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07/2015

Fritz + Fränzi

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Auf Kriegsfuss<br />

mit den Lauten<br />

Etwa fünf Prozent aller Menschen stottern im Laufe ihres Lebens. Das<br />

kann viele Ursachen haben. Im Stottercamp am Bodensee lernen<br />

jugendliche Stotterer, souverän mit ihrem Handicap umzugehen und<br />

ihr Sprechen zu verbessern. Ein Camp-Besuch.<br />

Text: Evelin Hartmann Fotos: Martin Mischkulnig / 13 Photo<br />

Die Teilnehmer<br />

erleben im<br />

Stottercamp,<br />

dass sie mit<br />

ihrem Problem<br />

nicht alleine<br />

sind.<br />

Am schlimmsten ist es,<br />

wenn alle durcheinanderreden,<br />

Unruhe<br />

herrscht, er aber noch<br />

etwas zu sagen hat.<br />

Dann gerät Silvan unter Druck. Und<br />

die Worte in seiner Kehle ins<br />

Stocken. Mit aller Kraft presst er sie<br />

nach oben über seine Zunge, hinaus<br />

ins Freie. Wa-wa-wartet doooo…ch<br />

mal. Freiwillig folgen die Worte ihm<br />

nicht. Das taten sie nie. Silvan Vögele,<br />

15, aus Brugg AG stottert seit<br />

seinem dritten Lebensjahr.<br />

«Noch vor einem Monat hat mich<br />

das so genervt, es war mir mega<br />

peinlich», sagt der Teenager langsam,<br />

bemüht deutlich, klar. Silvan<br />

sitzt auf der Wiese im Schatten eines<br />

grossen Baumes. Der Blick schweift<br />

hinab über die hügelige Landschaft.<br />

Von hier oben kann er den Bodensee<br />

sehen. Eine Woche besucht er<br />

zusammen mit elf weiteren Jugendlichen<br />

aus der Schweiz, Deutschland<br />

und Österreich das Stottercamp in<br />

Tägerwilen TG. Veranstalter sind<br />

die Interkantonale Hochschule für<br />

Heilpädagogik Zürich HfH sowie<br />

die Medizinische Akademie Freiburg<br />

im Breisgau.<br />

Hier sollen Jugendliche wie Silvan<br />

in einer geschützten, entspannten<br />

Atmosphäre einen neuen Um-<br />

gang mit dem Stottern und Techniken<br />

lernen, um ihren Sprechfluss<br />

verbessern zu können. «Heilsversprechungen<br />

machen wir keine»,<br />

betont der Logopäde und HfH-<br />

Dozent Wolfgang G. Braun, einer<br />

der Leiter des Camps.<br />

Ungefähr fünf Prozent aller Menschen<br />

stottern irgendwann im Laufe<br />

ihres Lebens, viele von ihnen nur<br />

während einer kurzen Phase in der<br />

Kindheit. Bei etwa einem Prozent<br />

der Betroffenen bleibt das Stottern<br />

bis ins Jugendalter bestehen, und sie<br />

stottern wahrscheinlich ihr Leben<br />

lang.<br />

Laut bläst Wolfgang Braun auf<br />

seiner Pfeife. Nach und nach geben<br />

die Jugendlichen ihre schattigen<br />

Sitzplätze auf und sammeln sich auf<br />

der grossen Wiese. 34 Menschen<br />

sind im Stottercamp in bunten Zirkuswagen<br />

untergebracht: Jugendliche,<br />

Betreuer, Helfer und Logopädie-Studentinnen,<br />

die Ein Platz jeweils am einem<br />

der 12 jungen Familientisch Teilnehmer bleibt als Patin<br />

zur Seite stehen. leer. Vor sieben<br />

«Guuuuten Jahren Morgen verlor …… Erich al-alallerseits»,<br />

begrüsst Gisi seine Karl Frau Schneider,<br />

und<br />

Campleiter und seine Schulleiter Kinder ihre der Medizinischen<br />

Akademie Freiburg, Mutter. die<br />

Teilnehmer und stellt alle drei an<br />

den vorangegangenen Tagen erarbeiteten<br />

Mottos noch einmal >>><br />

SEPTEMBER <strong>2015</strong>49

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