen mit<br />
unmündigen Kindern sowie Frauen,<br />
die trotz geplanter oder ungeplanter<br />
Schwangerschaft nicht zusammenleben<br />
wollen oder können. Gemeinsam<br />
haben all diese Haushalte, dass<br />
ein Elternteil – neben der Unterstützung<br />
durch den Ex-Partner, Freunde<br />
und Verwandte – hauptsächlich<br />
alleine für das eine oder mehrere<br />
Kinder sorgt.<br />
17 Uhr: Den Computer runterfahren,<br />
das Nötigste einkaufen. 18<br />
Uhr: den Jüngsten bei der Nachbarin<br />
abholen. 19 Uhr: Abendessen.<br />
Dann die 13-jährige Tochter Vokabeln<br />
abfragen. Schimpfen. Trösten.<br />
20 Uhr: Wäsche in die Maschine.<br />
20.30 Uhr: Den 6-Jährigen unter<br />
Protest ins Bett bringen. 21 Uhr:<br />
Küche putzen. 22 Uhr: Wäsche in<br />
den Trockner. 23 Uhr: Wäsche falten.<br />
Verräumen. 23.30 Uhr: Den<br />
Kinderrucksack für den morgigen<br />
Klassenausflug packen. Todmüde<br />
ins Bett fallen.<br />
Das Tagespensum Alleinerziehender<br />
ist streng, ihre Lebenssituation<br />
in nicht wenigen Fällen sogar<br />
prekär, wie unlängst eine von der<br />
Caritas in Auftrag gegebene Studie<br />
zur Lebenswirklichkeit von Alleinerziehenden<br />
zeigt. Durchgeführt<br />
wurde die Erhebung vom Interdisziplinären<br />
Zentrum für Frauen- und<br />
Geschlechterforschung der Universität<br />
Bern. Die Ergebnisse: Jede<br />
sechste Einelternfamilie ist von<br />
Armut betroffen, das sind 16,5 Prozent.<br />
Als arm gelten zum Beispiel<br />
Einelternfamilien mit zwei Kindern,<br />
denen höchstens 3500 Franken pro<br />
Monat zur Verfügung stehen. Verglichen<br />
mit der Gesamtbevölkerung<br />
sind Alleinerziehende mehr als doppelt<br />
so häufig von Armut betroffen.<br />
Ein zentraler Grund für die<br />
Armut Alleinerziehender ist die<br />
unzureichende Existenzsicherung.<br />
Viele alleinerziehende Mütter arbeiten<br />
Teilzeit, nicht selten im >>><br />
14 SEPTEMBER <strong>2015</strong>