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Stiftung Elternsein<br />
Der Klimawandel wird sichtbar<br />
Ellen Ringier über die Gletscherschmelze und ihre Auswirkungen.<br />
Foto: Vera Hartmann / 13 Photo<br />
Dr. Ellen Ringier präsidiert<br />
die Stiftung Elternsein.<br />
Sie ist Mutter zweier Töchter.<br />
Wie jedes Jahr verbringe ich einen Teil<br />
meiner Sommerferien im Engadin.Und<br />
freue mich auf die Fahrt vom Julier ins<br />
Tal hinunter mit der Aussicht auf den<br />
schneebedeckten Corvatschgletscher.<br />
Doch in diesem Sommer war nichts<br />
mehr zu sehen. Kein Schnee, nur Resteis,<br />
so grau wie eine Geröllhalde.<br />
Als Greenpeace vor ein paar Jahren<br />
eine Postkarte in die Haushalte verschickte, die –<br />
wenn ich mich recht erinnere – den Gletscherschwund<br />
seit 2000 am Beispiel des Morteratschgletschers<br />
mit übereinandergelegten historischen Fotos<br />
dokumentierte, fanden wir das eine super Idee. Und<br />
ja, meine Familie zeigte sich vom raschen Schmelzen<br />
des vertrauten Gletschers beeindruckt, nicht aber<br />
beunruhigt oder gar erschrocken. Hatte es nicht<br />
immer schon Wärmeperioden gegeben, die Gletscher<br />
schmelzen liessen? Genauso wie es in der Geschichte<br />
der Erde längere und kürzere Eiszeiten gegeben hat,<br />
muss man doch auch mit längeren und kürzeren<br />
Wärmeperioden rechnen – oder nicht?<br />
Ich war skeptisch: War die Erderwärmung nur ein<br />
Medienhype? So wie das Waldsterben, das einst im<br />
Sommerloch alle Zeitungen füllte? Dem Wald geht es<br />
augenscheinlich ja wieder sehr gut.<br />
Doch seit diesem Sommer mit seinen langen Hitzeperioden<br />
bin ich beunruhigt. Heute glaube ich Greenpeace<br />
aufs Wort, wenn sie auf ihrer Website schreiben:<br />
«Ob in den Alpen, im Himalaja, in Afrika oder in der<br />
Arktis. Wo sich einst mächtige Eiszungen in die Täler<br />
schoben, bedecken heute vielerorts nur noch Schutt<br />
und Geröll den Boden. Überschwemmungen verbunden<br />
mit Murenabgängen und Erdrutschen sind die<br />
unmittelbaren Folgen. Langfristig droht Wasserknappheit,<br />
denn drei Viertel aller Süsswasserreserven<br />
sind im Gletschereis gespeichert. Die unverwüstlich<br />
erscheinenden Eisriesen haben einen Feind: den vom<br />
Menschen gemachten Klimawandel. Die Gletscher<br />
können der rapide voranschreitenden Erwärmung<br />
nicht mehr trotzen.»<br />
Ein Spaziergang ins Morteratschtal, auf dem der Gletscherrückgang<br />
mit Jahresdaten auf Pfosten dokumentiert<br />
wird, zwingt zur Einsicht, dass das Eis rasant<br />
weniger wird. Es ist wohl an der Zeit, von der Vorstellung<br />
vom «ewigen Eis» Abschied zu nehmen, denn<br />
«ewiges» ist in diesem Fall endlich! Da erstaunt es<br />
auch nicht, dass weltweit immer häufiger Überreste<br />
verschollener Bergsteiger wie Skelette, Eispickel und<br />
sogar Tabakdosen in den schmelzenden Gletschern<br />
gefunden werden.<br />
Wie passend, dass die Medien anfangs August eine<br />
Studie der Universität Zürich thematisierten, deren<br />
Kernaussage wohl folgende ist: «Die Eisdicke der<br />
beobachteten Gletscher nimmt derzeit jedes Jahr zwischen<br />
einem halben und einem ganzen Meter ab, das<br />
ist zwei- bis dreimal mehr als der entsprechende<br />
Durchschnitt im 20. Jahrhundert.»<br />
Liebe Eltern, wissen Ihre Kinder und Jugendlichen,<br />
dass ein grosser Teil unseres Trinkwasser-Reservoirs,<br />
nämlich 70 Prozent, im Gletscher gespeichert ist?<br />
Haben Sie die Tatsache zur Kenntnis genommen, dass<br />
die grösste Gebirgskette Zentralasiens Länder wie<br />
Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan und Teile Chinas<br />
mit Wasser versorgt und dass der rasante Gletscherschwund<br />
diese Trinkwasserversorgung von Millionen<br />
von Menschen bereits heute gefährdet?<br />
Es besteht kein Zweifel: Die Gletscherschmelze hat<br />
einen bedeutenden Einfluss auf das Weltklima. Sie<br />
wird die Klimaerwärmung unweigerlich beschleunigen.<br />
Reicht die Zeit noch aus, um Fragen zu stellen?<br />
Oder gilt es bereits, diese dringlich zu beantworten?<br />
Zum Beispiel zu Hause, zum Beispiel in der Schule?<br />
STIFTUNG ELTERNSEIN<br />
«Eltern werden ist nicht schwer,<br />
Eltern sein dagegen sehr.» Frei nach Wilhelm Busch<br />
Oft fühlen sich Eltern alleingelassen in ihren Unsicherheiten,<br />
Fragen, Sorgen. Hier setzt die Stiftung Elternsein an. Sie<br />
richtet sich an Eltern von schulpflichtigen Kindern und<br />
Jugendlichen. Sie fördert den Dialog zwischen Eltern,<br />
Kindern, Lehrern und die Vernetzung der eltern- und<br />
erziehungsrelevanten Organisationen in der deutschsprachigen<br />
Schweiz. Die Stiftung Elternsein gibt das Schweizer<br />
ElternMagazin Fritz+Fränzi heraus. www.elternsein.ch<br />
44 SEPTEMBER <strong>2015</strong>