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Elterncoaching<br />
Was können Eltern tun, wenn<br />
ihr Kind keine Freunde findet?<br />
Noemi, 9, steht am Fenster und schaut in den Hof hinunter, wo die<br />
anderen Kinder aus der Nachbarschaft Gummitwist und Verstecken<br />
spielen. «Geh doch runter und frag, ob du mitmachen kannst», sagt<br />
die Mutter. Noemi zuckt zusammen: «Ich muss noch Hausaufgaben<br />
machen.» Noemis Mutter versteht die Welt nicht mehr: «Das kannst<br />
du doch später erledigen. Geh einfach zu ihnen hin und frag, ob du<br />
mitspielen darfst. Was soll denn dabei schon passieren?»<br />
Fabian Grolimund<br />
ist Psychologe und Autor («Mit<br />
Kindern lernen»). In der Rubrik<br />
«Elterncoaching» beantwortet<br />
er Fragen aus dem Familienalltag.<br />
Der 36-Jährige ist verheiratet und<br />
Vater eines Sohnes, 3, und einer<br />
Tochter, 6 Monate. Er lebt mit<br />
seiner Familie in Freiburg.<br />
www.mit-kindern-lernen.ch<br />
www.biber-blog.com<br />
Bevor Sie sich als Elternteil<br />
unnötig Sorgen<br />
machen, sollten Sie sich<br />
die Frage stellen, ob Ihr<br />
Kind unter der Situation<br />
leidet. Nicht für alle Kinder haben<br />
Freundschaften den gleichen Stellenwert.<br />
Manche Kinder blühen in<br />
der Gruppe auf, andere fühlen sich<br />
alleine oder mit ein, zwei vertrauten<br />
Freunden wohl.<br />
Introvertierte Kinder sind beispielsweise<br />
gerne in Kontakt mit<br />
anderen Kindern, benötigen jedoch<br />
mehr Zeit für sich, um sich zu regenerieren.<br />
Während extrovertierte<br />
Kinder in der Gruppe Energie auftanken,<br />
laden introvertierte Kinder<br />
ihre Batterien auf, wenn sie alleine<br />
lesen oder zusammen mit einem<br />
einzigen vertrauten Gspänli draus-<br />
Extrovertierte Eltern<br />
haben oft Mühe, das<br />
Verhalten introvertierter<br />
Kinder zu verstehen.<br />
sen sind, Lego spielen oder etwas<br />
entdecken.<br />
Die Gruppensituation ist für diese<br />
Kinder eher kräftezehrend. Und<br />
so möchten sie sich nach dem Rummel<br />
im Kindergarten oder in der<br />
Schule zuerst ein wenig zurückziehen<br />
und ihre Ruhe haben.<br />
Extrovertierte Eltern haben oft<br />
Mühe, das Verhalten introvertierter<br />
Kinder zu verstehen. Sie erscheinen<br />
ihnen verschlossen oder unzugänglich.<br />
Je mehr Sie sich auf das Wesen<br />
Ihres Kindes einlassen können, desto<br />
eher entdecken Sie die schönen<br />
Seiten des stillen Kindes. Diese Kinder<br />
sind oft sehr gut in der Lage, sich<br />
selbst zu beschäftigen, können sich<br />
ganz in eine Tätigkeit vertiefen und<br />
entwickeln zwar weniger, dafür aber<br />
oft umso schönere und stabilere<br />
Freundschaften.<br />
Verständnis ist der Schlüssel<br />
Wünscht sich Ihr Kind mehr Kontakt<br />
und Freunde, können Sie es unterstützen.<br />
Je mehr Sie sich dabei auf<br />
Ihr Kind einlassen und versuchen,<br />
seine Welt zu verstehen, desto besser<br />
58 SEPTEMBER <strong>2015</strong>